"Seit meinem 20. Lebensjahr bin ich depressiv, aber ich habe gelernt, damit umzugehen." Jetzt im November durchlebt sie allerdings starke Stimmungsschwankungen. "Ich habe mit der Jahreszeit zu kämpfen, wenn es so früh dunkel wird, bin ich todtraurig. Ich habe keinen Antrieb und komme morgens kaum hoch." Die Fleischereifachverkäuferin hat die Diagnose manisch-depressiv. "Ich bin traurig und grübele sehr viel. Dann wieder bin ich kaum zu bremsen und voller Tatendrang." Wenn es ganz schlimm ist, greift sie zu Süßigkeiten, obwohl sie Diabetikerin ist. "Dann esse ich hoch vier." Im Moment vor allem abends. Sprüche von Außenstehenden, wie: "Reiß dich doch zusammen, stell dich nicht so an", machen keinen Sinn. "Die Leute können das einfach nicht verstehen." 13 Therapeuten hat Anke Korsch aufgesucht, bis der Richtige dabei war. "Wir Depressiven sind keine einfachen Leute und gute Schauspieler. Nach außen geht es uns blendend, und im Inneren könnten wir nur noch heulen." Wenn die Kraft weg und die Batterie leer ist, kommen Suizidgedanken. "Wo kann ich vorlaufen oder mich hinunterstürzen. Dieser Gedanke ist immer da." Woher die Krankheit kommt? Wahrscheinlich ist sie erblich vorbelastet: "Meine Mutter hat auch damit zu tun."
Anke Korsch wollte sich ein Treppenhaus hinunterstürzen, wurde zurückgehalten und in die Klinik eingewiesen.
"Man muss sich eingestehen, dass man krank ist. Aber das darf man erst als Rentner sagen. Ist im Beruf die Krankheit bekannt, ist das eine Freikarte zum Mobbing." Anke Korsch ist seit 14 Jahren in Frührente. Und dennoch: "Eine Depression bedeutet nicht, dass man mich in Watte packen muss." Und: "Es kann jeden treffen."