Hamburg. Parallel zum Reeperbahn Festival beginnt die Digital-Konferenz NEXT. Gründer Matthias Schrader über die Zukunft der Arbeit.
Wenn in dieser Woche zum Reeperbahn Festival 350 Bands nach Hamburg kommen, wird sich auf dem Kiez dennoch keineswegs alles nur um Musik drehen. Parallel zu dem Festival geht es auf der Reeperbahn auch um die Zukunft, um digitale Visionen, um genau zu sein. Rund 1200 Besucher werden zur Digital-Konferenz NEXT erwartet. Die Veranstaltung, 2006 in Hamburg geründet, ist nach einigen Jahren in Berlin 2015 zurückgekehrt in die Heimat. Die Hamburger Agenturen SinnerSchrader und FAKTOR 3 richten sie aus. Matthias Schrader, NEXT-Gründer und Chef bei SinnerSchrader, über das Zusammenspiel von Mensch und Maschine und die wichtigste Innovation der kommenden Jahren.
Im Fokus der Next 2016 steht der Mensch. Warum haben Sie dieses Motto gewählt?
Matthias Schrader: Im Zentrum der digitalen Entwicklung steht immer der Mensch. Das ist kein Widerspruch zur zunehmenden Bedeutung der künstlichen Intelligenz. Menschen wünschen sich immer kleinere Bildschirme: vom Schreibtisch-PC, zum Notebook, bis zum Smartphone und Smartwatch. Doch je kleiner die Bildschirme, desto intelligenter müssen die Systeme dahinter sein. Daher nimmt die Bedeutung beispielsweise von Künstlicher Intelligenz zu. Entsprechend müssen wir uns zunehmend fragen: Wie ist die Arbeitsteilung zwischen Mensch und Maschine? Was macht den Mensch und seine Aufgaben und Stärken aus? So erklärt sich das Motto.
Maschinen und künstliche Intelligenz ersetzen den Mensch am Arbeitsplatz. Ist das ein Szenario, das Sie für realistisch halten?
Wenn wir die vergangenen 200 Jahre Revue passieren lassen, war es immer so, dass Maschinen in vielen Bereichen den Menschen ersetzt haben beziehungsweise dessen Arbeit extrem erleichtert haben. Das hat jedoch auch zu immer mehr Wohlstand geführt. Vor drei Jahren haben wir uns etwa über die Arbeitsbedingungen bei dem Apple-Zulieferer Foxconn beschwert. Heute wird das Iphone 7 von Robotern gebaut. Ist das gut oder schlecht? Das finde ich einen spannenden Diskussionsansatz.
Was bedeutet das konkret für die Zukunft?
Alles, was digitalisierbar ist, wird digitalisiert werden. Das bedeutet, dass wenn es mehr selbstfahrende Autos gibt, wird es keine oder kaum noch Taxifahrer oder Lkw-Fahrer geben. Es bedeutet jedoch nicht, dass dann nichts mehr zu tun wäre, im Gegenteil. Wo Jobs durch Maschinen ersetzt werden, gibt es immer viel Neues zu tun. Es ist die Aufgabe der Gesellschaft, das zu meistern.
Die NEXT wurde vor zehn Jahren gegründet. Gibt es etwas, das Sie nie wieder so machen würden wie bei der ersten Veranstaltung?
Im Grunde ist nichts so wie vor zehn Jahren, die Themen und Trends verändern sich gerade in unserer digitalen Welt naturgemäß rasant schnell. Unser Anspruch ist es, mit der NEXT jedes Jahr erneut ein Trendsetter mit Blick in der Zukunft zu sein. Was immer bleiben wird, ist der Austausch, das gute Gespräch, das die Teilnehmer suchen und auf der NEXT finden, dafür sorgen wir gemeinsam mit FAKTOR 3.
Welche Entwicklung in der Digitalbranche wird uns in den kommenden Jahren alle betreffen?
Nach wie vor unterschätzen wir die Konsequenzen der Smartphone-Nutzung, obwohl wir es alle täglich 150 bis 200 Mal in die Hand nehmen. Dabei prägt das Smartphone ganz enorm das Verhältnis des Menschen zu seiner Umwelt. Es ist die Fernbedienung unseres Alltags geworden, wird zur Kommunikation, Unterhaltung, aber auch zum Einkaufen und zur Erledigung von immer mehr Dingen genutzt.
Ich denke, dass wir erst etwa bei der Hälfte der Entwicklung des Smartphones angelangt sind. Daher wird es in den kommenden drei bis fünf Jahren das Gerät mit der größten digitalen Bedeutung bleiben. Dann wird eine Welle folgen, die von künstlicher Intelligenz und Augmented Reality geprägt sein wird.
Seit „Pokémon Go“ ist Augmented Reality, also die Kombination aus echter und vom Computer erweiterter Wahrnehmung, auch für viele, die nicht im Digitalbereich zuhause sind, ein Begriff. Wo werden uns in Zukunft „AR“ sowie künstliche Intelligenz darüber hinaus begegnen?
Diese Dinge befinden sich zurzeit noch im Experimentierstadium und sind daher vornehmlich im Spiele-Bereich zu finden. Der nächste Schritt wird unternehmensintern sein: Techniker, die im Feldeinsatz Maschinen reparieren, erkennen über AR-Brillen deren Konstruktion. Mediziner erhalten während des Operierens über eine solche Brille Hilfestellung für ihre Vorgehensweise. Das sind Bereiche, in denen sich die echte und die projizierte Welt überschneiden werden.
Der Titel eines Vortrags auf der NEXT-Konferenz lautet „What should be keeping you up at night. The future of work“. Welcher Aspekt der Arbeit wird uns Ihrer Meinung nach in Zukunft wach halten?
Die Bewegung hin zu künstlicher Intelligenz wird von uns allen mehr Dynamik und Reflektion erfordern. Wie können wir als Menschen optimal durch unser Menschsein Wert schöpfen, wenn neben den mechanischen auch die intellektuellen Routinearbeiten verschwinden? Das ist eine Frage, die wir uns verstärkt stellen müssen. Das ist der Grund, warum der Mensch auch bei der NEXT-Konferenz im Fokus steht.
Warum haben Sie sich entschlossen, die in Hamburg gegründete NEXT nach einigen Jahren in Berlin wieder zurück in ihre Heimat zu holen?
Es fiel uns damals schwer, die Konferenz aus Hamburg abzuziehen, wir wollten aber ausprobieren, wie es in Berlin läuft. Dann haben wir aber 2015 das Reeperbahn Festival für uns entdeckt und beschlossen, zurückzukehren.
Warum die Kooperation mit dem Reeperbahn Festival?
Musik ist heute ein sehr digitaler Bereich. Sie steht für Jugend- und Popkultur und vor allem für Aufbruch. Um dieses Gefühl geht es uns auch.