Google und Amazon sind schon in die Internet-Wolke aufgestiegen. Nun lassen sich auch beim iPhone-Hersteller Musik und Daten im Netz ablegen.
San Francisco. Nach dem beispiellosen Erfolgslauf der vergangenen Jahre präsentiert Apple nun seine Vision für die Computerwelt der Zukunft. Im Mittelpunkt steht die Internet-Wolke als zentrales Datenlager. Außerdem tritt ein stark aufgerüstetes iOS-Betriebssystem gegen Rivalen wie das Google-System Android an, und die Mac-Computer sollen noch einfacher zu bedienen sein.
Im aktuellen Wettstreit der Zukunftskonzepte von Apple, Google und Microsoft steht viel auf dem Spiel: Mit dem aktuellen Umbruch in der Computerbranche könnten die Karten in großem Stil neu gemischt werden. Tablet-Computer wie Apples iPad drücken gerade den Absatz klassischer Personal Computer, die Macs liegen beim Marktanteil zwar immer noch weit hinter Microsofts Windows-Betriebssystem zurück, sind aber gegen den allgemeinen Trend auf dem Vormarsch.
Nachdem Google und Microsoft ihre Zukunftsentwürfe in den vergangenen Wochen bereits vorgestellt hatten, war nun Apple dran. Zum Auftakt der Entwicklerkonferenz WWDC kündigte das Unternehmen für Juli eine neue Version des Computer-Betriebssystems Mac OS X an. Im Herbst soll ein Update des mobilen Systems iOS folgen.
Außerdem setzt das Unternehmen verstärkt auf den aktuellen Cloud-Trend, der auch die persönlichen Daten ins Internet legt. Die Zeit sei vorbei, in der der Personal Computer im Mittelpunkt gestanden habe, sagte Vorstandschef Steve Jobs am Montag in San Francisco. „Manche Leute glauben, dass die Cloud nur eine Festplatte in den Wolken ist. Wir denken, dass es viel mehr ist.“ Der künftig kostenlose Online-Dienst, der das alte MobileMe ablöst, soll jetzt auch zum Speichern von Dokumenten aller Art dienen. Und „iCloud“ speichert auch die Songs, die bislang auf der Festplatte des Kunden liegen.
Marketing-Chef Phil Schiller kündigte die neue Version des Mac-Betriebssystems mit der Bezeichnung „Lion“ für Juli an, zu einem Update-Preis von rund 24 Euro. In „Lion“ gebe es mehr als 250 neue Funktionen. Dabei übernimmt das Mac-System für Notebooks und Desktop-Computer etliche Bedienfunktionen vom Tablet-Computer iPad, etwa die Unterstützung von Zwei-Finger-Gesten für Touchpad-Eingabegeräte und die Vollbilddarstellung von Anwendungen.
Neu ist auch eine als „Mission Control“ bezeichnete Funktion für einen besseren Überblick zu allen geöffneten Programmen. Mac OS X „Lion“ soll zudem die Daten aller Anwendungen künftig automatisch speichern, um unbeabsichtigte Datenverluste zu vermeiden. Weltweit gebe es inzwischen mehr als 54 Millionen aktive Mac-Nutzer, sagte Schiller, und die Zuwachsraten seien Jahr für Jahr wesentlich größer als beim Windows-PC.
Apple-Vizepräsident Scott Forstall stellte iOS 5 vor, eine neue Version der Software-Basis für das Mobiltelefon iPhone, das iPad und das Musikabspielgerät iPod touch. Zu den Neuerungen gehört die Darstellung von Push-Mitteilungen für Aktualisierungen, Statusmeldungen und andere Informationen einzelner Apps direkt auf dem Startbildschirm – mit dieser Fähigkeit glänzten bislang vor allem die mobilen Geräte mit dem konkurrierenden Google-System Android.
Viele Funktionen, die bislang von Drittanbietern bereitgestellt wurden, werden jetzt ins Betriebssystem übernommen, etwa bei der Bearbeitung von Fotos. Für die vor allem bei Jugendlichen beliebte Chat-Kommunikation führt Apple nun einen eigenen Dienst mit der Bezeichnung iMessage ein. Ein iPhone kann künftig auch ohne eine Verbindung zu einem PC aktiviert werden. Das neue System soll noch im Herbst auf den Markt kommen.
Bisher seien 200 Millionen mobile Geräte mit iOS verkauft worden, darunter 25 Millionen iPads, sagte Forstall. Bei mobilen Systemen sei iOS mit einem Anteil von 44 Prozent weltweiter Marktführer. In weniger als drei Jahren seien 14 Milliarden Apps für die mobilen Geräte von Apple heruntergeladen worden.
Der Auftritt von Steve Jobs nach mehrmonatiger Pause aus Gesundheitsgründen wurde mit besonderer Spannung erwartet. Der Vorstandschef beschränkte sich zunächst nur auf eine kurze Ansprache, ließ es sich dann aber nicht nehmen, selbst die neue Cloud-Strategie im Detail zu präsentieren.
(dpa/rtr/abendblatt.de)
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Wer vor 15 Jahren einen Mac besaß, wurde von den meisten belächelt. Schick, aber zu teuer, ein absolutes Nischenprodukt - so hieß es aus dem Lager der PC-Anhänger. Inzwischen ist vor allem der Windows-Gemeinde das Lächeln vergangen. Führende IT-Firmen wie Nokia oder Sony schauen wie betäubt nach Cupertino, wenn Apple-Boss Steve Jobs eine Produktneuheit verkündet. Das System Apple rollt mit Erfindungen wie iPod, iTunes, iPhone und iPad Märkte nach Belieben auf und steht für eine faszinierende Mischung aus Modernität, Lifestyle und Qualität. Dirk Beckmann erklärt das Apple-Prinzip und warum dieses vergleichsweise altmodische Geschäftsmodell der Umsonstkultur von Google und anderen Wettbewerbern weit überlegen ist.
Präsentation:
Beckmanns Analyse ist unterhaltsam, schnell zu lesen und bezieht pointiert Stellung für das System Apple. Doch kratzt der Autor an vielen Stellen an der Oberfläche, stellt plausibel klingende Behauptungen auf, ohne sie zu belegen. Dem Buch fehlen Abbildungen. Gerade die erfolgreiche Designstory von Apple hätte eine technische Ahnengalerie verdient. Harte Vergleichszahlen in tabellarischer Aufbereitung hätten die Thesen Beckmanns klarer untermauert.
Praxiswert:
Wie soll man von einer Firma lernen, deren Mitarbeiter und langjährige Kunden schon so etwas wie Jünger sind? Am Ende legt man das Buch beiseite, staunt über Apple und sieht sich selbst eher auf der trägen Seite der Wirtschaft. Im besten Fall nimmt man einige Apple-Prinzipien mit ins nächste Meeting - oder als Small-Talk-Stoff auf die nächste Party.
"Was würde Apple tun?" von Dirk Beckmann. Erschienen im Econ Verlag, 208 Seiten, 18 Euro