Beim nächsten Rollout ersetzt Facebook die klassischen Nutzerprofile durch die “Timeline“, für die Daten bis zurück zur Geburt gesammelt werden.
Berlin/Hamburg. Das dürfte einigen Nutzern nicht gefallen: Gut einen Monat nach dem Start seiner interaktiven Lebensläufe lässt Facebook seinen Mitgliedern keine Wahl mehr und ersetzt in den nächsten Wochen sämtliche klassische Profile des sozialen Netzwerks durch die "Chronik". Betroffen sind damit alle Auftritte der weltweit etwa 800 Millionen Nutzer. Eine Sprecherin sagte dazu am Mittwoch in Hamburg: "Der Prozess des Rollouts und dass es wirklich alle Menschen auf Facebook sehen, wird einige Woche dauern - und jede und jeder hat sieben Tage, um sich mit der Chronik hoffentlich anzufreunden.“
Facebook steht für seine "Chronik“(englisch "Timeline“) genannte Funktion in der Kritik, weil der Konzern dafür Fotos und Daten der Nutzer bis zurück zur Geburt einsammelt. Sie bildet etwa Statusmeldungen und Fotos an einem interaktiven Zeitstrahl ab. Die Nutzer sollten ursprünglich wählen können, ob sie daran teilnehmen möchten.
Für die Einführung der interaktiven Lebensläufe war Facebook unter anderem vom Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar gerügt worden. "Die Einführung von Timeline sehe ich kritisch“, sagte Schaar. Facebooks Geschäftsmodell bestehe darin, durch detaillierte Kenntnis der Interessen, Lebensumstände und Verhaltensweisen seinen Mitgliedern gezielt Werbung zukommen zu lassen. "Ein solches Geschäftsmodell ist nicht besonders datenschutzfreundlich und führt in der Konsequenz zum Verlust der Privatsphäre“, erklärte der Bundesbeauftragte.
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Schaars Hamburger Kollege Johannes Caspar sieht auf die Nutzer von Facebook durch die Chronik eine höhere Aufmerksamkeit bei der Pflege ihrer Daten zukommen. "Facebook-Mitglieder geraten damit noch stärker in die Pflicht, alle veröffentlichten Daten, vor allem auch längst vergessene Einträge aus der Vergangenheit, aktiv zu kontrollieren und das eigene Profil regelmäßig aufzuräumen“, sagte der Hamburger Datenschutzbeauftragte.
Caspar sagte, mit der "Chronik“ erweitere Facebook die Möglichkeit, Privates öffentlich zu machen, "wesentlich“. Jeder könne hier sein Leben "in allen Details selbst inszenieren“. Caspar befürchtete: "Damit werden die Datenmengen, die von den Nutzern in Umlauf gebracht werden, deutlich zunehmen.“
Abseits der Kritiker gibt es auch Fürsprecher der Facebook-Chronik. Der Hamburger IT-Experte Hannes Federrath sieht darin eine Möglichkeit "für mehr Transparenz“. Daten, die bisher bei Facebook vorhanden seien und die das Unternehmen auch auswerten könne, seien jetzt an der Oberfläche zu sehen, sagte Federrath. "Dies dürfte das Bewusstsein der Menschen steigern, dass man eigentlich vorsichtig umgehen sollte mit der Preisgabe personenbezogener Daten“, sagte Federrath.
Mit Material von dapd