Facebook-Chef Mark Zuckerberg überlegt Mindestalter von 13 Jahren abzuschaffen. Diskussion um Jugendschutz bekommt neuen Auftrieb.
New York/Berlin. Es dürfte das wohl heikelste Problem von Facebook sein: Millionen Kinder sind heimlich bei dem weltgrößten Online-Netzwerk aktiv. Sie geben ein falsches Alter ein, weil sie das Netzwerk eigentlich erst an ihrem 13. Geburtstag zum ersten Mal offiziell betreten dürften. Aber der soziale Druck in der Klasse oder unter Freunden sorgt dafür, dass zum Teil auch Kinder unter zehn Jahren den Weg ins Facebook-Netz suchen. Wer sich nicht ganz schusselig anstellt, kommt bei der Schummelei um das Mindestalter bei Facebook auch mühelos durch.
Facebook-Chef Mark Zuckerberg sucht nun nach einer Lösung, die genauso kontrovers ausfallen könnte, wie viele andere Vorstöße des weltgrößten Online-Netzwerks. Der Facebook-Gründer überlege, das Mindestalter von 13 Jahren zu kippen. Stattdessen würden spezielle Kinder-Accounts ausprobiert, berichtete das gewöhnlich sehr gut informierte „Wall Street Journal“. Bei diesen Konten könnten die Eltern bestimmen, mit wem die Kinder Kontakt haben dürfen bei Facebook und welche Apps und Spiele sie nutzen können. In diesen Szenarien ist von einem Mindestalter gar nicht mehr die Rede.
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Es wäre nicht das erste Mal, dass Mark Zuckerberg die Grenzen austesten würde. Unvergessen ist der kurzlebige Dienst „Beacon“, der in Verbindung mit dem Kreditkarten-Konto die Einkäufe eines Nutzers automatisch an seine Freunde durchtickerte. Oder eine Änderung der Datenschutz-Einstellungen, bei der die Schalter standardmäßig auf „Alles Öffentlich“ umgelegt waren. Doch jetzt geht es mit dem Jugendschutz um ein noch viel sensibleres Thema.
Bei der bisherigen Diskussion um den Zugang jüngerer Kinder zu Facebook konnte man zwei gegensätzliche Meinungen ausmachen. Die eine Fraktion fordert, das Online-Netzwerk müsse noch viel mehr tun, um zu verhindern, dass sich Kinder unter 13 einschleichen. Die Verfechter der Gegenposition argumentieren, eine Alterskontrolle wäre technisch ohnehin nicht ordentlich machbar. Daher sollte Facebook sich eher darauf konzentrieren, den Kindern eine möglichst sichere Umgebung zu bieten.
Eine einfache Antwort auf die Frage nach dem besten Kinderschutz gibt es nicht. Längst ist bekannt, wie schwer es ist, jemanden im Internet ohne ein offizielles Dokument wie etwa den neuen elektronischen Personalausweis eindeutig zu identifizieren. Selbst wenn Facebook auf die schräge Idee kommen würde, eine Anmeldung mit Ausweispapieren einzuführen, wäre das Kinderschutz-Problem nicht gelöst. Für Kinder gibt es in Deutschland kein elektronisches ID-Dokument, wie Jutta Croll, Vorstandsmitglied der Stiftung Digitale Chancen, betont. „Technisch haben wir im Moment keine Möglichkeit für einen Altersnachweis.“ Belgien baut mit der „Kids-ID“-Karte dagegen an einer solchen Infrastruktur.
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Aber auch die vom „Wall Street Journal“ kolportierte Idee der Kinder-Accounts, die von den Erwachsenen betreut werden, stößt bei deutschen Experten auf Skepsis. „Da besteht ein Interessenkonflikt: Eltern haben die Verantwortung für ihre Kinder, müssen aber auch ihre Privatsphäre wahren“, sagt Croll. Auch Ekkehard Mutschlar, der Jugendmedienschutzbeauftragte beim Deutschen Kinderschutzbund, hält das Konzept deshalb für bedenklich.
Zugleich ist sich Mutschlar nicht sicher über die Motivation hinter dem Vorstoß: „Ich weiß nicht, was die Triebfeder bei Facebook dabei ist. Es wäre sehr verwerflich, wenn Facebook Kindern den Zugang zu Apps und Spielen eröffnet, um damit Geschäfte zu machen.“ Mit diesem Verdacht dürfte Facebook noch häufiger zu tun haben: Viele Experten haben schon lange vorhergesagt, das Netzwerk würde nach dem Börsengang unter stärkerem Druck stehen, mehr Geld zu verdienen. Jetzt ist die Aktie nach zwei Wochen tief im Keller – und schon das Beispiel vom Smartphone-Apps zeigt, wie schnell Kinder bereit sind, Geld für Apps wie vor allem Spiele auszugeben. (dpa)