Der Bundesgerichtshof entschied: Wenn Unbefugte den Zugang nutzen, um Illegales herunterzuladen, droht auch dem Inhaber eine Strafe.
Karlsruhe. Bei illegalen Downloads von Musik können sich Internetnutzer künftig nicht mehr ganz ohne Folgen auf Missbrauch ihres ungesicherten WLAN-Anschlusses berufen. Der Bundesgerichtshof (BGH) verpflichtete am Mittwoch die Betroffenen, den Anschluss mit einem Passwort zu sichern. Tun sie dies nicht, drohen im Falle einer unbefugten Nutzung durch Dritte eine Abmahnung und eine Unterlassungserklärung mit Kosten bis zu 100 Euro.
Mit dem Urteil stärkte das höchste deutsche Gericht die Unterlassungsansprüche der Musikindustrie. Zugleich lehnten die Bundesrichter aber Schadenersatzzahlungen des WLAN-Inhabers in möglicherweise horrender Höhe ab und beschränkten insofern die Haftung privater WLAN-Inhaber. Denn wenn sich Dritte in seiner Abwesenheit Zugang zu dem Anschluss verschafften und unbefugt Musiktitel herunterlüden, treffe den Inhaber kein Verschulden, entschied der BGH. In dem Fall hafte der Inhaber nicht wie ein Täter, heißt es in der Urteilsbegründung. Schließlich habe nicht er selbst den Musiktitel zugänglich gemacht.
Im konkreten Fall ging es um den Song „Sommer unseres Lebens“. Die Staatsanwaltschaft hatte ermittelt, dass der Titel vom WLAN-Anschluss eines privaten Internetznutzers illegal auf einer Tauschbörse angeboten wurde. Dieser war zu dieser Zeit jedoch in Urlaub. Dennoch verklagte ihn die Musikgesellschaft mit den Titelrechten auf Schadenersatz, Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten.
Das Landgericht Frankfurt gab der Klage statt, das Oberlandesgericht wies die Forderungen der Musikgesellschaft dagegen vollständig zurück. Der BGH entschied sich nun für den Mittelweg: Einerseits könne auch von einem Privatmann verlangt werden, dass er seinen WLAN-Anschluss durch ein eigenes Passwort sichere, hieß es. Da dies unterblieb, bestehe ein Unterlassungsanspruch. Es genüge nicht, sich nicht auf die werkeigene Standardsicherung verlassen, da diese leicht zu umgehen sei. Die Verantwortung der WLAN-Nutzer gehe aber nicht so weit, dass sie hohe Schadenersatzforderungen für einen Missbrauch entrichten müssten, weil das Eindringen unbefugter Dritter den Internetnutzer nicht selbst zum Täter mache. Schließlich habe er nicht selbst den Song illegal auf Tauschbörsen angeboten.
Das BGH-Urteil bezog sich in diesem Fall auf Privatpersonen. Eine Rechtsprechung zum Download in offenen WLAN-Netzen wie etwa in Internetcafés gibt es noch nicht. Die Bundesrichter verwiesen allerdings darauf, dass allgemein die Sicherungspflicht für gewerblich Tätige höher sei als für Privatpersonen.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen bewertete das Urteil als ausgewogen. Verbrauchern könne nicht zugemutet werden, immer auf dem neuesten technischen Stand zu sein, sagte Carola Elbrecht, Leiterin der Projektgruppe „Verbraucherrechte in der digitalen Welt“, auf DAPD-Anfrage. Jedoch sollte ein gewisser Schutz vor Eingriffen auf jeden Fall vorhanden sein. Hier können nach Einschätzung von Elbrecht die Anbieter von Routern noch mehr leisten und Verbraucher in einer einfachen Sprache über WLAN-Sicherheitseinstellungen und mögliche Veränderungen informieren.
Dem Branchenverband Bitkom zufolge werden mehr als die Hälfte der rund 25 Millionen deutschen Breitband-Internetzugängen mit WLAN betrieben.