Hamburg. Scholle wird seit Generationen am liebsten im Mai gegessen, weil sie dann am zartesten ist. Und bald kommt auch der neue Matjes.
Sie gehört zu den Plattfischen, ebenso wie Seezunge und Steinbutt. Am häufigsten ist die Scholle in der Nordsee, in Skagerrak und Kattegat sowie der westlichen Ostsee bis etwa zur Linie Gotland–Danzig zu finden. Die Tiere leben in einer Tiefe von zehn bis 200 Metern und werden mit Schleppnetzen gefangen. Schollenfischer dürfen nur Tiere anlanden, die mindestens 25 Zentimeter lang sind.
Dabei ist die Maischolle aber weder eine eigene Gattung noch eine spezielle Zubereitungsart. Der Name leitet sich schlicht vom entsprechenden Monat ab. Denn der Begriff wurde einst erfunden, um den Handel mit den Plattfischen im Frühjahr anzukurbeln. Bevor es eine Begrenzung gab, wie viele Schollen gefangen werden dürfen, wurde im Mai seit Jahrhunderten im Gebiet rund um Helgoland nach Jungschollen gefischt. Das Fleisch der Tiere, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht gelaicht hatten, ist ausgesprochen zart, was sie damals zu Verkaufsschlagern machte und ihnen den Namen „Maischollen“ einbrachte. Ein Exemplar wiegt etwa 350 Gramm.
Gäste warten auf die Maischolle
„Bei uns gehören sie regelmäßig in diesem Monat auf die Karte“, sagt Dirk Kowalke, Chef im Fischereihafen Restaurant an der Großen Elbstraße. „Unsere Gäste warten auf die Maischolle.“ Die Fische werden in Speck gebraten und mit Kartoffelsalat, krossen Speckwürfeln und Gurkensalat serviert. „Und weil die Schollen kleiner sind, gehören zwei zu einer Portion“, sagt Kowalke.
Schollen zählen neben Schellfisch und Seelachs zu den eiweißreichsten Fischen. Zudem liefern sie Jod, ihr Fleisch ist fettarm. 100 Gramm haben 86 Kilokalorien. Frische Ware erkennt man an leuchtend roten Kiemen und silbrig glänzenden Filets. Auch die Augen des Fisches sollten klar sein. Beliebte Zubereitungsarten sind Scholle Finkenwerder Art mit Speck oder Büsumer Art mit Nordseekrabben.
In Ostfriesland kann man einem Witz zufolge als Fisch nur Schollen essen, weil die Häuser lediglich 40 Zentimeter hoch sind. In einem Werbespot für das Flensburger Bier sagt ein Mann zu seiner Frau: „Du Schatz, ich muss nachher noch mal weg. Ich habe mich verabredet. Zum Angeln.“ „Jaja“, entgegnet sie spitz, „die Scholle hat schon dreimal angerufen.“ Und in einem Kinderlied heißt es: „In einen Harung, jung und schlank, der auf dem Meeresgrunde schwamm, verliebte sich, o Wunder, ne olle Flunder“.
Salzlake ist sehr gut für den Geschmack
Stichwort Hering. Die neue Matjessaison steht vor der Tür. Jeder Matjes ist ein Hering, aber nicht jeder Hering wird ein Matjes. Die Fische werden zwischen Mai und Juli veredelt, indem sie gekehlt, ausgenommen und gesalzen werden. Die Salzlake ist sehr gut für den Geschmack. Beim Kehlen werden die Kiemen und beim Ausnehmen die Innereien bis auf die Bauchspeicheldrüse entfernt. Die in diesem Organ enthaltenen natürlichen Enzyme lassen den frischen Hering zum zarten Matjes reifen.
Der Name leitet sich vermutlich vom holländischen Wort für Mädchen, „Meisjes“, ab. Matjes wird auch als „jungfräulicher Hering“ bezeichnet, denn diese Fische haben noch keine Milch oder Rogen gebildet, sich aber als Vorbereitung für die Fortpflanzung schon einen hohen Fettgehalt zugelegt. Bester Matjes hat einen Fettgehalt von mindestens zwölf bis zu 28 Prozent. 100 Gramm haben etwa 237 Kilokalorien.
Diverse Zubereitungsarten
Der Holländer Willem Beukelszoon war um 1400 der Erste, der den Matjes zum Ausbluten brachte. Seine Entdeckung machte seinen Heimatort Biervliet im Süden des Landes berühmt und die holländischen Heringsstädte reich.
Deshalb zwar amüsant, aber nicht wahr ist die Geschichte, die Felix Graf von Luckner (1881–1966) über den Fisch erzählte: Ein deutscher und ein englischer Hering schwammen in der Nordsee um die Wette. Als dabei der deutsche Fisch den Konkurrenten überholte, fragte er ihn: „Matt?“ Worauf der englische Hering mit „Yes!“ geantwortet haben soll. Feinstes Seemannsgarn!
Für das Helbing-Matjesfestival in der Fischauktionshalle gibt es in diesem Jahr keinen Termin, aber in Glückstadt an der Unterelbe wird der Fisch vom 13. bis 16. Juni gefeiert. Und da kommt er dann in diversen Zubereitungsarten auf den Tisch: mit Bratkartoffeln oder Pellkartoffeln, grünen Bohnen und Speckstippe, geräuchert und mit Rotwein gebeizt, mit Preiselbeer- oder Currysahne, als Salat mit Gurke und Tomate, mit sogenannter Hausfrauen-Sauce aus Schmand, Äpfeln, Zwiebeln und Dill oder einfach nur auf Schwarzbrot mit Zwiebeln.
Eine tolle Karriere für den Fisch der „kleinen Leute“.