Hamburg. Mehr Ehre geht nicht für einen Hobbygärtner, als dass die Chefin der Garten-Gesellschaft seine ersten Versuche besichtigt.
Selten war ich so aufgeregt. Eine Präsidentin hatte sich zum Besuch in unserem kleinen Mühlenpark angesagt. Nein, nicht jemand aus der Politik. Das wär einfach gewesen. Mit diesem Berufsstand hatte ich schließlich als Journalist ein ganzes Arbeitsleben lang zu tun. Meine Frau Anke hatte noch kurz vorher gemahnt: „Hast du auch die verblühten Rosen rausgeschnitten?“ Es sollte ja ordentlich aussehen, wenn die Präsidentin der Gesellschaft für Gartenkultur vorbeischaute. „Auf einen Kaffee“, hatte Friederike von Ehren gesagt. Bei mir, dem Hobby-Gärtner.
Die Frau aus der berühmten Hamburger Baumschul-Dynastie ist Gärtnerin in fünfter Generation, mit Studium im bayerischen Weihenstephan und Praxissemester in England, dem Mutterland des Gartenwesens. 2006 schied die heute 54-Jährige aus dem Familienunternehmen aus und macht seitdem das, was sie am liebsten tut: kleine und große Gärten entwerfen. Egal ob für die Reichen und Schönen auf Sylt oder die Besitzer von Einfamilienhäusern.
Nun war sie also da. Die Gärtnerin meines Herzens, Beraterin der ersten Stunde, als ich vor 20 Jahren noch ratlos vor dem Mühlengrundstück von fast 6000 Quadratmetern stand. Den Kontakt hatte mir meine Abendblatt-Kollegin Claudia Sewig vermittelt, eine studierte Biologin. Und sie war mitgekommen. Wie beruhigend.
Gärtnern ist für sie eine kulturelle Leistung
Viel sagte sie ja nicht, die Präsidentin, beim Rundgang durch unseren kleinen Park. Sprach mal eine Sichtachse an, die von der Mühle durch ein Rondell aus Kugel-Akazien und Ligusterhecke zu einem Bogen aus Lebensbäumen führte. Oder den Blühstreifen am Mühlenweg mit trockenheitsgewohnten Pflanzen wie Lavendel, Thymian oder verschiedenen Salbeisorten. Nachgefragt habe ich natürlich nicht. Aber am nächsten Morgen gleich die Kollegin Claudia angerufen: „Und, was hat sie gesagt?“ Habe ihr ganz gut gefallen, sagte die. Kein Herzklopfen mehr.
Im Lauf der Jahre mit etlichen Treffen habe ich einiges mitbekommen von Friederike von Ehrens Gartenphilosophie. Gärtnern ist für sie eine kulturelle Leistung. Einen Garten anlegen heißt für sie Strukturen schaffen. Gärtnern bedeutet dabei nicht, der Natur ihren freien Lauf zu lassen, sondern gestalten. Aber im Einklang mit der Natur. Als ich, wie einfallslos, etwa als Windschutz an einer Seite des Mühlengrundstücks eine Reihe von serbischen Fichten pflanzen wollte, riet sie mir zu einer Hecke aus Gehölzen wie Weißdorn, Haselnuss, Hainbuche, Pfaffenhütchen, Feldahorn, Felsenbirne, Wildkirsche und so weiter. Passe besser zur Landschaft.
Mit dieser Philosophie passt sie auf jeden Fall gut zur Gartengesellschaft, wie der Verein zur Förderung der Gartenkultur in Kurzform genannt wird. Gegründet wurde sie 1991 nach einem Treffen im Hamburger Literaturhaus. Ziel war damals zunächst, historische Gärten als Kulturerbe zu bewahren. Frauenpower von Anfang an. Eine der Gründungsmütter war Anke Kuhbier, Frau des damaligen Umweltsenators Jörg Kuhbier (SPD). Kuhbier war später auch lange Jahre Präsidentin der Gesellschaft, die mittlerweile sieben „Zweig“-Gesellschaften in ganz Deutschland hat. Ihr folgte unter anderem Gabriella Pape, eine gebürtige Hamburgerin, die in Berlin die Königlich Preußische Gartenakademie leitet.
Nicht wirklich geheimes Vorbild für die deutsche Gartengesellschaft ist die 1801 gegründete Royal Horticultural Society, die weltweit mehr als 200.000 Mitglieder hat. Dafür hat die RHS aber gut 200 Jahre gebraucht, das deutsche Pendant hat es immerhin in knapp 30 Jahren auf 1000 Mitglieder gebracht. Gartenliebhaber, Laien und Profis, darunter auch bekannte Garten-Autoren wie Christa Hasselhorst („FAZ“) oder Jörg Pfennigschmidt.
Auf der Suche nach einer Rose
Der Hamburger Gartengestalter hat im vereinseigenen Magazin „Blätterrauschen“ über Gartengeräte den witzigen Aufsatz „Mein schwuler Spaten“ geschrieben. Gemeint ist damit der sogenannte Damenspaten, kleiner als der gemeine Holsteiner Grabespaten, aber deutlich größer als eine Grabekelle. Sehr praktisch für Arbeiten im Staudenbeet – auch für Herren.
Die Zeitschrift erscheint zweimal im Jahr und widmet sich immer monothematisch einem Schwerpunktthema. Auch nach ihrem Rücktritt als Präsidentin im Jahr 2009 zeichnete Anke Kuhbier, die lesenswerte Bücher über Rosen geschrieben hat, bis zu ihrem überraschenden Tod vor einem Jahr verantwortlich für das Magazin. Erst vor Kurzem hat sich Friederike von Ehren in der weltweit bekannten Rosengärtnerei Tantau in Uetersen umgeschaut. Die Präsidentin ist auf der Suche nach einer Rose, die auf den Namen von Anke Kuhbier, der Ehrenpräsidentin, getauft werden soll.
Vielleicht wird es eine Verwandte von „Bienenweide“. Die neue Beetrose von Tantau blüht unermüdlich von Juni bis Oktober in den Farben Weiß, Rot oder Rosa. Die wie bei Wildrosen offenen Blüten locken Hummeln und Bienen an und ist nahezu resistent gegen Krankheiten wie Mehl- und Sternrußtau, mag Sonne und kann Trockenheit ab. Anke Kuhbier hätte das gefallen.
Bis zum nächsten Wochenende, herzlichst Ihr Karl Günther Barth