Berlin. Wer die fünf wichtigsten Denkfehler beim Sparen kennt, baut Vermögen deutlich schneller auf. Zwei Experten verraten, wie sie sofort starten.
Ob das Abendessen im Restaurant um die Ecke, der zweiwöchige Urlaub oder der Wocheneinkauf im Supermarkt: In vielen Bereiche des täglichen Lebens klettern die Preise. Was aber mit dem rasanten Anstieg nicht mithalten kann, ist bei den meisten das hart verdiente Gehalt! Umso wichtiger ist es, bei einer anderen Stellschraube anzusetzen: dem richtigen Sparen.
Allerdings fällt uns Menschen das unglaublich schwer. Und das liegt nicht am mangelnden Vorsatz, sondern an der Evolutionsbiologie. Unser Gehirn will, dass wir unser Geld mit vollen Händen ausgeben und verführt uns zu regelmäßigen Fehlern.
Umgang mit Geld: Die 5 häufigsten Fehler
Wie man das Gehirn austricksen und den Konsum kontrollieren kann, erforschen Verhaltensökonomen und Wirtschaftspsychologen. Professorin Johanna Gollnhofer von der Universität St. Gallen und Professor Thomas Holtfort von der FOM Hochschule in Bonn erklären die typischen Fehler im Umgang mit Geld – und wie man sie vermeidet.
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Sparen als Opfer? Der Hier-und-Jetzt-Fehler
„Das ganze Wirtschaftssystem ist darauf ausgelegt, uns zu verführen, mit großartigen Produkten, mit ausgeklügelter Werbung, Farben, Düften und Musik“, sagt Professorin Gollnhofer. „Konsum erfüllt uns mit einem positiven Gefühl. Kaufen verbindet man mit der Empfindung, man belohnt sich, man gönnt sich etwas.“
Auf den Konsum im Hier und Jetzt zu verzichten und das Geld stattdessen für die Zukunft zurückzulegen, das fühle sich für unser Gehirn wie ein Opfer an, erklärt die Wissenschaftlerin und sagt: „Aus evolutionärer Sicht stecken wir noch in der Steinzeit, da zählte nur das Überleben in der Gegenwart.“ Etwas für die entfernte Zukunft zurückzulegen, habe in der Vorgeschichte keinen Sinn ergeben und sei auch heute noch ein großes Problem für unser Gehirn.
Zu hohe Ausgaben? Gehirn überlisten
Um den Impuls auf eine Belohnung im Hier und Jetzt zu unterdrücken und im Interesse eines langfristigen Zieles sparen zu können, muss man darum das Gehirn überlisten. „Dafür gibt es ganz verschiedene Methoden. Welche bei einem Menschen am besten funktionieren, hängt von der Persönlichkeit ab“, so Gollnhofer.
Einige bevorzugen den Wettbewerb, andere können sehr gut mit starren Regeln umgehen, dritte spornt am besten eine Belohnung an. Wer starre Regeln bevorzugt, kann pro Monat eine konstante Summe für den Spaßkonsum festlegen und diese Ausgabe streng per Haushaltsbuch überwachen. Wettbewerbstypen können eine Sparchallenge antreten, dazu gibt es unzählige Ideen im Internet.
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Dem Belohnungstyp hilft es, wenn er sich beim Erreichen eines Zwischenschrittes für ein Sparziel etwas gönnen kann, zum Beispiel ein schönes Abendessen.
Heiß auf Rabatte? Der Rahmungsfehler
„Studien haben ergeben, dass Sonderangebote uns fast ähnlich wie Kokain in Euphorie versetzen können“, sagt Johanna Gollnhofer. Hier kauft man oft Dinge, die man in Wahrheit gar nicht braucht.
Um nicht in die Schnäppchenfalle zu tappen, empfiehlt Thomas Holtfort, sich die Rahmung des vermeintlichen Schnäppchens zu verdeutlichen. Das Fachwort dafür heißt „Framing“. Gemeint ist damit, dass der Preis durch den Rabatt einen neuen Rahmen (englisch frame) bekommt. Dieser „Einrahmungseffekt“ sorgt dafür, dass sich die Summe ganz anders anfühlt.
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Wenn eine 100 Euro teure Ware mit dem Schild „200 Euro – 50 Prozent Rabatt“ ausgepriesen ist, kommt uns das günstig vor. Würde an derselben Ware nur der Preis „100 Euro“ stehen, wäre es nicht halb so verlockend. „Das Framing kommt dem Vergleichsbedürfnis unseres Gehirns entgegen“, erklärt Holtfort. „Fehlt der Rahmen, sind wir skeptisch.“ Macht man sich das bewusst, könne man rational agieren. Wer der Verlockung trotzdem nicht widerstehen kann, dem rät Johanna Gollnhofer, sich vor dem Einkauf eine Liste zu schreiben und sich dann strikt nur daran zu halten.
Kleine Beträge machen nicht reich? Der Unterschätzungsfehler
„Es fällt unserem Gehirn schwer, sich vorzustellen, dass systematisches Sparverhalten langfristig zu sehr großen Summen führen kann“, sagt Johanna Gollnhofer. „Menschen beginnen oft nicht mit dem Sparen, weil sie glauben, dass sie ihr finanzielles Ziel sowieso nicht erreichen können. Indem man sich aber vor Augen führt, dass selbst kleine Verzichtsmaßnahmen große langfristige Auswirkungen auf die finanzielle Zukunft haben können, wird Sparen sehr viel leichter.“
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Wer zum Beispiel täglich auf Latte Macchiato to go verzichtet und die 4,99 Euro zurücklegt, habe so bei einer klugen Anlageform in 23 Jahren die 100.000 Euro zusammengespart, so die Professorin.
Zu viele Abos? Der Status-quo-Fehler
Unser Gehirn schätzt das Altbekannte. Es gibt ein Gefühl von Sicherheit und reduziert die Komplexität des Alltags. „Wir wollen am liebsten den Status quo behalten. Veränderungen fallen uns sehr schwer, selbst wenn sie langfristig von Vorteil wären“, sagt Thomas Holfort. Streamingabos oder die Fitnessstudiomitgliedschaft, die man kaum noch nutzt, werden zum Beispiel weiterhin bezahlt.
Außerdem bleiben wir durch den Status-quo-Fehler gerne Markenprodukten und Unternehmen treu, obwohl andere ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis bieten. „Regelmäßig kritisch die eigenen Konsumgewohnheiten und Versicherungs-, Abo-, und Mitgliedsverträge auf einen Mehrwert zu überprüfen, hilft uns, den Status-quo-Fehler zu vermeiden“, so der Professor.
Teurer Dispokredit: Der Mentale-Konten-Fehler
Unser Geld teilen wir mental in verschiedene Konten ein und behandeln es unterschiedlich. Die Folge ist ein irrationales Verhalten, das uns teuer zu stehen kommen kann. Professor Holtfort erklärt das am Beispiel Girokonto und Sparkonto. „Ein Girokonto wird oft als ein mentales Konto betrachtet, das für den täglichen Gebrauch bestimmt ist. Wenn das Girokonto ins Minus rutscht, wird der teure Dispokredit genutzt.“ Im Gegensatz dazu werde das Sparkonto als langfristiges Sparziel betrachtet.
„Die mentale Buchführung kann dazu führen, dass man lieber zehn Prozent Zinsen für einen Dispokredit zahlt, anstatt das Girokonto mit dem Sparguthaben auszugleichen“, erklärt Holtfort. „Das ist natürlich irrational, denn Geld ist immer Geld und unterm Strich bleibt unser Vermögen gleich, egal auf welchem Konto wie viel liegt.“ Nur die zehn Prozent Zinsen für den Dispokredit schaden und zehren das Vermögen auf.
Ein anderes Beispiel ist, dass Menschen oft in kostspielige Autos investieren, die sie selten nutzen, während sie Taxifahrten meiden, da sie diese als zu teuer empfinden. „Wer Geld in mentale Konten einteilt, kann Chancen zum Sparen verpassen“, so Holtfort. „Statt sehr in festen Kategorien zu denken, sollte der Blick immer auf das große Ganze gerichtet werden.“