Berlin. Wer nicht erben will, kann ausschlagen oder verzichten. Finanztip erklärt die wichtigen Unterschiede – und gibt Entscheidungstipps.
Erben werden in der Regel nicht gefragt, ob sie erben wollen. Entweder sie erben nach dem Tod des Ehegatten, der Eltern oder anderer Verwandter automatisch nach gesetzlicher Erbfolge oder sie wurden im Testament als Erben eingesetzt. Annehmen müssen sie die Erbschaft nicht. Sie fällt einfach an – ohne Zutun der Erben. So verwundert es nicht, dass einige Erben ihr Erbe nicht wollen. Um die Erbschaft loszuwerden, gibt es zwei Möglichkeiten:
- die Erbausschlagung und
- den Erbverzicht.
Auch wenn im allgemeinen Sprachgebrauch die Begriffe Erbausschlagung und Erbverzicht ähnlich verwendet werden, gibt es rechtlich große Unterschiede. Der wichtigste ist der Zeitpunkt: Einen Erbverzicht können mögliche Erben bereits vor dem Erbfall erklären, falls sie nicht am Nachlass beteiligt werden möchten. Das Erbe ausschlagen können Erben immer erst nach dem Todesfall.
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Erbe ausschlagen: Das sind mögliche Gründe
Doch warum sollte man sein Erbe nicht wollen? Der häufigste Grund, die Erbschaft auszuschlagen, sind Schulden des Verstorbenen, die damit auf die Erben übergehen. Oder die verstorbene Person ist eher entfernt verwandt. Dann wollen Erben sich beispielsweise nicht um die Räumung der Wohnung und alles weitere kümmern. Besteht der Nachlass aus einer alten Immobilie, die für die Erben nicht interessant oder sanierungsbedürftig ist und nur Pflichten auslöst – zum Beispiel nach dem Gebäudeenergiegesetz –, denken viele daran, das Erbe auszuschlagen.
Erbverzicht: Wann es sinnvoll sein kann
Ganz anders gelagert sind die Gründe für den Erbverzicht. Mit einem Erbverzicht lässt sich noch zu Lebzeiten die Verteilung des Nachlasses gestalten. Zum Beispiel, um Streitigkeiten zwischen Kindern aus mehreren Ehen in einer Erbengemeinschaft zu verhindern. Der Erblasser kann sich in einem solchen Fall mit einzelnen Angehörigen gegen Abfindung auf einen Erbverzicht einigen. Der Verzichtende bekommt dann auch keinen Pflichtteil mehr.
Auch für einen zukünftigen Erben mit Aussicht auf eine größere Erbschaft kann ein Erbverzicht interessant sein, wenn er sich schon vor dem Erbfall eine Immobilie anschaffen möchte. Er kann sich abfinden lassen, im Gegenzug auf sein Erbrecht verzichten und die Immobilie sofort kaufen.
Erbverzicht und Erbausschlagung: Das müssen Erben beachten
Auch in formeller Hinsicht gibt es grundlegende Unterschiede zwischen einem Erbverzicht und einer Erbausschlagung. Verwandte oder der Ehegatte können nur durch einen Vertrag mit dem Erblasser auf ihr gesetzliches Erbrecht verzichten. Damit der Verzicht wirksam ist, muss er notariell beurkundet werden.
Wer sein Erbe ausschlagen möchte, muss innerhalb von sechs Wochen tätig werden, nachdem er von der Erbschaft erfahren hat. Ein bloßer Brief an das Nachlassgericht genügt nicht. Für die Ausschlagung muss ein Erbe persönlich beim Gericht erscheinen und die entsprechende Erklärung abgeben. Möglich ist auch, ein Schreiben aufzusetzen und die Unterschriften von einem Notar beglaubigen zu lassen. Der leitet die Erklärung dann an das Nachlassgericht weiter.
Wichtig: Der Erbverzicht wirkt sich auf das Erbrecht der eigenen Kinder aus. Verzichtet zum Beispiel eine Tochter auf ihr gesetzliches Erbrecht, so erstreckt sich die Verzichtserklärung auch auf ihre Kinder, falls im Verzichtsvertrag dieser Punkt nicht ausdrücklich anders geregelt wird. Anders bei der Erbausschlagung. Sie wirkt nicht für die Kinder. Der nächste in der gesetzlichen Erbfolge rückt im Fall der Ausschlagung nach. Volljährige Kinder müssen dann ebenfalls ausschlagen, wenn sie die Erbschaft nicht wollen. Möchte niemand die Hinterlassenschaft haben, landet das Erbe am Ende beim Staat.
Entscheidung für oder gegen Erbe: Nicht überrumpeln lassen
Sowohl der Erbverzicht als auch die Erbausschlagung sind weitreichende Entscheidungen. Finanztip rät, sich nicht drängen zu lassen und die Auswirkungen gut zu durchdenken. Bevor jemand sein Erbe ausschlägt, ist eine klare Bestandsaufnahme über alle Vermögenswerte und Schulden wichtig. Im Gegensatz dazu hat ein Erbverzicht immer etwas Spekulatives, gerade weil zwischen Verzicht und Tod des Erblassers viel Zeit vergehen kann. Eine vor Jahren gezahlte Abfindung für das Erbe kann heute wie eine Übervorteilung wirken, wenn zum Beispiel Immobilien zwischenzeitlich deutlich im Wert gestiegen sind.
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Wer einmal verzichtet hat, hat fast keine Möglichkeit mehr, es wieder rückgängig zu machen, selbst wenn sich die Rahmenbedingungen grundlegend ändern sollten. Bei der Ausschlagung ist es ähnlich – es gibt kaum einen Weg zurück. Deshalb ist es wichtig, sich bei beiden Entscheidungen nicht von Emotionen leiten zu lassen. Der Geld-Ratgeber Finanztip empfiehlt eine Beratung, damit sich der Verzicht auf ein Erbe nicht im Nachhinein wirtschaftlich als Fehler herausstellt.
Dieser Beitrag erscheint in Kooperation mit finanztip.de. Der Geld-Ratgeber für Verbraucher ist Teil gemeinnützigen der Finanztip-Stiftung.