Berlin. Sand ist eine der wichtigsten Ressourcen der Welt. Doch er wird knapp. Warum das ein Problem ist und was die Mafia damit zu tun hat.

Wir wachsen mit Sand auf: Er füllt Sandkästen. Wir bauen mit Sand und machen Urlaub an Sandstränden. Bei Überschwemmungsgefahr füllen wir Sandsäcke. Sand gibt es wie „Sand am Meer“. Oder?

Niemand würde bei dem Begriff „knappe Ressource“ an Sand denken. Die meisten denken dabei eher an Edelmetalle, seltene Erden oder, je nach Klimazone, auch an Wasser.

Dabei ist Sand erstens wertvoller, als viele denken und zweitens knapper. Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UN) fordert gar ein Verbot, Sand an Küsten abzubauen.

Lesen Sie zehn interessante Fakten über Sand:

1. 200 Tonnen Sand in einem Einfamilienhaus

Sand ist nach Wasser die weltweit am meisten verbrauchte Ressource. Den meisten Sand verbraucht die Bauindustrie. Beton besteht aus zwei Dritteln Sand und einem Drittel Zement und Wasser.

In einem deutschen Einfamilienhaus stecken 200 Tonnen Sand, in einem Kilometer Autobahn 30.000 Tonnen.

Durch den Bauboom in China und Indien ist der weltweite Sandverbrauch laut UN-Schätzungen auf 30 bis 50 Milliarden Tonnen pro Jahr angestiegen.

Das entspricht einem 20 Meter hohen und breiten Sandwall, der einmal um den Äquator reicht. Das ist doppelt so viel, wie alle Flüsse der Welt pro Jahr an die Küsten spülen.

2. Länder mit Sandwüsten importieren Sand zum Bauen

Sand ist nicht gleich Sand: Wüstensand ist sehr fein und haftet deswegen nicht im Zement. Daher kann er nicht zum Bauen genutzt werden. Also greift man zu Meeres- oder Flusssand. Sogar Länder mit ausgedehnten Sandwüsten importieren ihren Bausand – zum Beispiel aus Australien.

Mit fatalen Folgen: Neben erheblichem Landverlust folgen daraus weitere Umweltschäden. Denn der Sand aus Gewässern wird mit schwimmenden Baggern abgebaut. Viele Kleintiere werden mit eingesaugt und für die verbleibenden ist der Lebensraum zerstört.

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3. Sand stammt aus den Bergen

Sand ist zerkleinertes Gestein aus den Bergen. Frost, Hitze, Regen, Wind und Bakterien setzen dem Gestein zu, sodass sich immer wieder Stücke abspalten.

Die werden weiter zerkleinert, landen in Flüssen, werden dort rund geschliffen und enden an einem Strand. Bis dahin können Jahrtausende vergehen.

Die Menschheit baut aber in atemberaubendem Tempo Sand ab.

4. Sand ist härter als Stahl.

Die für die Industrie wichtigen Quarzsande enthalten besonders viel Quarz, das zu den härtesten natürlichen Materialien gehört.

5. Medikamente, Kosmetika, Fenster – überall ist Sand

Auch viele Dinge des Alltags werden mit Sand hergestellt. Bereits etwa 1500 vor Christus fanden die Menschen heraus, wie man Sand zu Glas schmilzt.

Ein fünf Millimeter dickes Glasfenster von einem Quadratmeter enthält fast neun Kilogramm Quarzsand. Quarzsand ist außerdem unter anderem in Zahnpasta, Kosmetika, Poliermitteln, Farben, Papier und Medikamenten enthalten – die Inhaltsangabe verrät es nur indirekt: Wo Kieselgur draufsteht, ist Sand drin.

6. Ohne Sand keine Elektronik

Der Halbleiter Silizium – aus Sand gewonnen – kann, sehr vereinfacht gesagt, elektrischen Wechselstrom in Gleichstrom verwandeln. Auf dieser Basis funktionieren nicht nur Solarzellen, sondern auch viele Komponenten der Mikroelektronik.

Mikrochips benötigen Silizium ebenso wie moderne Flüssigkristall-Displays, Mikrofone und andere technische Komponenten.

7. Ohne Sand keine Getränke

Unser Leitungswasser, aber auch das Wasser für die Herstellung von Softdrinks und Getränken aller Art wird durch Filtersand geleitet, um eine gleichbleibende Qualität zu gewährleisten.

8 Ohne Sand kein Erdgas

Beim sogenannten Fracking gewinnt man in Gestein gebundenes Gas. Um das Gas herauszulösen, wird eine Mischung aus Wasser, Chemikalien und Sand unter sehr hohem Druck in das Gestein gepresst.

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9. Illegaler Sandabbau kann Gebäude zum Einsturz bringen

Es gibt eine Sandmafia: Die weltweit hohe Nachfrage nach Sand hat zu illegalem Sandabbau, Sandschmuggel und Sanddiebstahl geführt. Die indische Sandmafia ist sehr gefürchtet.

Arbeiter im illegalen Sandabbau setzen bei gefährlichen Tauchgängen ihr Leben aufs Spiel. Der unkontrollierte und illegale Sandabbau zerstört nicht nur die Umwelt, sondern kann auch Brücken und ufernahe Gebäude zum Einsturz bringen.

Investigative Journalisten und Umweltschützealles klar werden in vielen Teilen der Welt bedroht, wenn sie versuchen, gegen Sandraub vorzugehen.

10. Recycling und Forschung helfen, die Sandreserven zu schonen

Glas kann gut recycelt werden, aber auch Recycling-Beton kann bis zu zehn Prozent des Bausandes ersetzen. In der Schweiz wird dies bereits aus Kostengründen praktiziert: Es ist günstiger, Beton zu recyceln, als Bausand von weit her zu transportieren.

Mit der richtigen „Sand-Governance“, wie es die UN nennt, kann die Politik Anreize setzen, Sand zu sparen. Auch Erzsande, ein Abfallprodukt aus der Bergbauindustrie, könnten einen Teil des Sandproblems lösen.

Es wird außerdem an Methoden geforscht, Wüstensand so aufzubereiten, dass er industriell verwendbar wird. Momentan sind solche Verfahren allerdings noch sehr teuer.

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Was tun gegen Sandknappheit?

Ein paar Tipps um Sandressourcen zu schonen:

  • Es muss kein Neubau sein. Ein vorhandenes Haus zu kaufen, statt ein neues zu bauen, schont Sandressourcen.
  • Es muss nicht immer Beton sein. Wenn es doch der Neubau wird, ist auch ein Holzhaus eine Option.
  • Auch, wer sich für ein kleines Haus entscheidet, hilft die Sandressourcen zu schonen.
  • Kleinvieh macht auch Mist: Wer häufiger das Auto stehen lässt und seine Alltagsgegenstände länger nutzt, statt neue zu kaufen, trägt dazu bei, dass weniger Individual- und Transportverkehr die Straßen belasten. Auf lange Sicht wird so weniger Sand im Straßenbau nötig.
  • Elektronische Geräte so lange wie möglich nutzen.
  • Glas-Leergut zum Container bringen, damit es recycelt werden kann.

Dieser Artikel erschien zuerst auf abendblatt.de.