Berlin. Einige Stars schwärmen von der hCG-Diät: Ein Schwangerschaftshormon nehmen und täglich nur 500 Kilokalorien essen? Experten warnen.

Die dunkle Jahreszeit kommt und mit ihr kommen bei vielen auch wieder die Pfunde. Die ertragreiche Saison der Abnehmindustrie beginnt – der Diätmarkt ist ein Milliardengeschäft. Detox, Low Carb, Lazy Keto, Glyx-Diät, Punkte zählen oder Paleo. Die Auswahl ist groß, die Liste ließe sich lange fortsetzen.

Eines hätten aber alle gemein, erklärt Susanne Klaus, Stoffwechselexpertin am Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE): „Diäten sind eigentlich immer kalorienreduziert, und wenn man weniger isst, als der eigene Körper braucht, nimmt man ab. Das ist ein Naturgesetz, egal mit welcher Diät.“

hCG-Diät: Die vermeintliche Abnehmmethopde der Superstars

Extrem ist diese Kalorienreduktion bei der hCG-Diät. Beworben wird sie oft als die Abnehmmethode der Superstars, als eine Diät, mit der man schnell und ohne Hunger abnehmen könne. hCG ist die Abkürzung für humanes Choriongonadotropin, ein Hormon, das der Mutterkuchen während der Schwangerschaft produziert, um den Verlauf der Schwangerschaft positiv zu beeinflussen.

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    Der Botenstoff hCG unterstützt beispielsweise die Nährstoffversorgung des Embryos und sorgt dafür, dass im weiblichen Körper auf Fettreserven zurückgegriffen wird, falls schwangere Frauen nicht genug Nährstoffe und Energie über die Nahrung zu sich nehmen.

    Die hCG-Diät stammt aus den Fünfzigerjahren

    Aufgrund dieser Erkenntnis entwickelte der englische Arzt Albert Simeons 1954 eine Abnehmmethode, bei der er den Teilnehmenden nicht nur das Schwangerschaftshormon spritzte, sondern diese zusätzlich täglich nur maximal 500 Kilokalorien zu sich nehmen durften. Alkohol, Fett und Industriezucker waren tabu, sonstige Kohlenhydrate nur in ganz geringem Maße erlaubt.

    Die Diät ist bis heute auf dem Markt, zahlreiche Bücher sind dazu erschienen. Im Netz könnten Nahrungsergänzungsmittel zusätzlich teuer bestellt werden, um Mangelerscheinungen entgegenzuwirken oder Giftstoffe vom Entschlacken aus dem Körper zu spülen.

    Die Wirksamkeit der hCG-Diät ist wissenschaftlich nicht erwiesen

    Die Wirksamkeit der Hormone auf das Abnehmen ist wissenschaftlich jedoch bis heute nicht bewiesen. „Die hCG-Diät ist aus meiner Sicht unsinnig“, sagt Klaus. Diese würde von keinem ernsthaften Ernährungswissenschaftler empfohlen.

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      Sabine und Christian Hübner* aus Marburg haben es trotzdem versucht. Insbesondere Sabine war mit ihrem Gewicht unglücklich, las sich in die Thematik ein, kaufte Bücher, Vitamin- und Mineralstoffe – und homöopathische hCG-Tropfen.

      In Deutschland nicht zugelassen

      Denn in Deutschland ist das Hormon hCG zur unterstützenden Behandlung des ernährungsbedingten Übergewichts nicht zugelassen. Das gilt laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zwar auch für homöopathisch hergestellte Mittel in Form von Globuli, Tropfen oder Spray. Diese sind jedoch in Apotheken erhältlich.

      Vor fünf Jahren startete Sabine Hübner gemeinsam mit ihrem Mann erstmals in eine hCG-Diät. Sie nahmen Tropfen und Nahrungsergänzungsmittel, wogen Apfelspalten und Blaubeeren ab, mittags und abends gab es oft Hähnchen oder auch mal Meeresfrüchte – ohne Öl, aber mit etwas Wasser in einer Keramikpfanne angebraten. Dazu Gemüse mit Kräutern. „Der Schlüssel bei der ganzen Angelegenheit war, dass wir ganz konsequent geblieben sind“, sagt Christian. „Wir haben uns keine Ausnahmen erlaubt.“

      Beide nahmen in kurzer Zeit 25 Kilogramm ab – er binnen drei Wochen, sie binnen sechs Wochen. Seither machen sie die Diät jedes Jahr ein- bis zweimal. „Mit so viel hatte ich damals nicht gerechnet“, erinnert sich Sabine. „Und ich hätte auch nicht gedacht, dass mich nur 500 Kilokalorien am Tag wirklich satt machen würden.“

      Im Schnitt braucht eine Frau pro Tag etwa 1800 Kilokalorien, ein Mann etwa 2300 Kilokalorien. Übertragen auf jeden Einzelnen können die tatsächlichen Werte aber abhängig von Größe, Alter und körperlicher Aktivität stark variieren und durchaus höher ausfallen. Lesen Sie auch: Warum es so schwer ist, sich von der Magersucht zu befreien

      Ernährungsexperten warnen vor der hCG-Diät

      Auch deshalb warnt die DGE ausdrücklich vor dieser Restriktionsdiät. „Keine seriöse Studie konnte zeigen, dass eine Gabe des hCG-Hormons zu einer schnelleren Gewichtsabnahme führt“, so DGE-Sprecherin Antje Gahl. Selbst dass die Hormongabe ein deutlich geringeres Hungergefühl als bei einer vergleichbaren Reduktionsdiät ohne hCG-Zufuhr bewirken würde und negative Stimmungen während der Diät ausblieben, konnten Studien bislang nicht belegen.

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        Dafür könnten durch die Einnahme des Schwangerschaftshormons hCG durchaus unerwünschte Wirkungen auftreten, so Gahl. Dies seien etwa Kopfschmerzen, Störungen der Regelblutung, Reizbarkeit, Unruhe, Depressionen, Müdigkeit oder auch Ödeme. Auch die pauschale geringe Kalorienzufuhr und die Einseitigkeit des Diätplans dürfe man mit Blick auf die Risiken nicht außer Acht lassen.

        Was Experten stattdessen empfehlen

        Auch Stoffwechselexpertin Klaus betont, dass es wichtig sei, darauf zu achten, dass eine Diät auf eine ausgewogene Ernährung ausgerichtet sei. „Zu empfehlen sind Diäten, die ohne extremes Essverhalten auskommen und die eine natürliche Versorgung mit allen notwendigen Nährstoffen liefern“, so Klaus.

        Aus ihrer Sicht ist es zudem immer sinnvoll, wenn eine Diät mit Bewegungsaktivität kombiniert würde. Bei der hCG-Diät ist explizit nur moderate Bewegung empfohlen. Lesen Sie hier: Gesund abnehmen – Welche Diät ist für mich die richtige?

        Sabine und Christian Hübner kennen die Kritik. Aber das Paar hat das Gefühl, die Diät tue ihnen gut. „Außerdem schleichen sich bei uns im Laufe der Zeit immer wieder alte Verhaltensmuster ein“, erklären die beiden. Die Diät sei quasi ihr jährlicher Reset-Knopf.

        *Namen von der Redaktion geändert