Berlin. Übersetzungs-Apps sind im Urlaub ungemein praktisch. Was können die Dolmetscher fürs Smartphone? Eine Schwäche kann sogar teuer werden.

Kaum waren erste Reisebeschränkungen aufgehoben, stiegen viele deutsche Touristen wieder in den Flieger, zahlreiche werden demnächst folgen. Sie wollen sich den ersehnten Sommerurlaub trotz Corona nicht vermiesen lassen.

Damit am Urlaubsort die Verständigung nicht nur mit Händen und Füßen vonstatten gehen muss, gibt es eine ganze Reihe praktischer Dolmetscher-Apps, die sich vor dem Abflug aufs Smartphone laden lassen.

Übersetzungs-Apps für iPhone und Android-Geräte: Die Auswahl ist groß

Zahlreiche Anbieter stellen in den beiden Stores für iPhones und Android-Geräte Übersetzungs-Apps bereit. Die nützlichen Helfer übersetzen im Auslandsurlaub sekundenschnell ganze Sätze, die man eintippt oder einspricht, in die Landessprache sowie zurück ins Deutsche.

Mit einzelnen lassen sich sogar Hinweisschilder oder Speisekarten übersetzen, indem man einfach die Handykamera darauf richtet. Was können aktuelle Übersetzungs-Apps und wo schwächeln die handlichen Dolmetscher noch?

Stiftung Warentest: Keine Übersetzungs-App besser als „befriedigend“

„Allrounder-Apps mit vielen Sprachen sind für viele erstmal sehr hilfreich“, sagt Martin Gobbin unserer Zeitung. Der Technik-Redakteur der Stiftung Warentest (Heft 05/2020) hat mit einem Expertenteam acht Anbieter von Übersetzungs-Apps für Android und iOS genauer unter die Lupe genommen.

Dabei ist keine der Apps über ein „Befriedigend“ hinausgekommen. Den einen Alleskönner suchen Urlauber vergebens. Jede App offenbarte Stärken und Schwächen. Und so gut die Künstliche Intelligenz (KI) der Dolmetscher-Programme mit Texten zurechtkommt, so schwer tut sie sich noch, wenn sie Spracheingaben oder sogar Bilder sprachlich umwandeln soll.

Schriftliche Übersetzung: Die Grundübung meistern Apps alle solide

Wörter und ganze Sätze vom Deutschen in – je nach Anbieter – zig Fremdsprachen übertragen oder andersherum: Diese Grundübung beherrschten die Anwendungen alle passabel, Pons sogar gut.

Stiftung Warentest hat die Apps anhand von fünf gängigen Urlaubssprachen bewertet: Neben Englisch sind das Französisch, Italienisch, Spanisch und Türkisch. Im Englischen trumpfen die meisten Apps auf, hier kann die KI auf die meisten Trainingsdaten zurückgreifen. Zu den übrigen Sprachen im Test fiel die Qualität aber nicht deutlich ab.

Sprach-Eingabe und -Ausgabe: Wo es schwierig wird

Bequemer als das Eintippen langer Sätze ist die Spracheingabe. Die Software gibt auf dem Bildschirm blitzschnell die passende Übersetzung aus oder sagt diese sogar an – in korrekter Aussprache. Im Vergleich zur Texteingabe klappt das aber laut der Tester weniger zuverlässig: Trotz Muttersprachlern und ruhiger Laborumgebung kam es häufiger zu Fehlern.

Somit dürfte die Übersetzung noch öfter versagen, wenn der Nutzer Dialekt spricht oder an einer lauten Hauptstraße ins Smartphone nuschelt. „Texteingaben sind für die Apps deutlich leichter. Sie können weniger oft fehlgedeutet werden“, erklärt Gobbin. Einzelne Apps wie die von Google können sogar ganze Dialoge direkt übersetzen.

Schilder übersetzen per Kamera: Nachsitzen, liebe Hersteller!

Äußerst praktisch: Muss man am Urlaubsort Hinweis- und Straßenschilder oder Speisekarten übersetzen, genügt es bei manchen Apps, die Smartphonekamera darauf zu richten. Schon erscheint die – oft – korrekte Übersetzung auf dem Bildschirm. Die Funktion ist bei Sprachen mit nicht-lateinischen Buchstaben besonders hilfreich, wie Chinesisch, Russisch oder Griechisch.

Halbwegs gut klappte das im Test beim Google Übersetzer. Bei iTranslate, Microsoft und Promt waren die Ergebnisse noch schwächer.

Übersetzen ohne Internet: Offline-Funktion oft kostenpflichtig

Einzelne Apps wie die von Google, iTranslate oder Microsoft können die Sprachpakete vor der Reise aufs Smartphone herunterladen, ideal für Bahn, Flugzeug oder ländliche Gebiete ohne Netzausbau. Außerhalb der EU spart man sich so teure Roamingkosten oder umgeht, dass Länder wie China oder Iran Google-Dienste blocken. Nachteil: Die Spracheingabe fällt dann weg. Die Offline-Funktion ist oft nur Teil der kostenpflichtigen Version.

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Wann Übersetzungs-Apps scheitern

Die handlichen Übersetzer werden zwar stetig ausgereifter. Doch an der Grammatik und anspruchsvollen Aufgaben scheitert die Software noch regelmäßig: Füttert man die App mit Sprichwörtern und Redewendungen, mit bildlicher Sprache oder Wortwitzen, dann spucken die Übersetzer teils hanebüchene Ergebnisse aus, die falsch oder komplett irreführend sind, berichtet Gobbin.

Ein scherzhaftes „Ich verstehe nur Bahnhof“ wurde bei den Testern zu „All I understand is train station“ statt zu „I do not understand a word“.

Probleme bereiten der Software auch doppeldeutige Begriffe: Das Schild „Fine for parking“ kann im Deutschen heißen „Gut zum Parken“ oder „Geldstrafe fürs Parken“. Heikel, wenn die App hier den falschen Kontext wählt.

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    Datenschutz: Hier schwächeln viele Anbieter

    Wer Wert auf Datenschutz legt, sollte bei der Wahl seiner Übersetzungs-App zweimal hinsehen: Stiftung Warentest etwa zog sechs von acht untersuchten in dieser Kategorie Punkte ab. Nur Pons und Promt lösten das gut.

    Kritisiert wurden drei Punkte:

    • Die Datenschutzerklärung war mitunter nur auf Englisch verfügbar und/oder zu lang und unverständlich, etwa bei Google und Microsoft.
    • Andere Apps gaben Daten ohne klaren Grund an Facebook weiter (darunter iTranslate, Pons, Promt und Talkao).
    • Manche App fordert unnötige Berechtigungen: Pons und Talkao für die Standort-Daten des Nutzers, Talkao für das Adressbuch. Immerhin machten alle im Test-Betrieb keinen Gebrauch davon.

    Fazit: Welche App ist urlaubsreif?

    Mit dem kostenlosen und bedienerfreundlichen Google Übersetzer kommen Auslandstouristen sehr weit. Besonders wer gern per Kamera Schriften auf Objekten übersetzen will, erhält hier ein vernünftiges Gesamtpaket.

    Bei Bedarf kombiniert man Googles Dolmetscher einfach mit einer weiteren App wie dem Testsieger Pons, iTranslate oder dem umfangreichen Microsoft Übersetzer – sofern einen das ständige Wechseln nicht stört.

    Längere Texte übersetzt die Software des Kölner Anbieters DeepL am zuverlässigsten. Hier muss man aber auf eine App, Spracheingabe und eine Offline-Funktion verzichten. Wer exotische Sprachen oder nicht-lateinische Schriftzeichen übersetzen muss der fährt besser mit darauf spezialisierten Apps.

    Herausragend arbeitet noch keine Anwendung. Doch auch mit einer mittelmäßigen Übersetzungs-App steht man im Urlaubsort besser da, als wenn man mit Händen und Füßen sein Glück versuchen muss.