Berlin. UV-Strahlung kann unser größtes Organ irreparabel schädigen – nur wenige schützen sich richtig, mahnen Experten. Worauf es ankommt.

  • Pünktlich zu Beginn des Sommers steigen die Temperaturen
  • Zu viel Sonneneinstrahlung kann allerdings schädlich sein
  • Die besten Tipps, um sich gegen Sonnenstrahlen zu schützen, finden Sie in der Übersicht

Sommer, Sonne, Sonnenschein und Sonnencreme-Küsse auf der Haut. Selbst ins deutsche Liedgut hat die Sonnencreme wie selbstverständlich Einzug gehalten. Mit der Anwendung sieht es dagegen schon schwieriger aus. Dass es an sich wichtig wäre, sich vor der Sonne zu schützen, ist den meisten mittlerweile zwar bekannt, wie man das effektiv macht, aber offenbar nicht.

Aus Sicht von Thomas Dirschka vom Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) wäre es am besten, sich gar nicht erst in die Sonne zu legen und sich dort ohne textilen Schutz aufzuhalten. „Ich weiß nicht, ob das unrealistisch ist, wenn man so etwas als Dermatologe fordert“, so Dirschka. „Ich habe hier heute Morgen 120 Patienten gesehen. Davon hatten 70 Patienten irgendeine Form von Hautkrebs.“ Es würden immer mehr.

Die UV-Strahlung der Sonne führt beim Sonnenbrand zu einer Entzündung der Haut. „Es ist ein Schädigungsprozess, eine akute Abwehrreaktion des Körpers“, erklärt der Münchner Hautarzt Christoph Liebich, Mitglied in zahlreichen medizinischen Fachgesellschaften. Die durch UV-Strahlung entstandenen Schäden sammeln sich im Laufe des Lebens an und seien irreparabel. Nach Ansicht von Liebich könne man Sonnenbrand daher getrost als Raubbau am eigenen Körper bezeichnen.

Sonnenschirm, Sonnenhut, Sonnenbrille: Auf Prüfsiegel achten

Oberstes Ziel ist laut den Experten daher, Sonnenbrand zu vermeiden und so unter anderem das Hautkrebsrisiko zu senken. „Das erreicht man, indem man freie Areale möglichst bedeckt, wenn man in der Sonne ist“, erklärt Dermatologe Dirschka. Das Beste sei laut den Experten physikalischer Sonnenschutz wie Sonnenschirm, Sonnenhut, Sonnenbrille, Kleidung, die zumindest die Schultern bedecke, idealerweise UV-Schutzkleidung – gerade bei Kindern.

„Wichtig ist, dass man hier darauf achtet, keine Fake-Produkte zu kaufen, sondern Kleidung mit Prüfsiegel beispielsweise vom Tüv“, rät Liebich. Erst als nächster Schritt komme dann überhaupt der Creme-Lichtschutz ins Spiel, betont Dirschka. „Das ist ein Add-on, aber es ist nicht das Entscheidende.“ In der Zeit mit der höchsten UV-Einstrahlung von elf Uhr bis 16 Uhr sollte man sich außerdem grundsätzlich im Schatten aufhalten.

So schützen Sie Ihren Körper vor Hitze

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    Viele vergessen, Fußrücken, Ohren oder Glatze mit Sonnencreme einzureiben

    Ein weiteres großes Problem sehen die Experten in der falschen Anwendung der Sonnenschutz-Produkte. „Es gibt Untersuchungen, die zeigen, wie gut sich Menschen eincremen, und da sieht man oft Defizite“, erklärt Dirschka. Regelmäßig vergessen würden Fußrücken, Unterschenkel, Oberarminnenseiten, seitliches Gesicht, Ohren und Glatze.

    Hinzu komme, dass die Lichtschutz-Präparate meist viel zu dünn aufgetragen würden. Zwei Milligramm pro Quadratzentimeter Haut sollten es laut Liebich sein. Das entspricht den Prüfkriterien, unter denen die Produkte die auf der Packung angegebenen Lichtschutzfaktoren erreichen. „Das ist aber eine riesige Menge – unrealistisch riesig“, kritisiert Dirschka.

    Wie Sonnencreme richtig aufgetragen wird

    „Wenn man so viel aufträgt, dann müsste man 35 Milliliter für einen durchschnittlichen Erwachsenen bei jedem Auftragen anwenden.“ In einer normalen Flasche Sonnencreme sind meist 200 Milliliter. „Das hieße, sie ist nach sechsmal Anwenden verbraucht“, so der Dermatologe.

    Bedenkt man, dass man laut den Experten etwa alle zwei Stunden nachschmieren sollte, gerade wenn man schwimmt, Sport treibt oder auf einem Handtuch liegt und schwitzt, wäre eine Packung also spätestens nach zwei bis drei Urlaubstagen leer. „Die meisten kommen nach 14 Tagen Sommerurlaub aber mit einer halben Flasche wieder nach Hause“, so Dirschka. „Eigentlich bräuchte man eine Neudefinition des Lichtschutzfaktors, der sich an den tatsächlichen Verbraucherbedingungen orientiert – daran, wie eine Person das Sonnenschutzmittel tatsächlich aufträgt.“

    Häufiges Nachcremen erhöht den Sonnenschutz nicht

    Dirschka und Liebich raten, zu einem sehr hohen Faktor zu greifen, damit durch das Unterschreiten der Auftragdicke zumindest noch ein ausreichend guter Lichtschutzfaktor erreicht wird. „Nehmen wir mal an, jemand verwendet einen Lichtschutzfaktor 50 + und cremt sich mit einem Milligramm pro Quadratzentimeter ein. Also mit der Hälfte, dann erreicht er immerhin noch einen Lichtschutzfaktor von 20“, erklärt der BVDD-Experte.

    Häufiges Nachcremen bringt laut Experten übrigens nichts. „Bei einem Mitteleuropäer liegt die Eigenschutzzeit bei einem UV-Index von acht bei fünf bis zehn Minuten“, so Dirschka. Selbst mit einer 50er-Sonnencreme, mit der man rein rechnerisch per se eine Sonnenschutzzeit von bis zu 500 Minuten pro Tag erreichen würde, sei aufgrund von Abrieb und zu dünnem Auftragen lediglich eine Stunde reell. „Dann ist das Maß für den Tag voll.“

    Wie sich chemische und physikalische UV-Filter unterschieden

    Welche Art von Lichtschutzpräparat man verwendet, sei dagegen eine individuelle Entscheidung, so die Experten. Grundsätzlich unterscheide man zwischen zwei verschiedenen Arten von UV-Filtern, erklärt Liebich, chemischen und physikalischen. „Weiter verbreitet ist Sonnencreme mit chemischen Filtern, die in die Haut einziehen“, so der Dermatologe.

    Das UV-Licht setze dann einen Umwandlungsprozess der chemischen Sub­stanz in Gang, die Energie des UV-Lichts werde in der Folge verbraucht, und so könne das UV-Licht am Ende eben nicht mehr in die Haut eindringen.

    Physikalische UV-Filter dagegen bleiben an der Hautoberfläche – und erzeugen dort bei einigen Präparaten eine weißliche Färbung. „Hier wird die Sonne sozusagen reflektiert“, erklärt Liebich. „Winzig kleine Partikel oxidierter Metalle, sei es beispielsweise Zink oder Titan, liegen hier einfach auf der Haut, ohne mit dieser zu interagieren.“

    Strand in Warnemünde in Mecklenburg-Vorpommern: Sonnencreme hilft immer nur für einen begrenzten Zeitraum vor schädlicher UV-Strahlung. Experten raten daher zu physikalischem Schutz – etwa Sonnenhüten oder Sonnenschirmen.
    Strand in Warnemünde in Mecklenburg-Vorpommern: Sonnencreme hilft immer nur für einen begrenzten Zeitraum vor schädlicher UV-Strahlung. Experten raten daher zu physikalischem Schutz – etwa Sonnenhüten oder Sonnenschirmen. © dpa | Jens Büttner

    Chemische UV-Filter könnten hormonell wirken

    Angst vor Hautirritationen durch die chemischen Filter seien laut den Experten weitestgehend unbegründet. Nach Angaben der Deutschen Haut- und Allergiehilfe sind alle chemischen Filter in heute erhältlichen Produkten toxikologisch unbedenklich und das Allergierisiko damit extrem gering.

    Einige chemische UV-Filter stehen allerdings im Verdacht, hormonell zu wirken. „Hier gibt es eine sehr breite Diskussion, und ich will das nicht komplett ausschließen“, meint Dirschka. Insbesondere kleinen Kindern empfiehlt der Hautarzt daher eher physikalische Filter. „Ich persönlich bevorzuge auch physikalische Produkte, aber Sie haben halt diesen Weißel-Effekt, insbesondere, wenn die Partikel im Wasser zusammenlaufen“, so der Dermatologe. „Deswegen ist kosmetisch die Akzeptanz für chemische Faktoren größer.“

    Sonnencreme schadet Fischen und Korallen

    Was man bei der Wahl des eigenen Sonnenschutzproduktes zusätzlich beachten sollte: Gewisse chemische Filter sind für marine lebende Lebewesen schädlich und fördern zum Beispiel die Korallenbleiche. „Deswegen haben manche Staaten, wie zum Beispiel Hawaii, Palao oder Borneo die Verwendung von Oxybenzon oder Octinoxat verboten“, erklärt Dirschka. „Egal ob dort oder hier – am Ende gelange alles irgendwo ins Wasser.

    Entscheidend sei laut der Experten auch die Grundlage, in die der Schutzfaktor eingebracht werde. Diese sollte dem eigenen Hauttyp entsprechen. „Habe ich eine fettige Haut, brauche ich eher nur ein wasserhaltiges Gel oder Spray“, erklärt Liebich. „Habe ich eine trockene Haut, nehme ich eine Creme-Grundlage, weil sie für meine Haut kompatibler ist.“

    Aufgetragen werden müssten die Produkte mit chemischen Filtern bereits eine halbe Stunde, bevor man in die Sonne gehe, ergänzt Dirschka. Erst nach dieser Einwirkzeit würden diese anfangen zu schützen. Bei älteren oder angebrochenen Packungen, empfiehlt er zudem einen Sicht- und Geruchstest. „Ist sie nicht in ihre Phasen zerfallen oder riecht ranzig, kann man sie noch getrost verwenden.“

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