Berlin. Airlines streichen immer mehr Flüge innerhalb Europas. Betroffene haben Anspruch auf Entschädigung – solange die nicht vorher stornieren.

Lufthansa, Easyjet, Ryanair, British Airways: Immer mehr Flüge innerhalb Deutschlands und Europas werden in Folge des Coronavirus gestrichen – vor allem von und nach Italien. Was viele Reisende nicht wissen: In solchen Fällen besteht grundsätzlich Anspruch auf Entschädigung.

Grundlage ist die EU-Fluggastrechte-Verordnung 261/2004, kurz „EU-VO“. Dies gilt jedoch nur, wenn der Passagier den Flug im Vorfeld nicht schon selbst storniert hat.

Entschädigung bei gestrichenen Flügen: Das sagt die EU-VO

Annulliert eine Airline Flüge, ist die ausführende Fluggesellschaft grundsätzlich zur Ausgleichsleistung verpflichtet (Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 7 Abs. 1). Darauf weist unter anderem weist das Express-Entschädigungsunternehmen EUflight.de hin.

Ausnahme: Die Fluggesellschaft kann die Ausgleichsleistung mit Verweis auf „außergewöhnliche Umstände“ ablehnen. Der Rahmen dafür ist allerdings klar vorgegeben. Die Fluggesellschaft muss dabei beweisen, dass ein außergewöhnlicher Umstand vorgelegen hat und dieser sich direkt auf den betreffenden Flug ausgewirkt hat.

Zusätzlich muss die Airline laut EU-VO nachweisen, dass sie alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um die Annullierung zu verhindern. Von dem Begriff „außergewöhnliche Umstände“ sollen nur Umstände umfasst sein, die außerhalb der normalen Betriebstätigkeit einer Fluggesellschaft liegen.

Flugreisende müssen pokern: Selbst stornieren oder abwarten?

„Wenn ein nicht ausgelasteter Flug aus betriebswirtschaftlichen Gründen annulliert wird, liegt hierin kein außergewöhnlicher Umstand, der die Fluggesellschaft von einer Entschädigungszahlung befreit. Das unternehmerische Risiko hinsichtlich der Flugzeugauslastung trägt allein die Fluggesellschaft“, sagt der auf Fluggastrecht spezialisierte Hamburger Rechtsanwalt Moritz Diekmann.

„Flugreisende stehen vor einer taktischen Entscheidung“, meint Lars Watermann, Geschäftsführer von EUflight.de. „Stornieren sie ihre Buchung, bekommen sie - wenn überhaupt - nur einen kleinen Teil des Reisepreises erstattet. Streicht die Fluggesellschaft die Verbindung, besteht in den allermeisten Fällen Anspruch auf Entschädigung und auf Erstattung des gesamten Reisepreises. Daher sollten Passagiere mit der Flugstornierung abwarten“, rät Watermann.

Entschädigung bei Corona-Flugausfällen oder nicht: Was Flugreisende jetzt wissen müssen

Anspruch auf Entschädigung besteht, wenn

  • eine Flugstreichung betriebswirtschaftliche Gründe hat, etwa durch starken Rückgang der Nachfrage bei Geschäfts- und Privatreisen
  • der Fluggast über die Annullierung innerhalb von 14 Tagen vor dem geplanten Abflug informiert wurde
  • dem Fluggast keine angemessene Ersatzbeförderung angeboten wurde, die die Kriterien des Artikel 5 c) der EU-VO erfüllt

Kein Anspruch auf Entschädigung besteht, wenn der Fluggast

  • über die Annullierung mehr als 14 Tage im Voraus informiert wurde
  • eine angemessene Ersatzbeförderung gemäß Artikel 5 c) EU-VO erhalten hat
  • die Reise nicht antritt oder den Flug selbst storniert. Wichtig: in diesem Fall wird auch der Reisepreis – abhängig von der Buchungsklasse – nicht oder nur zu einem kleinen Teil erstattet.

Hat das jeweilige Auswärtige Amt für ein Reiseland eine Reisewarnung ausgesprochen, kann sich die Fluggesellschaft grundsätzlich auf einen sogenannten außergewöhnlichen Umstand berufen, der sie von der Entschädigungspflicht befreit.

Die gute Nachricht für Urlauber: Viele der aktuell gestrichenen Verbindungen, etwa nach Italien, berechtigen grundsätzlich zu einer Entschädigung – denn innerhalb der EU gibt es keine Reisebeschränkung.

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