Arbeitnehmer sollten ihr Profil und ihre Posts in sozialen Netzwerken nicht nur als privat ansehen. Äußerungen können für Ärger sorgen.
„Fliege nach Afrika. Hoffentlich krieg ich kein Aids. Nur ein Scherz. Ich bin weiß!“ Diesen geschmacklosen Scherz twitterte Justine Sacco, bevor sie Ende 2013 in London in einen Flieger nach Kapstadt stieg. Während des Flugs brach ein Shitstorm über die 30-Jährige herein. Als sie elf Stunden später landete, hatte ihr Arbeitgeber sich bereits öffentlich von ihr distanziert. Wenig später war Sacco ihren Kommunikationsjob bei einem großen US-Medienkonzern los.
Das Beispiel zeigt: Was Arbeitnehmer ins Netz schreiben, kann Auswirkungen auf die Karriere haben. Das gilt selbst dann, wenn es sich dabei um private Witze vor überschaubarem Publikum handelt: Als sie sich um Kopf und Kragen twitterte, hatte Sacco in dem sozialen Netzwerk etwa 170 Follower. Doch als die den Witz mit anderen teilten, ging er in kurzer Zeit einmal um die Welt.
Immer wieder innehalten und überlegen, wie man sich präsentiert
Natürlich muss ein unbedachter Post nicht gleich zur Kündigung führen. Trotzdem lohnt es sich für Internetnutzer, immer wieder innezuhalten und zu prüfen: Wie wirkt das, was ich im Netz tue, auf andere? Könnte ich mich mit dem, was ich schreibe oder poste anders präsentieren als ich von anderen Menschen gerne wahrgenommen werden möchte? Einen gekünstelten Auftritt muss deshalb niemand hinlegen. „Das Netz ist ja keine abgekoppelte, fremde Welt, sondern bildet mehr oder weniger das reale Leben ab“, sagt die Kommunikations- und Strategieberaterin Kerstin Hoffmann. „So wie im richtigen Leben kann man sich nicht dauerhaft verstellen.“
Von übertriebener Zurückhaltung aus Angst vor dem Fettnäpfchen hält die Expertin ebenfalls wenig. „Das eigene Bild im Netz muss sich nicht auf rein Berufliches beschränken und sollte nicht zu steril daherkommen“, rät sie. Hobbys, Vorlieben und der Sinn für Humor dürfen und sollen also auch im Netz vorkommen. „Wenn jemand nicht total danebengreift, dann wird ihm nicht irgendwann das eine Partyfoto auf die Füße fallen“, so Hoffmann. Entscheidend sei immer das Gesamtbild.
Berufsnetzwerke könnten in manchen Bereichen auch als Pflicht gesehen werden
In welchen Netzwerken und mit welchen Werkzeugen sich ein Arbeitnehmer am besten präsentiert, hängt deshalb immer von der eigenen Person ab. Wer gerne viel schreibt, braucht ein eigenes Blog. Fotos landen bei Insta-gram, Videos bei YouTube, Kurzes und Bündiges bei Twitter. Wer keine Lust auf soziale Netzwerke hat, kann auch einfach eine simple Webseite oder eine virtuelle Visitenkarte ins Netz stellen. Mit Diensten wie Jimdo, Squarespace oder About.Me schaffen das auch Computermuffel locker.
Und natürlich spielt auch die Branche eine Rolle. Ein Profil bei Berufsnetzwerken wie Xing und LinkedIn ist in machen Bereichen zum Beispiel fast Pflicht, erklärt Hoffmann. Den Rest bestimmt der Job: „Ein Grafikdesigner muss sich natürlich als kreativer erweisen als, sagen wir einmal, ein Buchhalter.“ Auf diese Weise dient das Netzprofil sogar als Arbeitsprobe bei der Jobsuche – positiv wie negativ: „Wenn Sie sich als Social-Media-Manager irgendwo bewerben, aber Sie haben nur einen kaum bespielten Twitter-Account mit 23 Followern, dann wirkt das einfach unglaubwürdig.“
Netzwerke ist gut, aber richtig
Je nach Profil ist das möglicherweise eine Menge Arbeit – die sich aber auszahlen kann. Gut im Netzwerken zu sein, war schließlich auch schon vor dem Siegeszug des Internets ein Vorteil. „Von vielen interessanten Jobs erfährt man gar nicht über Stellenanzeigen, sondern über Kontakte“, nennt Hoffmann ein Beispiel. So kann der berühmte Jemand, der jemanden kennt, der jemanden kennt, im Jahr 2016 auch ein Twitter-Kontakt sein.
Allerdings wird ein problematischer Auftritt im schlechtesten Falle zur Karrierebremse. Und zwar vor allem dann, wenn man sich in einem sozialen Netzwerk abfällig über seinen Arbeitgeber äußert, über ihn herzieht oder sogar beleidigt. Da mag sich manch einer sicher fühlen, weil er es schließlich auf dem privaten Account veröffentlicht. Das mag privat sein, doch wird es gesehen. „Ich habe natürlich auch als Arbeitnehmer ein Recht auf freie Meinungsäußerung – in einem gewissen Rahmen“, sagt der Rechtsanwalt Michael Terhaag. Beleidigungen wie „Menschenschinder“ seien nicht in Ordnung, beweisbare Tatsachenbehauptungen aber schon. Gegen Gemecker im Stil von „Diese Woche jeden Tag Überstunden ...“ spricht also nichts – wenn es denn stimmt.
Bei Meinungsäußerungen, die nichts mit dem Unternehmen zu tun haben, ist die Rechtslage nicht ganz so klar. Geschmacklose Witze und politische Hetze können dann je nach Job und Position Folgen haben. „Der Pförtner kann sich weiter aus dem Fenster lehnen als der Pressesprecher“, ordnet es Terhaag ein. „Und für Auszubildende gibt es manchmal einen gewissen Welpenschutz.“ Ihnen mag man noch jugendlichen Übermut unterstellen.
Manche Unternehmen haben Verhaltensregeln im Netz entwickelt
Wer im Netz gerne kontrovers diskutiert, sollte deshalb wenigstens deutlich machen, dass er damit nicht für seinen Arbeitgeber spricht. Einen Satz wie „Das hier ist meine persönliche Meinung“ in der Twitter-Bio hält Anwalt Terhaag deshalb immer für eine gute Idee. Womit man dennoch nicht gänzlich aus der Verantwortung ist. Wer hetzt oder miese Sprüche klopft, wird von Chef oder Personalern nicht als Scherzkeks, sondern als menschlich zweifelhaft wahrgenommen. „Wenn ich völlig über die Stränge schlage, schützt das eben auch nicht vor den Konsequenzen“, warnt Terhaag.
Im besten Fall hat der Arbeitgeber für solche Fälle Social-Media-Guidelines mit Verhaltensregeln für das Netz oder wenigstens einen festen Ansprechpartner für Fragen und Probleme. „Die Unternehmen, die sich halbwegs für das Thema interessieren, haben das inzwischen fast immer“, sagt Tobias Arns, Bereichsleiter Social Media beim IT-Verband Bitkom. Drei Viertel der Unternehmen in Deutschland nutzen nach Angaben des Verbands soziale Netzwerke für die interne oder die externe Kommunikation.