Hamburg. Zu viel Sonne schadet der Haut und kann Hautkrebs hervorrufen. Steigerungsraten von etwa fünf bis sechs Prozent in Europa.
Eigentlich müsste es inzwischen jeder wissen: Zu viel Sonne schadet der Haut und kann Hautkrebs hervorrufen. „Trotzdem scheinen nicht alle ausreichend aufgeklärt“, meint Prof. Ingrid Moll, Direktorin der Klinik für Dermatologie am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE). Darauf zumindest ließen Strandszenen schließen von am Wasser spielenden nackten Kindern und in der Mittagssonne brutzelnden Sonnenanbetern. „Wir hoffen seit dem Jahr 2000, dass die Fälle von Hautkrebs zurückgehen“, so Moll. Das Gegenteil sei jedoch der Fall, wie die jährlichen Steigerungsraten von etwa fünf bis sechs Prozent in Europa zeigen.
„Allein in Deutschland wurden im vergangen Jahr rund 250.000 Neuerkrankungen erfasst“, sagt Prof. Volker Steinkraus, Leiter des Dermatologikum Hamburg. Dabei werde der weit größere Anteil gar nicht gemeldet, er schätzt die tatsächliche Zahl vier Mal so hoch ein. Gleichwohl: „Die Hautkrebsvorsorge hat in Deutschland viel gebracht, die Menschen kommen heute sehr früh“, resümiert Steinkraus.
Je nach Form tritt Hautkrebs unterschiedlich häufig auf. „Bei zehn Prozent der registrierten Fälle handelt es sich um schwarzen Hautkrebs, der meist dunkle Wucherungen produziert“, sagt Steinkraus. Dabei entstehe etwa die Hälfte davon aus Muttermalen. Bei solch einem malignen Melanom entarten die für die Pigmentbildung verantwortlichen Hautzellen. „Rechtzeitig diagnostiziert, kann der Arzt das Muttermal einfach herausschneiden“, sagt Dr. Peter Mohr von der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie in Buxtehude. Dann lassen sich etwa 95 Prozent der Fälle heilen. Im Verlauf gilt: Je dicker das primäre Melanom, desto schlechter die Aussichten.
Die Zukunft gehört individualisierten Behandlungen
Besonders gefährlich wird es, wenn das Melanom bereits Metastasen gebildet hat, die in innere Organe und Knochen dringen können. „Aber auch hier haben sich die Chancen spürbar verbessert“, erklärt Mohr. Sie liegen inzwischen bei bis zu 50 Prozent. Nach der Operation stärken etwa immunologische Medikamente die körpereigene Abwehr, indem sie deren Kommunikation mit dem Tumor verändern. „Es schickt dann sozusagen seine Krieger in die Haut und zerstört die Krebszellen vor Ort“, erklärt Steinkraus. Althergebrachte Chemotherapien würden heute nur noch selten angewendet. Die Zukunft gehöre individualisierten Behandlungen, ausgerichtet am genetischen Charakter des Tumors.
„Weißer Hautkrebs lässt sich fast immer gut behandeln“, sagt Moll vom UKE. Dabei unterscheiden Ärzte Basalzellkarzinome (auch Basaliome) und Plattenepithelkarzinome (auch Stachelzellkrebs). Während sich bei den Basaliomen zuerst helle Erhebungen bilden, aus denen dann kleine Knötchen entstehen, macht sich die Vorstufe des Stachelzellkrebses als rötliche, krustige Erhebung bemerkbar. Meist kommt heller Hautkrebs am Kopf, Hals oder den Händen vor und wächst über mehrere Jahre. Unkontrollierte Wucherungen können später, wenn auch selten, tieferes Gewebe und Knochen angreifen. „In der Vorstufe helfen noch Salben, manchmal kombiniert mit einer Lichttherapie“, sagt Moll. Im fortgeschrittenem Stadium muss der Arzt operieren, bei größeren befallenen Stellen wird Haut transplantiert. Dabei bleiben oft sichtbare Narben zurück.
„Die Heilungschancen aller Arten des Hautkrebses hängen hochgradig vom frühen Zeitpunkt der Entdeckung ab, zudem kann die Behandlung dann schonender vorgenommen werden“, sagt Dr. Lilia Plate, Hautärztin in der Praxis Dermatologie in Eppendorf. Entsprechend wichtig seien die regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen (siehe Artikel unten). Zudem mache es Sinn, selbst ein wachsames Auge auf die Haut zu haben.
Zur Erkennung des schwarzen Hautkrebses hilft die ABCDE-Regel. Genauer: Asymmetrische Formen, unscharfe Begrenzungen, eine unregelmäßige Farbe (Colour), ein großer Durchmesser oder eine ungewöhnliche Erhabenheit – all dies deutet auf Auf-fälligkeiten hin. „Ein Muttermal ist aber nicht unbedingt bösartig, wenn ein oder mehrere Kriterien zutreffen“, sagt Mohr. Der Arzt unterziehe die Haut einer Gesamtbetrachtung, wobei er nach dem „hässlichen Entlein“ suche, das durch veränderte Form oder Farbe aus dem Rahmen fällt. Patienten würden aber oft selbst über einen guten Instinkt verfügen. „Weißer Hautkrebs hingegen fühlt sich zu Beginn bei Berührung uneben und oft etwas rau an, mitunter lässt sich auch nur eine leichte Verhornung, Rötung oder Schuppung erkennen“, sagt Plate.
Über die Entstehung von Hautkrebs gibt es noch Fragen
Die Mechanismen, über die Hautkrebs im Detail entsteht, sind noch nicht vollständig geklärt. „Zu viel Sonne als Auslöser gilt aber als gesichert“, sagt Mohr. Bei schwarzem Hautkrebs zählt vor allem die intensive Dosis. „Entsprechend häufig betroffen sind deshalb all jene, die am Schreibtisch werkeln und sich in den Sommerferien für wenige Wochen ausgiebig der Sonne aussetzen“, sagt Steinkraus. Anders beim weißen Hautkrebs: Er tritt häufig bei Menschen auf, die sich grundsätzlich viel draußen aufhalten.
„Es geht nicht darum, die Sonne komplett zu meiden“, sagt Mohr. Keiner müsse auf die Wanderung in Andalusien oder den Strandurlaub auf Sizilien verzichten. Um das Risiko zu minimieren, sei aber ein guter UV-Schutz nötig. „Dazu gehört Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 30 bis 50“, sagt Moll. Da der Schutz durch das Schwitzen oder Baden abnimmt, alle zwei Stunden nachcremen und die Creme immer großzügig auftragen. Die Mittagssonne zudem meiden. „Kleidung aus dicht gewobenem Stoff schützt noch besser“, sagt Plate. Dabei sollte man nicht einen Hut mit Krempe vergessen.
Generell gilt zudem: Helle Hauttypen müssen mehr aufpassen als dunklere, und wer bereits vorgebräunt ist, kann etwas mehr Sonne vertragen. „Kinder unter zwei Jahren sollten möglichst gar nicht starker UV-Strahlung ausgesetzt werden“, rät Prof. Volker Steinkraus. Einen hohen Risikofaktor stellen zudem Solariumgänge dar. Diese hat der Gesetzgeber deshalb für Jugendliche unter 18 Jahren inzwischen verboten.