Hamburg. Sicher verreisen? Ein neues Ranking offenbart Europas gefährlichste Städte. Aber die Daten haben Schwächen.

Wo in Europa ist Urlaub sicher? Europäische Großstädte werden oft als sicher eingeschätzt. Doch wie empfinden das die Bewohner und Urlauber wirklich? Ein Online-Ranking zeigt, welche Städte in Europa als besonders gefährlich wahrgenommen werden.

Eine neue Erhebung von „Numbeo“, einem globalen Anbieter von Crowdsourcing-Daten, hat die 126 gefährlichsten Städte Europas ermittelt. Wichtiger Hinweis: Es handelt sich um eine halbjährliche Umfrage zum persönlichen Sicherheitsempfinden. Die Auswertung ist deshalb nicht repräsentativ.

Die zehn unsichersten Städte Europas:

  1. Bradford, Großbritannien (68,1)
  2. Marseille, Frankreich (65,9)
  3. Coventry, Großbritannien (64,9)
  4. Birmingham, Großbritannien (63,5)
  5. Montpellier, Frankreich (62,7)
  6. Neapel, Italien (62,6)
  7. Lüttich, Belgien (60,7)
  8. Grenoble, Frankreich (59,8)
  9. Paris, Frankreich (57,7)
  10. Catania, Italien (57,2)

Platz 1: Die gefährlichste Stadt Europas ist Bradford

Auf dem ersten Platz landet die britische 536.000 Einwohner Stadt Bradford. Der Wert liegt bei 68,1 Punkten, was als hoch gilt. Das bestätigen auch Angaben von „CrimeRate“ zur Kriminalitätsrate, die im Jahr 2023 pro 1.000 Einwohner 158 Verbrechen betrug. Die häufigsten Straftaten waren Gewalt- und Sexualdelikte. Bradford ist eine Stadt, die mit erheblichen sozioökonomischen Herausforderungen zu kämpfen hat. Hohe Arbeitslosigkeit, Armut, soziale Ungleichheit können das Gefühl der Unsicherheit verstärken.

Urban and suburban housing in Bradford, West Yorkshire
Bradford in Großbritannien gilt laut aktuellem Crime Index 2024 als gefährlichste Stadt Europas. © iStock | kelvinjay

Platz 2: Marseille belegt Platz zwei der unsichersten Städte

Die südfranzösische Hafenstadt Marseille befindet sich auf Rang zwei (65,9). In der letzten Erhebung belegte sie mit 65,2 Punkten noch den ersten Platz. Marseille hat mit organisierter Kriminalität zu kämpfen, insbesondere im Drogenhandel und bei Gangkonflikten. Diese beeinflussen das allgemeine Unsicherheitsgefühl in der Stadt, obwohl sie oft auf bestimmte Viertel beschränkt sind. Die starke mediale Berichterstattung über Gewaltverbrechen könnte diese Wahrnehmung zusätzlich verstärken.

Platz 3: Coventry als weitere britische Stadt im Ranking

Mit Coventry reiht sich eine weitere britische Stadt in das Ranking der gefährlichsten Städte in Europa ein. Mit einer Punktzahl von 64,9 belegt es den dritten Platz. Viele Befragten gaben an, dass sie aufgrund der Drogenkriminalität nachts nur noch ungern alleine das Haus verlassen.

In den letzten Jahrzehnten hat Coventry mit wirtschaftlichen Rückschlägen, Arbeitslosigkeit und sozialen Problemen zu kämpfen. Das zeigt sich auch in einer erhöhten Kriminalitätsrate und einem anhaltenden Unsicherheitsgefühl, wie offiziele Statistiken zeigen. Trotz moderner Entwicklungen und Investitionen belegt die Stadt im Ranking von „Numbeo“ den dritten Platz, was auf diese tief verwurzelten sozialen Herausforderungen hinweisen könnte.

Platz 4: Zu den gefährlichsten Städten zählt auch Birmingham

Die Kriminalität und das soziale Ungleichgewicht verschafft der britischen Stadt Birmingham mit einem Wert von 63,5 den Platz vier des Rankings. Damit ist es die dritte britische Stadt in den Top Ten. Die Stadt, bekannt für ihre industrielle Vergangenheit, hat laut offiziellen Statistiken eine Kriminalitätsrate von 130 Straftaten pro 1.000 Einwohner. Diese offiziellen Daten spiegeln das Unsicherheitsgefühl wider, das viele Bewohner und Besucher im Crime Index bewerten.

Platz 5: Montpellier wegen Drogenkriminalität hoch im Kurs

Die südfranzösische Küstenstadt Montpellier rangiert mit 62,28 Punkten an fünfter Stelle. Neben der Drogenkriminalität tragen auch die steigende Zahl von Übergriffen und Diebstählen zum wachsenden Unsicherheitsgefühl der Bewohner bei. Trotz ihrer beliebten Lage und historischen Bedeutung hat die Stadt mit zunehmender Alltagskriminalität zu kämpfen.

Dieb stiehlt Smartphone aus Rucksack
Mit einer Punktzahl von 62,28 belegt Montpellier den fünften Platz unter den gefährlichsten Städten.  © Getty Images/iStockphoto | AntonioGuillem

Platz 6: Auch in Neapel fühlen Menschen sich unsicher

Bekannt als Zentrum des Drogenhandels und Mafia-Hochburg überrascht es nicht, dass Neapel im Crime-Index weit oben steht. Die drittgrößte Stadt Italiens erzielt einen Wert von 62,6. Neapel ist seit langem als Zentrum des Drogenhandels und einer der Hauptsitze der Mafia, insbesondere der Camorra, bekannt.

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Platz 7: Lüttich auf Platz sieben im Kriminalitätsranking

Lüttich in Belgien erreicht mit einem Wert von 60,7 den siebten Platz. Die wallonische Stadt kämpft laut Crime Index unter anderem mit Drogenproblemen und Vandalismus.

Platz 8: Grenoble als weitere französische Stadt im Ranking

Die französische Stadt Grenoble, die gerne als Reiseziel von Wintersportlern gewählt wird, belegt durch einen Crime Index von 59,8 den achten Platz. In vernachlässigten Stadtteilen ist die Kriminalität hoch, besonders Drogenkonsum und -handel sowie Diebstahl sorgen für Unsicherheit bei vielen Befragten.

Platz 9: Pariser fürchten sich vor wachsender Kriminalität

Zu den zehn gefährlichsten Städten in Europa zählt eine weitere Metropole in Frankreich: Paris landet mit 57,7 Punkten auf Platz neun. Paris ist laut des Auswärtigen Amts vor allem von Kleinkriminalität in touristischen Gebieten betroffen. Das bestätigen auch die Auswertungen von „Numbeo“, in denen Befragte die wachsende Kriminalität und Sorge vor (Raub-)Überfällen als ein großes Problem angeben.

Blick auf den Eiffelturm mit Touristen
Wegen Bedenken vor wachsender Kriminalität landet Paris auf Platz neun. © Getty Images | franckreporter

Platz 10: Italienische Küstenstadt Catania noch in den Top Ten

Catania, am Fuße des Ätna, ist eigentlich ein beliebtes Reiseziel in Italien. Doch der derzeitige Kriminalitätsindex von 57,2 trübt die Euphorie bei manchen Touristen vielleicht. Während die Sorgen, beleidigt oder angegriffen zu werden, hier eher gering sind, steigen laut Befragungen die Bedenken in puncto Korruption und Bestechung.

Deutsche Städte im Kriminalitätsranking

Deutschland schneidet im Ranking vergleichsweise gut ab. Erst auf Platz 42 findet man Hannover als erste deutsche Stadt mit einem Index von 46,3, gefolgt von Frankfurt am Main (Platz 44) und Berlin (Platz 47). Interessant ist, dass die Kriminalstatistik des Bundeskriminalamtes für das Jahr 2023 eine andere Reihenfolge zeigt: Die unsichersten Städte waren demnach Frankfurt am Main, Berlin, Bremen und erst an vierter Stelle kommt Hannover.

Was sind die sichersten Städte Europas laut „Numbeo“?

Als sicherste Stadt Europas geht Den Haag (20,4) hervor, gefolgt von Trondheim (20,6), München (20,66) sowie Bern (20,88) und Zagreb (21,20) unter den ersten fünf im Ranking. Weltweit wird Abu Dhabi (11,8) als sicherste Stadt empfunden, Pietermaritzburg in Südafrika (82,54) gilt hingegen als die gefährlichste Stadt der Welt.

So ist entsteht das Ranking der gefährlichsten Städte in Europa

Die Datenbank selbst bezeichnet den Index als Vergleichsinstrument zur Bewertung der relativen Sicherheit verschiedener Städte. Zur Ermittlung des Crime Index werden verschiedene Kriterien abgefragt, darunter das Sicherheitsgefühl beim Spazierengehen, aber auch Bedenken hinsichtlich Belästigungen aufgrund von Hautfarbe oder ethnischer Zugehörigkeit. Dargestellt wird der Index auf einer Skala von 0 bis 100, wobei höhere Werte für ein höheres Kriminalitätsniveau stehen.

Kritik am Crime Index von „Numbeo“

Der Kriminalitätsindex basiert auf Nutzerbefragungen statt auf einer offiziellen Kriminalitätsstatistik für Europa. Das könnte dazu führen, dass die subjektiven Werte das Ergebnis verzerren.

So fällt auf, dass vergleichsweise kleine Städte wie das britische Bradford mit seinen etwa 540.000 Einwohnern auf den ersten zehn Plätzen relativ häufig vorkommen. Millionenstädte wie Neapel oder Paris werden offenbar als sicherer empfunden, obwohl sie in offiziellen Statistiken zur Kriminalität in Europa regelmäßig hohe Fallzahlen aufweisen. Diese Diskrepanz zwischen objektiver Kriminalitätsrate und subjektivem Sicherheitsempfinden wirft zumindest Fragen zur Wahrnehmung und zur Datenerhebung auf.

Bei einigen Ländern ist davon auszugehen, dass deutlich weniger Menschen an der Befragung teilnehmen. So könnten bei beliebten Touristenstädten mehr Antworten eingehen. Hinzu kommt, dass Personen, die schlechte Erfahrungen gemacht haben oder bestimmte Vorurteile hegen, die Umfrageergebnisse unverhältnismäßig negativ beeinflussen können.