Berlin. Viele von uns haben in der Schule hauptsächlich Unfug angestellt. Ganz anders ein Junge aus den USA: Er entdeckte ein wichtiges Bakterium.

Eines lernen wir schon als ganz kleine Kinder: Tote Vögel oder deren Kot sollte man wegen der möglicherweise enthaltenen Krankheitserregern nie mit bloßen Händen anfassen. Vor allem zu Zeiten der Vogelgrippe ist die Infektionsgefahr besonders groß. In den vergangenen Monaten waren vermehrt Vogelgrippe-Fälle festgestellt worden. Dutzende Menschen hatten sich infiziert.

Ein junger Schüler aus der US-Metropole Chicago im Bundesstaat Illinois missachtete diese Warnungen jedoch und brachte Gänse-Kot mit in die Schule.

Krebs: Gänsekot als Forschungsobjekt

Immerhin: In diesem speziellen Fall handelte es sich um ein wissenschaftliches Projekt, der „Kot-Transport“ war also genehmigt. Der Junge präsentierte seinen Fund im „Science-Club“, einer Art Arbeitsgemeinschaft für wissenschaftlich interessierte Kinder aus der Mittelstufe. Während des 14-wöchigen Bildungsangebots sollte der Nachwuchs anhand eines Projekts für wissenschaftliche Berufslaufbahnen begeistert und angeworben werden.

Im Rahmen der Forschungsrunde sollte den Schülern die Suche nach neuen Antibiotika nahegebracht werden. Eine der Aufgaben war es deshalb, im eigenen Haushalt oder der Nachbarschaft nach sogenannten bioaktiven Substanzen zu suchen. Dabei handelt es sich um Nahrungsbestandteile, die eine gesundheitsfördernde Wirkung haben, jedoch keine Nährstoffe im klassischen Sinne sind. Sie können sich in Pflanzen, Nahrungsmitteln oder eben auch im Kot von Tieren verbergen.

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Den Nachwuchs-Forschern wurde dann anhand der mitgebrachten Proben erklärt, wie man ein Bakterium aus den Proben isolieren und wie man sie vermehren kann. Diese Bakterien wurden dann im Anschluss von Wissenschaftlern der University of Illinois genauer unter die Lupe genommen.

Besonders auffällig war dabei ein Bakterium namens Pseudomonas idahonensis., das sich in dem mitgebrachten Gänsekot befand. Im Labor fanden die Wissenschaftler heraus, dass diese Bakterien wiederum das Wachstum eines anderen Bakteriums zu beeindruckenden 90 Prozent hemmen kann. Das gehemmte Bakterium ist vor allem für die Auslösung verschiedener Hautinfektionen bekannt.

Gänse-Kot-Bakterium bietet Heilungsansatz für Krebs

Doch damit nicht genug: Das Pseudomonas idahonensis produzierte während der Beobachtung ein Stoffwechsel-Nebenprodukt, dem mögliche Ansätze zur Heilung von Krebs zugeschrieben werden. Dabei handelt es sich um Orfamid N, das in der wissenschaftlichen Welt bisher noch vollständig unbekannt war.

Andere Orfamide hatten bisher bereits wertvolle medizinische Eigenschaften aufgewiesen. Die US-Forscher untersuchten deshalb, ob dieses Nebenprodukt ebenfalls eine besondere Wirkung hatte. Und tatsächlich: Orfamid N konnte in Laborversuchen das Wachstum von Melanomen (schwarzem Hautkrebs) und Eierstock-Krebszellen verlangsamen. Ob und wie wirkungsvoll Orfamid N langfristig für die Krebsbehandlung werden könnte, soll jetzt in weiteren Studien untersucht werden.

Die Erkenntnisse des Schulprojekts wurden in einem wissenschaftlichen Artikel veröffentlicht. Die Forscher schrieben in einem Statement: „Wir versuchen derzeit, die exakten Verbindung(en) zu bestimmen, die für diese antibiotische Wirkung verantwortlich sind.“ Der Schüler, der den Gänse-Kot mit zur Schule gebracht hatte, wurde in der Studie als Co-Autor aufgeführt.