Berlin. Die Deutschen sind so dick wie nie. Doch wie kann ich zuverlässig erkennen, dass ich zu viel wiege? Eine gängige Methode ist in der Kritik.
„So dick war Deutschland noch nie“, meldete die Deutsche Gesellschaft für Ernährung bereits vor sieben Jahren: Etwa jeder zweite Mann und jede dritte Frau war übergewichtig. „In der Altersklasse der Berufstätigen ist das Dicksein längst der Normalzustand“, so die DGE weiter.
Die Situation hat sich seitdem nicht verbessert, im Gegenteil. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) gaben zuletzt 46,6 Prozent der Frauen und 60,5 Prozent der Männer an, zu viel zu wiegen. Doch wann ist man eigentlich wirklich übergewichtig und wie stellt man das fest?
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Für eine Antwort auf diese Fragen wird häufig der Body-Mass-Index herangezogen, kurz BMI. „In der Praxis wird er häufig verwendet, weil er einfach zu erheben ist und eine gewisse Aussagekraft bei der Einschätzung des Ernährungszustands hat. Er kann Laien helfen, ein Bewusstsein zu entwickeln“, sagt Geraldine de Heer, Leiterin des Ernährungsteams des Uniklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE).
Übergewicht: „Eine Hauptursache für vermeidbare Todesfälle“
Bewusstsein fürs Gewicht ist deshalb von Bedeutung, weil Übergewicht, vor allem in seiner extremen Form, die Gesundheit stark belastet. „Aus medizinischer Sicht ist Übergewicht, vor allem die Adipositas, eine der Hauptursachen für vorzeitige und vermeidbare Todesfälle“, erklärt die Deutsche Herzstiftung. Denn das Zuviel an Kilos sei häufig verbunden mit hohem Blutdruck, hohen Blutfett- und Blutzuckerwerten. Darüber hinaus steigen bei Fettleibigkeit die Entzündungswerte im Körper und das Risiko, an Krebs zu erkranken.
„Der BMI ist ein sehr wichtiger Baustein, um über Übergewicht und Adipositas aufzuklären“, sagt Yurdagül Zopf, die am Universitätsklinikum Erlangen das Hector-Center für Ernährung, Bewegung und Sport leitet. Zopf würde es sehr begrüßen, wenn jeder wüsste, was der BMI ist.
Um den BMI zu berechnen, teilt man sein Körpergewicht in Kilogramm durch die Körpergröße in Meter zum Quadrat. Das Ergebnis gibt Auskunft über die Abweichung des Gewichts vom Normalwert für eine Person ihrer Größe. Es gibt viele Seiten im Internet, die bei der Berechnung helfen.
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Abweichungen möglich - Grund ist das Alter
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden die BMI-Werte bei Erwachsenen wie folgt eingeteilt:
- unter 18,5 - Untergewicht
- 18,5 bis 24,9 - Normalgewicht
- 25,0 bis 29,9 - Übergewicht
- 30,0 bis 34,9 - Adipositas Grad I
- 35,0 bis 39,9 - Adipositas Grad II
- über 40 - Adipositas Grad III
Wer beispielsweise den BMI-Rechner der Techniker Krankenkasse (TK) nutzt, wird aber feststellen, dass die Interpretation der Werte von den WHO-Angaben abweichen kann. Grund dafür ist das Alter, das dazu führen kann, dass sich das Normalgewicht nach oben verschiebt.
„Unser BMI-Rechner und die damit einhergehende Einteilung in Normal-, Unter- oder Übergewicht basiert auf den Ergebnissen neuer Studien und der Empfehlung des amerikanischen National Research Councils“, erklärt eine TK-Sprecherin auf Anfrage. Diese Erkenntnisse besagten, dass das Normalgewicht mit dem Alter steige. Auch Werte von über 25 können dabei etwa für Über-50-Jährige noch Normalgewicht bedeuten.
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Kein Unterschied zwischen Muskel- und Fettgewebe
Der BMI beschreibt seit fast 200 Jahren das durchschnittliche Körpergewicht. Der belgische Mathematiker Adolphe Quetelet stellte im Jahr 1832 fest, dass das Gewicht mit dem Quadrat der Körpergröße zunimmt – abgesehen von Wachstumsschüben nach der Geburt und während der Pubertät. 1972 wurde die nach Quetelet benannte Kennziffer in Body-Mass-Index umbenannt.
Doch während der BMI in vielen Gesundheitsrichtlinien als Maßstab für Übergewicht und Fettleibigkeit (Adipositas) dient, gibt es auch Kritiker, die auf seine Einschränkungen hinweisen. Die wesentliche Schwäche des Wertes sei, dass er die Körperzusammensetzung nicht berücksichtigt, also keine Unterscheidung ermöglicht zwischen Muskel- und Fettgewebe, sagt Geraldine de Heer. Weil Muskeln mehr wiegen als Fett, „kann das zu eklatanten Fehleinschätzungen des Ernährungsstatus führen, setzt man den BMI als alleinige Methode ein.“ Außerdem verrate dieser nicht, wie Muskeln und Körperfett verteilt seien, also ob es etwa viel von dem als besonders schädlich geltenden Bauch- oder Hüftfett gibt.
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Ausreißer bei der Körpergröße zum Beispiel können den BMI beeinflussen: So kann eine zwei Meter große Basketballspielerin mit viel Muskelmasse und wenig Körperfett von ihrem BMI her als übergewichtig gelten, selbst wenn sie mit Blick auf ihren Ernährungszustand als gesund einzustufen wäre. Ebenso kann bei einem älteren oder schwer kranken Menschen, der über nur wenig Muskelmasse verfügt, ein BMI im Bereich des Normalgewichts fälschlicherweise eine gesunde Ernährung anzeigen.
„Die Werte sind immer nur ein Richtwert“
Deshalb empfehlen Experten, neben Gewicht und BMI auch den Körperumfang zu kontrollieren. Denn bezüglich des Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist Studien zufolge der sogenannte Waist-to-Height-Ratio (WHtR) entscheidend – die Zahl, die sich ergibt, wenn man den Taillenumfang durch die Körpergröße teilt. Der Wert soll Rückschlüsse auf die Verteilung des Körperfetts zulassen und sollte bei über 50-Jährigen 0,6 nicht überschreiten.
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Zusätzlich gibt es noch den sogenannten Waist-to-Hip-Ratio (WHR). Um dieses Taille-Hüft-Verhältnis zu ermitteln, wird der Taillenumfang durch den Hüftumfang geteilt. Bei Männern sollte der Wert unter eins liegen, bei Frauen unter 0,85. Weil der Zusammenhang mit dem Sterblichkeitsrisiko beim Taille-Hüfte-Quotienten laut einer Studie aus Großbritannien am stärksten ist, sollte er besonders berücksichtigt werden, fordern Mediziner aus London.
Auch die Techniker Krankenkasse weist auf die Einschränkungen des BMI und dessen Aussagekraft hin: „Die Werte im BMI-Rechner sind immer nur Richtwerte. Im Zweifelsfall sollten Betroffene einen Arzt beziehungsweise eine Ärztin aufsuchen, um mögliches Übergewicht feststellen zu lassen.“