Berlin. Ein Therapeutenpaar berichtet über seinen holprigen Start in die Beziehung – und über die Unterschiede zwischen Männern und Frauen.

Der Anfang unserer Beziehung war holprig. Gepflastert mit komplizierten Themen und schwierigen Fragen. Bei unserem ersten Kennenlernen auf einer Party von Freunden waren wir beide noch in einer anderen Beziehung. Doch wir hatten einen gemeinsamen Freundeskreis. Alle kannten sich. Jeder kannte jeden. Ohne meine damalige Partnerin, das ist das Paradoxe, hätte ich meine heutige Frau und Kollegin nicht kennengelernt.

Als wir uns entschieden, dass wir die Zukunft gemeinsam gestalten wollen, zweieinhalb Jahre nach diesem ersten Treffen, musste ich mich noch aus meiner Beziehung lösen. Beim Sortieren meiner Gedanken wurde mir klar, dass ich mich innerlich eigentlich bereits vor länger Zeit getrennt hatte. Die Altlasten waren so groß, dass ich meine alte Beziehung nicht mehr weiterführen wollte und konnte.

Bei meiner Frau und Kollegin verhielt es sich anders. Sie war zu dem Zeitpunkt mittlerweile faktisch bereits seit eineinhalb Jahren getrennt. Für sie gab es ohnehin kein Zurück in ihre alte Ehe.

Irgendwann fragte ich meine Frau, ob wir schon früher, gleich nach der Party, bereits eine Chance gehabt hätten, ein Paar zu werden. Meine Frau meint: „Nein“. Sie wäre zu diesem Zeitpunkt noch nicht bereit für eine neue Beziehung gewesen.

So unterschiedlich ticken Männer und Frauen in Sachen Beziehung

Ein Phänomen, das wir häufig bei unseren Paaren beobachten: Männer sind bereit, sich schnell in eine neue Beziehung zu stürzen. Frauen wollen mehr Raum, um sich emotional frisch zu binden, nehmen sich mehr Zeit zu verarbeiten, lassen sich professionell begleiten. Das sind Verhaltensweisen, von denen wir Männer von Frauen lernen können.

Gisbert Straden & Andrea Katz

Genau wie seine Frau Andrea Katz ist Gisbert Straden ausgebildeter Paar- und Sexualtherapeut. Zuvor war er als Dozent für Wirtschaftspsychologie tätig. Gemeinsam mit seiner Frau, die hauptberuflich als Lehrerin arbeitet, betreibt er die Praxis „Von Paar zu Paar“ in Berlin. In ihrer Beziehungskolumne „Wie Katz und Straden“ beleuchten sie gemeinsam Beziehungsprobleme und suchen nach Lösungen – sowohl aus der Perspektive erfahrener Therapeuten als auch aus ganz persönlicher Sicht, mit eigenen Konflikten und Herausforderung in der Beziehung.

Männerseelen ticken anders. Die meisten Männer haben nie wirklich gelernt, einen emotionalen Zugang zu sich selbst aufzubauen, Gefühle zu teilen und sich den eigenen Emotionen zu stellen. Männer sind – immer noch – Verdränger, sie suchen und benötigen Bindung, um sich in Krisen neu zu erfinden.

Allen Männern, aber auch Frauen, empfehle ich im Übrigen das wunderbare Buch von meinem Kollegen Björn Süfke „Männerseelen“. Die männliche Seele ist oft ein unbekanntes Land – nicht nur für Frauen, sondern auch oft für uns Männer selbst. Wir rationalisieren, verdrängen und flüchten – wohin auch immer. Björn ermutigt dazu, den verlorenen Zugang zur eigenen Innenwelt wieder herzustellen.

Fremdgehen: „Das ist doch nur Sex“

Ein weiteres Phänomen, welches wir häufig erleben: Männer betrachten Fremdgehen nicht im Entferntesten als bedrohlich für die aktuelle Beziehung. „Das ist doch nur Sex und hat nichts mit Liebe zu tun. Ich liebe doch meine Frau!“ Sätze wie diese hören wir häufig – ein Phänomen das Shirley P. Glass sehr plastisch in ihrem Buch „Psychologie der Untreue“ beschrieben hat.

Ich musste mich ehrlich fragen: Erkenne ich mich hier selbst? Habe ich das auch so erlebt? Nein. Ich habe meine jetzige Frau und Kollegin sofort als Bedrohung der bestehenden Beziehung erlebt. Interessant war, dass meine frühere Partnerin über meine Frau einmal sagte: „Diese Frau ist gefährlich.“ Weibliche Intuition?

Obwohl meine jetzige Frau nichts in dieser Richtung unternommen hat – eher das Gegenteil – schien sie gefährlich zu sein. Weshalb wirkte sie so? Leider hatte mir damals die Klarheit gefehlt, mich dieser Frage zu stellen. Ich hatte die Augen geschlossen, nicht hingeschaut, verdrängt, wollte es nicht sehen – und doch war da etwas, was nicht aufhörte. Etwas in mir zeigte mir, diese Frau ist anders. Es dauerte einige Zeit, bis mir dies klar wurde. Ich hatte zwischenzeitlich den Zugang zu mir selbst verloren. Dabei hatte ich mich im Grunde bereits aus meiner alten Beziehung gelöst.

Weibliche Intuition und männliche Verdrängung

Mein Vater starb, als ich sieben Jahre alt war. Seitdem wurde ich von einer Mutter erzogen, die mir zeigte, wie ich Zugang zu meinen Gefühlen bekommen konnte. Durch diese Erfahrung und die späteren Selbsterfahrungen im Rahmen meiner beruflichen Aus- und Fortbildungen lernte ich, meine Gefühle zu spüren und wahrzunehmen. So habe ich auch hier nicht losgelassen. Ein wirkliches Geschenk in meinem Leben.

Ein Jahr später, in einem Gespräch mit meiner Mutter und meinem Stiefvater, sagte sie zu ihm gewandt: „Siehst du, ich habe es dir schon vor über einem Jahr gesagt, der Junge trennt sich!“ Weibliche Intuition?

Meine Mutter sah etwas, was zu diesem Zeitpunkt bereits in mir war, aber noch nicht in meinem Bewusstsein angekommen. Es bedurfte der Begegnung mit meiner jetzigen Frau und der Blicke auf dieser Party, um die Türe zu öffnen. Rückblickend war diese Feier die schönste und wichtigste Party meines Lebens. Doch das zu erkennen, bedeutete Arbeit und Aufarbeitung.

Männer suchen sich nur Hilfe, wenn Frauen sie in die Paarberatung „schleppen“

Leider lassen sich die wenigsten Männer in Trennungssituationen von einem Coach oder Therapeuten begleiten – obwohl es dringend erforderlich wäre. Das passiert eigentlich nur, wenn ihre Frauen sie in die Paarberatung „schleppen“.

Aufgrund meines beruflichen Hintergrundes konnte ich in dieser Lebenslage zum Glück gut für mich sorgen. Zugegeben fiel es mir auch insofern leichter, als nicht ich verlassen wurde, sondern ich die Beziehung nicht mehr aufrechterhalten konnte und wollte. Übrig blieb der bittere Beigeschmack, versagt zu haben, gescheitert zu sein und es nicht geschafft zu haben – trotz aller fachlicher Kompetenz.

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Und wieder begegnete ich an dieser Stelle meinen „Gespenstern der Vergangenheit“ – Glaubenssätze genannt. Meine Frau und ich schreiben all diese Gespenster auf und schauen genau hin. Welche ewigen Geschichten verbergen sich dahinter und was davon hat heute noch mit uns zu tun.