Berlin. Pilz-Erkrankungen können uns jederzeit ereilen. Ein Top-Dermatologe erklärt, wie man sich schützt und wie die Behandlung aussieht.

Sie lauern im Essen, im Schwimmbad oder sogar in der heimischen Dusche – Pilze. Das Problem: Sie können die Haut befallen und für nervige Symptome wie Jucken oder Brennen sorgen. Die richtige Behandlung stellt viele Betroffene vor einige Fragen. Auch deshalb hat die FUNKE Mediengruppe gemeinsam mit der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft das Projekt „Die Haut-Docs“ ins Leben gerufen.

Hier teilen Top-Experten die wichtigsten Erkenntnisse zu Krankheiten und Haut-Problemen wie Rosazea, Nesselsucht, Neurodermitis, Herpes und Pilzinfektionen. Sie haben eine Frage zu einem der genannten Themen? Schreiben Sie uns einfach unter haut-docs[at]funkemedien.de. Die Antworten werden gegebenenfalls anonymisiert veröffentlicht und von unseren Top-Experten beantwortet. 

Im folgenden Beitrag erklärt Prof. Dr. Pietro Nenoff, Haut- und Laborarzt und Experte im Bereich Haut- und Nagelpilzinfektionen, welche Formen der Pilzerkrankungen es gibt, wie man sie am besten behandelt und welche Medikamente die Behandlung in Zukunft verbessern könnten.

Welche Pilzerkrankungen der Haut gibt es?

Prof. Dr. Pietro Nenoff: Grundsätzlich muss man Pilzerkrankungen (Fachbegriff Mykosen, Anm. d. Red.) nach den Erregern unterscheiden. Auf der einen Seite gibt es den „klassischen“ Hautpilz, der durch sogenannte Dermatophyten ausgelöst wird und die häufigste Form darstellt. Diese Form des Hautpilzes kann sich nur äußerlich ausbreiten und betrifft dabei alle Körperregionen, die Keratin bilden und beinhalten. Dementsprechend tritt dieser Pilz also neben der Haut an den Zehennägeln und den Haaren auf, in seltenen Fällen auch auf den Fingernägeln. Schätzungen zufolge sind in Deutschland bis zu 6,7 Millionen Menschen von Hautpilzinfektionen betroffen.

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Welche Erreger gibt es noch?

Nenoff: Außerdem gibt es noch die Hefepilze, die hauptsächlich auf der Mundschleimhaut zu Mykosen führen. Hier sind besonders häufig immunsupprimierte Menschen betroffen, also Personen mit Vorerkrankungen, oder Ältere. Hefepilz-Mykosen können sich auch in tieferliegende Regionen ausbreiten und etwa die Speiseröhre infizieren, was wiederum zu einer Blutvergiftung führen kann. Hefepilze können auch den Genitalbereich und Hautfalten befallen, also die Bereiche unter der Brust, an den Leisten oder zwischen den Zehen und Fingern.

Pietro Nenoff Haut-Docs
Prof. Dr. Peitro Nenoff ist Haut- und Laborarzt und Experte im Bereich Haut- und Nagelpilzinfektionen. © privat | Privat

Wie infiziert man sich mit Hefepilzen?

Nenoff: Der Erreger kommt hier nicht von „außen“. Fast jeder Mensch trägt Hefepilze auf der Mund- und Darmschleimhaut in sich. Ist das Immunsystem jedoch geschwächt, kann der Pilz vom „Besiedler-Status“ in den parasitären Status übergehen. Heißt: Er vermehrt sich zahlenmäßig und wird aggressiver.

Schimmelpilze lassen sich nicht einfach so behandeln

Können auch Schimmelpilze zu einer Infektion führen?

Nenoff: Ja. Die Schimmelpilze kommen in der Umwelt vor, in der Natur, auf Pflanzen und in der Erde. Sie gelten als seltener Krankheitserreger, besonders auf der Haut. Gelangen die Schimmelpilze jedoch in den menschlichen Organismus, können Sie sich genau wie die Hefepilze ausbreiten und den ganzen Körper befallen, auch die Organe. Das betrifft jedoch nur stark abwehrgeschwächte Menschen. In der Dermatologie findet man Schimmelpilze nur gelegentlich bei Nagelpilzinfektionen. Das Problem ist, dass sich die Schimmelpilze hier nicht einfach behandeln lassen, da die klassischen Antimykotika gegen sie nicht so gut wirken.

Welche Symptome sind typisch für Pilzerkrankungen?

Nenoff: Die Pilzerkrankungen entwickeln sich langsam, kreisförmig, gerötet und schuppend. Sie jucken zunächst wenig bis gar nicht. Im Laufe der Zeit kommt es dann zu leichtem Juckreiz auf der Haut, insbesondere wenn der Zehenzwischenraum betroffen ist. Die Symptome sind in der Regel aber eher objektiv, da die betroffenen Stellen entweder schuppen, verhornen oder sich entzünden. Die Haupterkrankung durch die Hautpilze ist jedoch der Fußpilz, vor allem an Zehen und Fußsohle und im Nagelbereich. Im Zehenzwischenraum kann die Haut dabei manchmal auch nässen oder schmerzhafte Risse aufweisen.

Es gibt auch andere Hauterkrankungen, die ähnlich aussehen, jedoch keine Pilzinfektion sind. Der behandelnde Arzt muss also kritisch sein und sich die Symptome genau anschauen. Ansonsten kann eine mikrobiologische, insbesondere Pilzdiagnostik sinnvoll sein. In einigen Fällen kann auch die Kopfhaut infiziert sein, was zu eitrigen und tiefgehenden Entzündungen führt, die für die Betroffenen sehr schmerzhaft sind. Diese Form tritt jedoch eher bei Kindern im Alter zwischen zwei und acht Jahren auf.

Wie gefährlich können Pilzerkrankungen werden?

Nenoff: Hautpilz kann zu flächenhaft ausgeprägten, manchmal auch tiefen eitrigen Infektionen der Haut führen, die dann systemisch, also „von innen“, mit Tabletten behandelt werden müssen. Aber: Normalerweise wachsen die Pilze nicht bei Körperinnentemperatur. Somit können sie nicht in inneren Organen wie der Lunge oder im zentralen Nervensystem wachsen. Immungesunde Menschen müssen also keine Angst vor einer inneren Infektion haben.

„Die Haut-Docs“ ist die neue Serie der Funke Tageszeitungen, in der die Top-Hautärzte der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft über die neusten Erkenntnisse in den Bereichen Neurodermitis, Rosazea, Nesselsucht, Herpes Zoster (Gürtelrose), Pilzerkrankungen und die Gefahren von Tätowierungen berichten.
„Die Haut-Docs“ ist die neue Serie der Funke Tageszeitungen, in der die Top-Hautärzte der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft über die neusten Erkenntnisse in den Bereichen Neurodermitis, Rosazea, Nesselsucht, Herpes Zoster (Gürtelrose), Pilzerkrankungen und die Gefahren von Tätowierungen berichten. © iStock | bm

Warum kommt es immer mehr zu einer Häufung von Pilzinfektionen der Haut?

Nenoff: Wir haben einfach mehr Kontaktmöglichkeiten mit den Pilzen. Das sind einerseits Haustiere, die Pilze im Fell tragen können. Heißt: Hautpilze, die im Fell von Tieren vorkommen, werden immer mehr zu einer bedeuteten Infektionsquelle. Zu nennen sind hier Katzen und Meerschweinchen. Vor allem die Kinder, aber nicht selten auch Erwachsene, die mit den Tieren intensiv kuscheln, infizieren sich dann.

Hinzu kommen neue Erreger, die sich aus anderen Regionen der Welt nach Europa ausbreiten. Gründe dafür sind die Globalisierung und die Migrationsbewegungen. Die Breite der Pilzinfektionen wird immer ausgeprägter. Für die Hautärzte ist das problematisch, weil immer mehr verschiedene Pilzerkrankungen infrage kommen und unterschiedlich behandelt werden wollen.

Ein wichtiger Faktor ist dabei der sogenannte Genotyp VIII, der der neuen Pilzart Trichophyton indotineae zuzuordnen ist. Die hat sich seit 2017 vor allem in Indien extrem ausgebreitet und betrifft dort allein wahrscheinlich Millionen von Menschen. Er wird ebenfalls von Mensch zu Mensch übertragen, etwa über Sanitäreinrichtungen. Der Hautpilz führt zu starken Entzündungen, die sich großflächig über den Körperstamm verteilen. Mittlerweile ist dieser Pilz auch in Deutschland angekommen. Das Problem: Er ist resistent gegen das wirkungsvollste Antimykotikum, Terbinafin. Zum Glück gibt es aber alternative Präparate.

Hinzu kommt, dass in Barbershops immer mehr Fälle mit dem Erreger Trichophyton tonsurans auftreten, eine Pilzerkrankung, die von Mensch zu Mensch übertragen wird. Die entsprechende Infektion macht sich dann durch Entzündungen im Bartbereich oder nach dem sogenannten Sidecut am Kopf bemerkbar.

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Übertragung läuft über verschiedene Wege ab

Wie werden die Pilze denn übertragen?

Nenoff: Grundsätzlich kann man sich überall infizieren, wo man barfuß läuft, also im Schwimm- oder Spaßbad, in der Sauna und so weiter. Die Pilze sitzen in den Schuppen der Fußhaut. Läuft ein Betroffener also durch das Freibad, verliert er Schuppen, die sich dann bei jedem anderen an der Fußhaut, zwischen den Zehen, anheften können und dort wiederum zu Infektionen führen.

Ein weiterer Faktor sind Fitnessstudios oder Hotels, in denen nicht genügend desinfiziert wird. Auch Matten beim Sport – z. B. beim Ringen – sind ein Faktor. Der Hauptinfektionsweg führt aber durchs häusliche Bad. Das ist nicht unlogisch, wenn man bedenkt, wie viele Betroffene es gibt. Die Wahrscheinlichkeit, dass man das Bad mit jemandem teilt, der Fußpilz hat, ist groß, sodass es zur familiären Übertragung von Fußpilz kommt.

Neu ist hingegen die Übertragung durch direkten Körperkontakt. Die Übertragung durch sexuellen Kontakt ist neuerdings ebenfalls möglich. Dieses Wissen ist jedoch noch frisch, und wurde beim Menschen erst vor neun Jahren bekannt.

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Wie läuft die Diagnostik ab?

Nenoff: Die Diagnostik ist besonders wichtig, da die verschiedenen Pilzarten gar nicht so leicht zu unterscheiden sind. Auch die Experten können sich täuschen. Heutzutage geht das dank moderner Methoden im Labor ganz wunderbar. Dafür werden Abstriche, Hautschuppen oder Nagelspäne abgenommen, die dann anhand der entsprechenden Stufendiagnostik untersucht werden. Der erste Schritt wird am Mikroskop durchgeführt, wo man bereits viele Pilzsporen und Pilzfäden erkennen kann.

Eine zweite Möglichkeit ist das Anzüchten der Pilze auf einem Pilz-Nährboden. Das ist jedoch relativ zeitaufwändig, da die Pilze sehr langsam wachsen. Eine dritte Option ist der PCR-Test, also ein molekularer Nachweis. Das geht schnell, man weiß, um welchen Erreger es sich handelt und man kann den Patienten dementsprechend zielgerichtet behandeln. Solche Tests sind leider keine Kassenleistung und müssen vom Patienten gezahlt werden.

Wie läuft die Behandlung bei Pilzerkrankungen ab?

Nenoff: Zunächst wird der Hautpilz äußerlich behandelt, also mit Cremes, Salben oder Lösungen. Diese Mittel lassen sich auch gut im Hautfaltenbereich, z. B. im Zehenzwischenraum, auftragen.

Für Nagelpilz gibt es spezielle Antipilz-wirksame Nagellacke. Sind jedoch Kopfhaut oder andere behaarte Stellen befallen, muss man den Hautpilz immer innerlich behandeln, etwa mit Tabletten oder speziellen Säften. Insbesondere fortgeschrittene Nagelpilzinfektionen lassen sich oft erst durch Anwendung von Tabletten heilen.

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Wie kann man Pilzerkrankungen vorbeugen?

Nenoff: Wichtig ist der Hautzustand, die intakte Hautbarriere, der Patienten. Je besser diese Barriere ist, die die Haut ausbildet, desto geringer ist die Gefahr, sich mit Pilzen, Bakterien oder Viren zu infizieren. Dafür ist eine regelmäßige Pflege mit Feuchtigkeit und Fett von entscheidender Bedeutung.

Zudem sollte man den Erregerkontakt minimieren, also im Freibad oder in der Sauna Badeschlappen tragen. In diesen Risikoumgebungen gibt es aber keinen 100-prozentigen Schutz. Grundsätzlich gilt außerdem: Je früher Sie den Pilz bei sich feststellen, desto besser lässt er sich behandeln.