Berlin. Rosazea und Akne plagen die Haut oft über Jahre hinweg, die Betroffenen leiden. Ein Experte erklärt, welches Medikament wirklich hilft.
- Viele Menschen leiden unter einer schlechten Haut
- Besonders hartnäckig und unangenehm sind Akne und Rosazea
- Ein Experte verrät, was wirklich hilft
Die Gesundheit und Pflege unserer Haut sind uns oft ein besonderes Bedürfnis. Einerseits ist die Haut das größte Organ des Menschen und bedarf deshalb besonderer Sorgfalt, andererseits ist die Haut unser Spiegel nach außen. Pickel, Ausschläge, Hautverunreinigungen und Mitesser machen uns auch deshalb oft zu schaffen. Eine Verbesserung der Symptome ist nicht immer auf Anhieb möglich.
Auch deshalb hat die Funke Mediengruppe gemeinsam mit der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) das Projekt „Die Haut-Docs“ ins Leben gerufen. Hier verraten Top-Dermatologen die wichtigsten Erkenntnisse zu Krankheiten und Haut-Problemen wie Akne, Nesselsucht, Neurodermitis, Herpes und Pilzinfektionen. Sollten Sie eine Frage zu einem der genannten Themen haben, schreiben Sie uns einfach unter haut-docs[at]funkemedien.de. Die Antworten werden gesichtet, sortiert und gegebenenfalls anonymisiert veröffentlicht. Unsere Experten geben dann Antwort auf die wichtigsten Fragen.
Im folgenden Beitrag erklärt Prof. Dr. Martin Schaller, stellvertretender ärztlicher Direktor der Universitäts-Hautklinik der Eberhard-Karls-Universität Tübingen, welche Ursachen es für Akne und Rosazea gibt, welche Medikamente am wirkungsvollsten sind und welche Rolle die Ernährung spielt.
Was ist der Unterschied zwischen Akne und Rosazea?
Prof. Dr. Martin Schaller: Der Unterschied ist einmal die Altersspanne, während die Symptome sehr ähnlich sein können. Die Akne ist eine durch Knötchen, Pusteln und Mitessern charakterisierte Gesichtserkrankung, die in erster Linie während der Pubertät beginnt und bis zum Erwachsenenalter anhalten kann. Akne hat etwas mit einer hormonellen Umstellung zu tun, die von männlichen Sexualhormonen noch verstärkt wird. Deswegen haben Männer häufig stärkere Akne als Frauen.
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Die Rosazea hingegen tritt am meisten bei Menschen im Alter von etwa 50 Jahren auf. Neben Knötchen und Pusteln kommen sowohl anhaltende als auch vorübergehende Rötungen, Talgdrüsenwucherungen (Phyme) und auch Augensymptome vor. Bei beiden Krankheiten gibt es aber auch Ausreißer, Rosazea kann also auch bei Kindern auftreten und Akne auch bei älteren Erwachsenen.
Gibt es noch weitere Ursachen für die Erkrankungen?
Schaller: Die Genetik spielt bei der Akne eine wichtige Rolle. Der Körper hat also durch die Hormonumstellung die Veranlagung, viel Talg (Hautfett) zu bilden, was der perfekte Nährboden für Cuti-Bakterien ist, die Entzündungen auslösen und zu Pickeln führen können. Ein weiterer Aspekt ist die Follikelverhornung. Dabei kann der Talg nicht abfließen und verstopft die Öffnung rund um den Haaransatz. Dadurch entstehen kleine Pickelchen auf der Haut. Hinzu kommen in den letzten Jahren immer mehr externe Faktoren, wie zum Beispiel die Ernährung, oder besser gesagt schlechte Ernährung.
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Bei der Rosazea stehen ebenfalls eher genetische Faktoren im Vordergrund. Die stärkste Rolle spielen hier aber wohl die Demodex-Milben. Dabei handelt es sich um kleine Milben auf der Haut, die in kontrollierter Anzahl bei jedem von uns vorhanden sind. Vermehren diese sich unkontrolliert, löst dies eine Immunreaktion aus, was dann zu Hautrötungen, Knötchen, Pusteln und den anderen Krankheitssymptomen führt. Auch Brennen, Stechen und Juckreiz sind möglich.
Akne fulminans: Die schlimmste Form
Wie sehen denn die schweren Formen der Akne aus?
Schaller: Bei der Akne treten wie bereits erwähnt meist Pusteln und Pickel auf. Bei einer schwereren Form der Akne können zusätzlich schmerzhafte, entzündliche Knoten am Rücken entstehen. Dabei spricht man von Akne conglobata, die auch Narben hinterlässt. Die schlimmste Form, die Akne fulminans, kann auch mit Fieber und systemischen Beschwerden wie Fieber einhergehen.
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Wie kann man Akne und Rosazea vorbeugen?
Schaller: Eine gesunde Ernährung ist das A und O. Spannend finde ich immer sogenannte Placebo-konsultierte Studien, in denen ein bestimmter Wirkstoff getestet wird. Dabei gibt es je zwei Versuchsgruppen: an einer wird das Medikament getestet, die Vergleichsgruppe verwendet die gleiche Creme, jedoch ohne den Wirkstoff. Beide Gruppen sollen sich täglich zweimal das Gesicht waschen sowie Lichtschutz und Moisturizer verwenden.
Dabei kann man regelmäßig erkennen, dass die Akne-Symptome bei der Vergleichsgruppe schon um 50 Prozent zurückgehen, während es beim Wirkstoff vielleicht 70 Prozent sind. Heißt also: Die regelmäßige Gesichtspflege allein hilft schon gegen Akne. Bei beiden Gesichtserkrankungen sollte man unbedingt auf Überpflege verzichten. Sonnenschutz ist dennoch wichtig, da UV-Strahlung das Immunsystem hemmt und die Rosazea es somit einfacher hat, durchzubrechen.
Ernährung spielt entscheidende Rolle bei der Bekämpfung
Welchen Einfluss hat die Ernährung auf Akne und Rosazea?
Schaller: Die Rolle der Ernährung wurde lange Zeit nicht berücksichtigt oder gar als nichtig abgetan. In den letzten zehn bis 15 Jahren hat sich die Einstellung deutlich geändert. Das begann mit der Erkenntnis, dass Milch wohl einen schlechten Einfluss auf die Haut hat, da sie viele Hormone und Wachstumshormone enthält, die sich negativ auf Akne auswirken. Diese Theorie der „schädlichen Milch“ wird übrigens durch den Fakt unterstützt, dass Lactose-Patienten kaum Akne haben, weil sie einfach weniger Milchprodukte zu sich nehmen.
In Studien wurde zudem außerdem herausgefunden, dass sich die westliche Ernährung negativ auf Akne auswirkt, da sie zu einem starken Blutzuckeranstieg führt. Das verstärkt die Testosteron-Ausschüttung. Die beste Diät wäre demnach die, die wir grundsätzlich wohl alle durchführen sollte: mehr Gemüse, mehr Fisch, weniger Fleisch, weniger Kohlenhydrate.
Gibt es in östlicheren Ländern dann weniger Akne-Fälle, da dort ja deutlich weniger Milch konsumiert wird?
Schaller: In Asien gibt es natürlich auch Junk-Food, deswegen sind wir mittlerweile weltweit „angepasst“. Dort, wo es keine Fastfood-Restaurants gibt und sich die Menschen so ernähren, wie es bereits seit Generationen getan wird, gibt es deutlich weniger Akne-Patienten. Solch eine Situation dürfte man aber höchstens auf Indigenen-Inseln vorfinden.
Wie sieht es mit Nahrungsergänzungsmitteln aus?
Schaller: Die „Milch-Problematik“ mit der Milch wird dadurch unterstützt, dass etwa Jugendliche regelmäßig Proteindrinks, also molkehaltige Produkte zu sich nehmen, die zu starken Akne-Ausbrüchen führen können. Dass es sich bei diesen Drinks häufig um hochverarbeitete Lebensmittel handelt, hilft auch nicht. Darin sind viele Aminosäuren enthalten, die schädlich sind.
Wie sieht die optimale Behandlung von Akne und Rosazea aus?
Schaller: Grundsätzlich gibt es drei wirkungsvolle Medikamenten-Gruppen: Antibiotika, Vitamin-A-Säurederivate und Benzoylperoxid-Gels. Davon gibt es unterschiedliche Kombinationen. Es kommt bei der Wahl des Medikaments jedoch immer darauf an, wie stark die Akne ist. Das wirkungsvollste Akne-Medikament ist das Isotretinoin (Vitamin-A-Säurederivat), das auch bei Rosazea hilft.
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Ich bin jedoch ein Befürworter der sehr niedrigen Dosierung, also maximal zehn Milligramm täglich, da sonst stärkere Nebenwirkungen auftreten können. Antibiotika sollte man jedoch lieber vermeiden, da der Körper sonst Resistenzen gegen bestimmte Wirkstoffe bilden kann. Wichtig ist auch, dass es mindestens vier Monate dauert, bis sich eine signifikante Besserung ergibt.
Rosazea: Forschung wartet auf „Gamechanger“
Gibt es auch natürliche Behandlungsmethoden?
Schaller: Es gibt bereits Medikamente mit körpereigenen Stoffen (Azelainsäure), die vielversprechende Wirkung bei Akne und Rosazea zeigen. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass Akne-Patienten häufig einen Mangel an Omega-3-Fett-Säuren haben. Wird dieser Mangel mit der Ernährung durch entsprechende Lebensmittel wie Fisch, Hülsenfrüchte und Gemüse ausgeglichen, verbessert sich auch die Akne. Das gilt auch für die Rosazea.
Gibt es denn derzeit Forschungsprojekte, die die Behandlung deutlich verbessern könnten?
Schaller: In näherer Zukunft soll ein topischer Androgen-Antagonist auf den Markt kommen, der die männlichen Hormone blockt. Die Ergebnisse sind akzeptabel. Zudem gibt es Untersuchungen zur Beeinflussung des Mikrobioms. Bei Versuchen zur Rosazea ist das aber in die Hose gegangen und hat nicht funktioniert. Dass ein anderer „Gamechanger“ kommt, ist in näherer Zeit aber nicht zu erwarten. Derzeit gibt es nichts Besseres als Isotretinoin.