Hamburg. Eine neue Studie untersucht die Entstehung und Struktur von Falten im Gewebe. Dabei machen Forscher eine verblüffende Entdeckung.

Falten sind nicht nur Alterszeichen, sondern auch ein Beispiel für die Komplexität unseres Körpers. Ein internationales Forschungsteam hat mithilfe eines Modells detaillierte Einblicke in die Entstehung und Struktur von Falten gewonnen.

Mit einem neuartigen Hydrogel-Modell konnten die Wissenschaftler erstmals die Bedingungen nachstellen, unter denen Falten in der Haut und anderen Organen entstehen. Die Ergebnisse wurden kürzlich in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.

Falten gibt es offenbar nicht nur in der Haut, sondern auch in verschiedenen Organen wie Gehirn, Magen und Darm. Sie spielen demnach eine wichtige Rolle für die Funktion und Struktur dieser Gewebe. Wie diese Falten entstehen und unter welchen Bedingungen sie dauerhaft werden, war bisher nur unzureichend geklärt. Bisherige Studien, die vor allem an Tieren wie Fruchtfliegen, Mäusen und Hühnern durchgeführt wurden, lieferten oft ungenaue Ergebnisse, die sich nur schwer auf den Menschen übertragen lassen.

Neuartiger Ansatz zur Faltenforschung: Forscher mit verblüffenden Erkenntnissen

Ein Team um Jaeseung Youn von der Pohang University of Science and Technology (POSTECH) in Südkorea hat dieses Problem nun wohl gelöst. Die Forscher entwickelten ein Modellgewebe auf der Basis eines Hydrogels, das die Bedingungen im menschlichen Körper simuliert.

Dieses Modell besteht aus zwei Schichten: einer dünnen Schicht aus menschlichen Epithelzellen, die aus dem Darm oder der Lunge stammen, und einer dicken Schicht aus extrazellulärer Matrix (EZM). Diese Matrix, die normalerweise aus Gewebsflüssigkeit und Strukturproteinen wie Kollagen und Elastin besteht, enthielt im Experiment nur Kollagen in unterschiedlichen Konzentrationen.

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Forscher enthüllen Schlüsselfaktoren bei der Faltenbildung

Mit dem Modell konnten die Forschenden den Einfluss von Druck, Feuchtigkeit und Gewebestruktur auf die Faltenbildung genau untersuchen. Sie setzten das Hydrogel verschiedenen Druckkräften aus und beobachteten, wie sich das Gewebe verformte. Dabei konnten sie Faltenmuster nachbilden, die typischerweise in der Haut, im Darm und in anderen Geweben vorkommen.

Die Experimente zeigten, dass bei mäßigem Druck zunächst Fältchen entstehen, während bei starkem Druck eine einzige tiefe Falte entsteht. „Dieser spontane Strukturwandel von mehreren kleinen Fältchen zu einer einzigen tiefen Falte der Epithel-Doppelschicht vollzog sich innerhalb von zehn Sekunden“, berichten Youn und seine Kollegen.

Die Ergebnisse zeigen, dass neben dem Druck auch der Wassergehalt des Gewebes eine entscheidende Rolle spielt. Trockeneres Gewebe neigt eher zur Faltenbildung. Darüber hinaus beeinflusst die Struktur der extrazellulären Matrix die Stabilität des Gewebes. Ein geringerer Kollagengehalt führt dazu, dass das Gewebe weniger Wasser bindet und somit leichter Falten bildet.

Studie bietet neue Perspektiven für Kosmetik- und Medizinforschung

Dieses Modell bietet vielversprechende Möglichkeiten für die Forschung in verschiedenen Bereichen. Es spiegelt den Alterungsprozess der Haut wider, bei dem die Austrocknung tieferer Gewebeschichten zur Faltenbildung führt.

Ähnlich entstehen die Zick-Zack-Falten im Darm während der Embryonalentwicklung durch den Druck der Muskeln, was ebenfalls im Modell nachgestellt werden konnte. Die Erkenntnisse könnten nicht nur der Kosmetikforschung zugutekommen, sondern auch neue Perspektiven in der Entwicklungsbiologie und Medizin eröffnen.

Seniorautor Dong Sung Kim von der POSTECH University hebt die Vorteile des Modells hervor: „Wir haben eine Plattform entwickelt, die es ermöglicht, verschiedene Faltenstrukturen in lebendem Gewebe nachzubilden, ohne auf Tierversuche zurückgreifen zu müssen. Diese Plattform ermöglicht Echtzeitanalysen und detaillierte Beobachtungen der Faltenbildung auf Zell- und Gewebeebene-Prozesse, die mit traditionellen Tiermodellen nur schwer zu erfassen sind.“