Mehrere Künstler wollen am nächsten Montag in Dresden auftreten. Leipzigs OB besorgt über Aggressivität bei Legida-Demo. AfD begrüßt Rücktritt von Pegida-Chef Bachmann. Bewegung droht Legida mit Unterlassungsklage.

Leipzig. Während bei Demonstrationen in Leipzig am Mittwochabend weit weniger als die im Vorfeld erwarteten 100.000 Pegida-Anhänger und -Gegner auftraten, gibt es neue Vorwürfe gegen den Gründer der Bewegung, Lutz Bachmann. Wegen eines Facebook-Fotos, das Bachmann in Hitler-Aufmachung zeigt, forderte einer der Mitorganisatoren des islamkritischen Bündnisses Konsequenzen. Die zog der 41-jährige Bachmann kurz vor Beginn der Demonstration – und verkündete seinen Rücktritt.

In der „Bild“-Zeitung vom Mittwoch bezeichnete Bachmann das Bild, das ihn mit einem „Hitler-Bärtchen“ zeigt, als Scherz. Er habe das Foto beim Friseur geknipst. Anlass sei die Veröffentlichung der Audio-Version des Buchs „Er ist wieder da“ gewesen.

Die Dresdner Staatsanwaltschaft leitete unterdessen ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Volksverhetzung gegen Bachmann ein. Auslöser seien Presseberichte über angebliche Facebook-Einträge und Kommentare von Bachmann, in denen dieser Flüchtlinge und Asylbewerber beschimpft und beleidigt haben soll, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte.

Leipzig erlebte Mittwochabend wegen der geplanten Demonstration und 19 Gegendemonstrationen einen der größten Polizeieinsätze seit der Wende.

Abendblatt.de hält Sie über die Entwicklungen rund um die Pegida-Bewegung auf dem Laufenden:

+++ Tod eines Asylbewerbers in Dresden aufgeklärt +++

18.32 Uhr: Der Tod eines Asylbewerbers in Dresden scheint aufgeklärt. Befürchtungen, dass es eine fremdenfeindliche Tat war, bestätigen sich den Ermittlern zufolge nicht. Ein Mitbewohner des aus Eritrea stammenden 20-jährigen Khaled wurde am Donnerstag festgenommen, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Dresden mitteilte. Khaleds Schicksal war in der Pegida-Hochburg Dresden von Anfang an ein Politikum.

+++ AfD-Landeschef: Distanz zu Pegida-Organisatoren halten +++

17.41 Uhr: Nach dem Rücktritt von Pegida-Chef Lutz Bachmann hat der baden-württembergische AfD-Vorsitzende Bernd Kölmel seine Partei zur Distanz zu den Organisatoren der islamkritischen Proteste aufgerufen. „Mit den Bürgern, die demonstrieren, reden wir herzlich gern und nehmen auch gerne ihre Sorgen ernst“, sagte Kölmel den „Stuttgarter Nachrichten“ (Freitag). „Aber die Organisatoren sind für uns nicht die richtige Klientel.“ Gegen Bachmann wird wegen Volksverhetzung ermittelt. Er soll im vergangenen Jahr Ausländer auf Facebook als „Viehzeug“, „Dreckspack“ und „Gelumpe“ bezeichnet haben.

+++ Grönemeyer und Liefers machen gegen Pegida mobil +++

13.30 Uhr: Zahlreiche Künstler wollen am kommenden Montag in Dresden gegen die islamkritische Pegida-Bewegung mobil machen. Bei einer von Bürgern initiierten Großkundgebung „Offen und bunt - Dresden für alle“ vor der Frauenkirche treten unter anderem Herbert Grönemeyer, Jan-Josef Liefers, Silly, Keimzeit und Jeanette Biedermann auf. Das teilten die Veranstalter am Donnerstag mit. Statt Reden von Politikern sind kurze Statements geplant. „Wir hoffen auf ein tausendfaches Bekenntnis für Weltoffenheit und Toleranz“, sagte Mitinitiator Gerhard Ehninger. AmMontag wollen auch die „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) in Dresden wieder demonstrieren.

+++ Leipzigs OB besorgt über Legida-Aggressivität +++

11.57 Uhr: Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung hat sich besorgt über die Gewaltbereitschaft der islamfeindlichen Legida-Bewegung bei der Demonstration am Mittwochabend geäußert. „Die Maske ist gefallen: Das waren doch sehr, sehr aggressive und sehr stark dem NPD-nationalen Lager zugeordnete Menschen“, sagte Jung am Donnerstag in Leipzig. Hier zeige sich ein deutlicher Unterschied zur Pegida-Bewegung in Dresden. Für kommende Woche seien bereits ein neuer Legida-Aufmarsch sowie Gegenkundgebungen angemeldet worden. Die Behörden suchten nach einem Konzept, um die Belastung für die Einwohner zu begrenzen und nicht wieder eine ganze Stadt in Ausnahmezustand zu versetzen.

Jung verwies auf Angriffe, Pöbeleien und Beschimpfungen der Legida-Teilnehmer gegen Journalisten sowie Demonstranten des „No-Pegida“-Bündnisses. Die Legida-Bewegung habe deutlich gemacht, dass sie „einen deutsch-nationalen Staat mit einer deutschen Leitkultur“ wolle.

+++ Lucke distanziert sich von Pegida +++

9.01 Uhr: Der stellvertretende Parteivorsitzende der CDU, Thomas Strobl, hat die Politik als Reaktion auf „Pegida“ aufgefordert, Abschiebungen konsequent durchzusetzen. „Bestimmte Probleme müssen wir als Politiker lösen: Deshalb brauchen wir etwa ein effektiveres Asylsystem, das den tatsächlich Verfolgten hilft“, sagte Strobl der „Rheinischen Post“. Abgelehnte Asylbewerber und Wirtschaftsflüchtlinge müssten in ihre Herkunftsländer zurückkehren. Wenn manche Länder kaum noch abschöben, grenze das an eine Kapitulation des Rechtsstaates, kritisierte der CDU-Vize.

Nach dem Rücktritt des „Pegida“-Chefs Bachmann hat sich AfD-Chef Bernd Lucke unterdessen von der islamkritischen Bewegung distanziert. „Diese Personalie ist das Problem von Pegida und nicht von der AfD“, sagte Lucke dem Blatt. Bachmann sei „von Anfang an eine zwielichtige Figur“ gewesen. Der vorbestrafte „Pegida“-Gründer war am Mittwoch vom Vereinsvorsitz zurückgetreten, nachdem rassistische Posts auf Facebook und ein Foto bekanntgeworden waren, auf dem er als Adolf Hitler posiert. Gegen Bachmann wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts auf Volksverhetzung eingeleitet.

+++ Mehrere verletzte Polizisten nach Legida-Demo +++

8.49 Uhr: Bei den Auseinandersetzungen im Anschluss an die Legida-Demonstration in Leipzig wurden nach Angaben der Polizei mehrere Kollegen durch Böller, Flaschen und Laserpointer verletzt. Auch Journalisten seien attackiert worden. Die „Leipziger Volkszeitung“ berichtete, die Angriffe seien aus dem Legida-Lager gekommen. Die Fotoausrüstung eines Pressevertreters wurde zerstört. Die Polizei nahm drei Randalierer in Gewahrsam. Der MDR berichtete, Journalisten seien bespuckt und verprügelt worden.

Zu einer Kundgebung auf dem zentralen Augustusplatz mit anschließendem Aufzug über den Innenstadtring brachte Legida nach Angaben der Stadt 15.000 Anhänger auf die Straße, darunter viele Zugereiste aus Dresden. Mehr als 20.000 Menschen protestierten dagegen. 4000 Polizisten aus ganz Deutschland waren im Einsatz. „Es ist tatsächlich so, dass wir im Abgang Probleme bekommen haben, die Lager zu trennen“, sagte ein Polizeisprecher. Vor dem Hauptbahnhof habe es Zusammenstöße von Legida-Anhängern und Gegendemonstranten gegeben. Gegen 22 Uhr habe sich die Lage beruhigt.

Nach Brandanschlägen auf Bahnanlagen in Leipzig rollt der Zugverkehr teilweise wieder. Reisende könnten wieder den Nah- und Fernverkehr nach Dresden, Chemnitz und Meißen nutzen, sagte eine Sprecherin der Deutschen Bahn am Donnerstagmorgen. Die Anschläge auf Kabelschächte stünden vermutlich im Zusammenhang mit dem Legida-Aufmarsch. Am Abend gab es zwei weitere Anschläge im Leipziger Citytunnel.

+++ Bachmann besteht auf Recht auf Hitler-Satire +++

7.44 Uhr: Nach der Entschuldigung für seine verbalen Entgleisungen via Facebook hat der zurückgetretene Pegida-Chef Lutz Bachmann in dem sozialen Netzwerk indirekt noch einmal Stellung zum Eklat über sein Foto in Hitler-Pose bezogen. Das neue Profilbild des 41-Jährigen ziert nun das Konterfei Charlie Chaplins, der unter anderem mit Parodien des Nazi-Führers Berühmtheit erlangt hatte. Versehen ist das Bild mit der Aussage: „Er darf Satire... Lutz nicht“.

+++ Wagenknecht für Dialog mit Pegida-Anhängern +++

7.35 Uhr: Die stellvertretende Vorsitzende der Linken-Fraktion, Sahra Wagenknecht, plädiert für einen Dialog mit den Anhängern der Pegida-Bewegung, um sie über die Hintergründe des islamkritischen Bündnisses aufzuklären. Die Organisatoren von Pegida schürten „rassistische Ressentiments und machen Stimmung gegen Flüchtlinge“, sagte Wagenknecht der „Mitteldeutschen Zeitung“ vom Donnerstag. Sie kämen daher für Gespräche nicht in Betracht. Jedoch gebe es eine Reihe von Menschen, die an den Protesten teilnehmen, „weil sie die herrschende Politik ablehnen“. Mit ihnen müsse gesprochen werden.

Viele Pegida-Demonstranten seien „empört“ angesichts prekärer Jobs und niedriger Renten und hätten nun das Gefühl, es gebe „endlich mal eine Protestbewegung“. Mit diesen Menschen müsse geredet und es müsse ihnen deutlich gemacht werden, dass Pegida keine Protestbewegung sei, sondern eine Bewegung, „die Protest genau in die falsche Richtung lenkt“. Sie suche „Sündenböcke“, statt die „wirklich Schuldigen und die Profiteure zu nennen“.

CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn hält ebenfalls an seiner Haltung fest, mit den Pegida-Anhängern zu sprechen. „Wir müssen als Politik wieder mit den tausenden Bürgern ins Gespräch kommen, die da mitlaufen“, sagte er der „Bild“-Zeitung vom Donnerstag. Sie müssten nach ihren Gründen für die Teilnahme an den Demonstrationen gefragt werden. Zu Bachmann sagte Spahn allerdings, wer „hetzt“ wie der Pegida-Gründer, scheide „als Gesprächspartner definitiv aus“.

+++ AfD begrüßt Bachmanns Rücktritt +++

7.28 Uhr: Während sich die „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ nach Bachmanns Rücktritt neu formieren müssen, begrüßt die rechtskonservative AfD den Schritt des Pegida-Mitbegründers. „Er hat mit seinen traurigen Äußerungen und ekelhaften Scherzen die Menschen von Pegida, die getrieben von ehrlichen Sorgen auf die Straße gehen, beschämt“, sagte Sprecher Christian Lüth. Die AfD hatte in den vergangenen Wochen Kontakt zur Pegida-Bewegung gesucht. Einer öffentlichen Begegnung mit Bachmann, der nach Morddrohungen von Islamisten unter Polizeischutz steht, war die AfD-Spitze jedoch aus dem Weg gegangen.

+++ Pegida sauer auf Legida +++

7.17 Uhr: Zwischen Pegida und Legida kündigt sich ein Konflikt an. Pegida will nach eigenen Angaben eine Unterlassungsklage gegen Legida prüfen. Deren Organisatoren hätten sich bislang geweigert, den eigenen Forderungskatalog zu übernehmen. „Alles, was heute Abend in Leipzig gesagt und gefordert wird, ist nicht mit uns abgesprochen“, sagte Pegida-Sprecherin Kathrin Oertel am Mittwochabend. „Das kann sich für die einheitliche Wahrnehmung unserer Bewegung als kontraproduktiv erweisen.“

+++ Tillich für Gespräche mit Pegida-Anhängern +++

7.08 Uhr: Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) hat sich erneut für Gespräche mit Pegida-Anhängern ausgesprochen. Er teile nicht die Meinung, „dass man mit den Leuten, die bei Pegida mitdemonstrieren, nicht reden kann, weil man sie beschimpft“, sagte Tillich in einem Dialogforum der Landesregierung mit 300 Bürgern am Mittwochabend in Dresden. „Diese Beschimpfung teile ich nicht.“ Der Weg des Miteinanders müsse fortgesetzt werden, um im Gespräch die Probleme aufzudecken.

Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) warnte davor, „sich von einem möglichen Rückzug Bachmanns aus der erste Reihe in Dresden blenden zu lassen“. „Pegida ist und bleibt eine rassistische Veranstaltung“, sagte sie der „Berliner Zeitung“. Linksfraktionsvize Dietmar Bartsch wertete den Rücktritt Bachmanns als Beleg für die Haltung von Pegida. „Die rassistischen Äußerungen des Pegida-Gründers Bachmann haben gezeigt, wes Geistes Kind die Organisatoren dieser Hass-Bewegung sind“, sagte er dem Berliner „Tagesspiegel“. „Wer jetzt noch diesen geistigen Brandstiftern nachläuft, macht sich mit ihnen und ihren Positionen gemein.“