Für die Beseitigung der Schäden muss die Bundesregierung einen neuen Haushalt aufstellen. Merkel will neue Deutschland-Anleihe auflegen
Berlin. Milliardenhilfen, neue Schulden im Bundeshaushalt und eine Bundesanleihe sind das Rezept der Politik, um die Folgen des gewaltigen Hochwassers in Deutschland zu bekämpfen. Bund und Länder stellen den Opfern bis zu acht Milliarden Euro bereit. „Damit ist uns heute wirklich ein großer Schritt gelungen“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach einem Treffen mit den Ministerpräsidenten. Der Bund müsse dafür neue Schulden machen. Höhere Steuern oder Abgaben wie einen „Flut-Soli“ schloss Merkel aus. Der Bund werde nun rasch einen Nachtragshaushalt vorlegen. Die genaue Höhe des Fonds sei noch offen, „weil wir das konkrete Ausmaß der Schäden heute noch nicht kennen“. Merkel sprach von einem „großzügigen und angemessenen“ Volumen.
Die Kanzlerin betonte, die Deutschen dürften stolz auf die Solidarität nach der Flut sein. „Ich darf sagen, dass unser Land einmal mehr seine große Stärke in dieser Stunde zeigt. Nämlich immer dann, wenn es darauf ankommt, auch wirklich zusammen zu stehen.“ Bundesregierung und Länder würden nun prüfen, wie Maßnahmen zum Hochwasserschutz vereinfacht und beschleunigt werden könnten.
Der Bund hatte den Opfern bereits 100 Millionen Euro Soforthilfe zugesagt. Auch die betroffenen Länder stellten Soforthilfen bereit. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) betonte die große finanzielle Anstrengung für die Einrichtung des Fonds: Es handele sich um einen Betrag, den „können wir nicht mal eben so ausschwitzen“. Das Geld werde „woanders nicht zur Verfügung stehen“.
Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) sagte: „Wir können und wir werden diesen solidarischen Beitrag leisten, und da wir die Zinsausgaben konservativ kalkuliert haben und die Mehreinnahmen aus dem Zensus bisher weder in 2013 noch in 2014 für Besoldungserhöhung oder andere strukturelle Ausgaben verplant haben, können wir so ein Hilfspaket auch schultern.“ Doch diese Ausgaben ließen sich nicht jedes Jahr schultern. „Wir brauchen Maßnahmen, welche helfen, Hochwasserschäden in dieser Größenordnung und mit diesen gravierenden Folgewirkungen für die Betroffenen einzudämmen und durch Versicherungssysteme abzusichern.“
Die Lage in einigen Hochwassergebieten blieb angespannt. Zwar sank der Elbe-Pegel in Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Niedersachsen und auch in Lauenburg in Schleswig-Holstein. Die durchweichten Deiche und mehrere Deichbrüche hielten die Helfer aber weiter in Atem. Im Landkreis Stendal in Sachsen-Anhalt waren weitere Einwohner aus mehreren Ortschaften zwangsevakuiert worden.
Bundespräsident Joachim Gauck reist am Freitag in die bayerische Hochwasserregion Deggendorf. Zuvor war er bereits in Sachsen-Anhalt und Sachsen. Nach Angaben von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) kostet der Fluteinsatz die Bundeswehr insgesamt mehr als 50 Millionen Euro. Es handele sich um den „größten Katastropheneinsatz in der Geschichte der Bundeswehr“, sagte de Maizière bei einem Besuch im niedersächsischen Landkreis Lüchow-Dannenberg.
Merkel hat sich ebenfalls erstmals dafür ausgesprochen, dass Bund und Länder zur Bewältigung der Flutkatastrophe eine gemeinsame Anleihe unter Führung des Bundes auflegen. „Hier gibt es sehr, sehr gute Gründe, dass der Bund mit seinen durchgängig guten Finanzierungskonditionen dies machen könnte im Sinne einer gesamtstaatlichen Anstrengung“, sagte Merkel. Dieser Fonds soll entweder an den Fonds Deutsche Einheit angelehnt oder aber über eine Bundesanleihe finanziert werden. Die Bundesländer sehen in der Vereinbarung, die zuvor Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mit den Länderchefs getroffen hatte, einen Durchbruch in den Finanzbeziehungen zum Bund. „Es ist gut, dass der Bund zum ersten Mal der Aufnahme einer gemeinsamen Anleihe zugestimmt hat“, sagte der Ministerpräsident Albig (SPD) zu Reuters. „Dies könnte sicher auch Vorbild für andere Aufgaben sein.“ Die Länder fordern seit Langem, dass der Bund Deutschland-Bonds ausgibt, damit sie mit ihrem geringen Anleihevolumen und der meist schlechteren Bonität von den Zinskonditionen des Bundes profitieren können.
Die Aktion „Deutschland hilft“ von Organisationen wie ASB, Care, Johannitern, Maltesern und Paritätischem Wohlfahrtsverband sammelt Spenden: Kontonummer 10 20 30 bei der Bank für Sozialwirtschaft Köln (BLZ 370 205 00), Stichwort Hochwasserhilfe 2013. In 170 Budni-Filialen in der Metropolregion Hamburg, Lübeck und Lüneburg können Kunden beim Bezahlen den Betrag aufrunden. Das Geld wird den Hilfsorganisationen gespendet.