Am Tag vor Wahl seiner Nachfolgerin Malu Dreyer Abschied im Kabinett. Beck ärgert der Nürburgring, aber Entwicklung des Landes freut ihn.
Mainz. Letzter Arbeitstag für Deutschlands dienstältesten Ministerpräsidenten Kurt Beck (63): Der rheinland-pfälzische Regierungschef hat am Dienstag letztmals eine Kabinettssitzung geleitet und sich verabschiedet. „Es ist natürlich ein bisschen Wehmut da“, sagte er in Mainz. „Es sind fast 900 Kabinettssitzungen, die ich in den mehr als 18 Jahren leiten durfte.“ Beck kam mit seiner designierten Nachfolgerin Malu Dreyer (SPD) zu der Sitzung, beide wirkten fröhlich. Dreyer soll an diesem Mittwoch im Landtag zur ersten Regierungschefin von Rheinland-Pfalz gewählt werden.
Die bisherige Sozialministerin ist nach eigenen Angaben schon ein bisschen aufgeregt: „Das Lampenfieber steigt.“ Auf die an sie gerichtete Frage, ob sie auch 900 Kabinettssitzungen leiten wolle, ergriff Beck das Wort und sagte schmunzelnd: „Mindestens.“ Er gibt sein Amt aus gesundheitlichen Gründen ab. Bundesratsministerin Margit Conrad (SPD) sagte der dpa, sie sei ein bisschen traurig, habe aber auch Respekt vor Becks Leistung. Innenminister und SPD-Landeschef Roger Lewentz betonte: „Die letzte Kabinettssitzung ist natürlich bewegend.“ Becks Führungsstil sei freundschaftlich, aber bestimmt gewesen.
Beck zeigte sich in einer Bilanz zufrieden mit der Entwicklung des Bildungssystems und der wirtschaftlichen Lage im Land, räumte in einem Interview mit dem „Pfälzischen Merkur“ aber ein: „Natürlich ärgert mich die Nürburgring-Geschichte, weil sie nicht so gelaufen ist, wie ich mir das gewünscht hätte. Aber in der Gesamtbewertung wird sie maßlos überbewertet.“ Becks frühere SPD-Alleinregierung hatte einen Freizeitpark am Nürburgring für rund 330 Millionen Euro bauen lassen, der zu groß ist. Dabei steht Steuergeld auf dem Spiel. CDU-Landeschefin Julia Klöckner sagte der „Rhein-Zeitung“, sie habe Beck aus dem ersten Gespräch vor Jahren zuvorkommend in Erinnerung, dazu stünden manche Äußerungen im Landtag wie „diese Tante“ im Gegensatz.
Nach Dreyers Wahl zur neuen Landesmutter wird Beck an diesem Mittwoch mit einer Feier und einer Serenade – einem Abendständchen der Bundeswehr – verabschiedet. Die Festrede zur Feierstunde hält der Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz (SPD). Erwartet werden auch der baden-württembergische Regierungschef und Bundesratspräsident Winfried Kretschmann (Grüne), Kardinal Karl Lehmann, DGB-Chef Michael Sommer, ZDF-Intendant Thomas Bellut und der Chef des 1. FC Kaiserslautern, Stefan Kuntz. Beck ist FCK-Fan. Bei der Serenade spielt das Heeresmusikkorps 300 aus Koblenz nach Angaben der Staatskanzlei den Parademarsch Nr. 1, den Jäger aus Kurpfalz, den Mosel-Marsch und die Nationalhymne.
Die Vorbereitungen für den Stabwechsel in der Staatskanzlei laufen auf Hochtouren: Das Schild für Dreyer als Nachfolgerin hängt schon. Die 51-Jährige kündigte bei Radio FFH an: „Ich bin eine andere Generation, eine Frau, ich mache Dinge eben anders als Kurt Beck.“ Dreyer leidet an Multipler Sklerose, einer entzündlichen Erkrankung des Nervensystems. Sie sitzt manchmal im Rollstuhl, fühlt sich aber fit. Ein Vorbild sei für sie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), sagte sie der „Bunten“: „Dem stellt heute keiner mehr die Frage, ob er im Rollstuhl leistungsfähig ist