Der rheinland-pfälzische Regierungschef und sein Kabinett sind im Prozess um die gescheiterte Finanzierung des Nürburgrings als Zeugen geladen.
Koblenz/Mainz. Neuer Höhepunkt in der Nürburgring-Affäre: Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) und sein gesamtes Kabinett von 2009 müssen im Untreue-Prozess als Zeugen aussagen – hinter verschlossenen Türen. Das hat das Landgericht Koblenz am Dienstag entschieden und damit dem Beweisantrag eines Verteidigers stattgegeben.
Im Prozess um die 2009 gescheiterte Privatfinanzierung des Ringausbaus sind der ehemalige rheinland-pfälzische Finanzminister Ingolf Deubel (SPD), Ex-Ringchef Walter Kafitz, sein damaliger Finanzchef Hans-Jürgen Lippelt und der damalige Controller der Nürburgring GmbH wegen Untreue angeklagt. Sie sollen beim Ausbau des Freizeitparks an der Rennstrecke beträchtliche finanzielle Schäden mitverursacht haben. Zwei weiteren Managern wird Beihilfe zur Untreue vorgeworfen, darunter dem Ex-Geschäftsführer der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB), Hans-Joachim Metternich. Sein Verteidiger hatte die Vernehmung von Beck & Co. beantragt.
Mit Hilfe der Aussagen der damaligen Kabinettsmitglieder soll herausgefunden werden, wieviel die damalige SPD-Alleinregierung von den Schritten hin zur letztlich gescheiterten Privatfinanzierung wusste und was von ihr angewiesen wurde. Deubel hatte in dem Prozess gesagt, Beck habe die Möglichkeit gehabt, das Projekt zu stoppen.
Die Vernehmung derjenigen, die noch Minister oder Abgeordnete des Landtages sind, soll vor dem Mainzer Amtsgericht stattfinden. Neben Beck sind dies seine designierte Nachfolgerin, Sozialministerin Malu Dreyer, Bildungsministerin Doris Ahnen, Europaministerin Margit Conrad sowie Fraktionschef Hendrik Hering, damals Wirtschaftsminister (alle SPD). Damalige Minister, die nicht mehr im Amt und keine Abgeordneten mehr sind, sollen vor dem Landgericht Koblenz vernommen werden. Dies betrifft Ex-Innenminister Karl Peter Bruch und Ex-Justizminister Heinz Georg Bamberger (beide SPD).
Die Vernehmungen in Mainz werden laut Landgericht und Mainzer Staatskanzlei nicht öffentlich sein. Ein Sprecher des Landgerichts begründete dies damit, dass es eine Vernehmung sei, die außerhalb der Hauptverhandlung stattfinde. Die Aussagen würden aber gemäß der Strafprozessordnung in der Hauptverhandlung in Koblenz verlesen.
Regierungssprecherin Monika Fuhr betonte in Mainz, Beck und die Kabinettsmitglieder von 2009 sagten „selbstverständlich“ aus. „Es ist ihre staatsbürgerliche Pflicht, dies zu tun.“ Die Vernehmungen wurden für die Zeit zwischen 3. und 21. Dezember angesetzt.
FDP-Landeschef Volker Wissing sagte laut Mitteilung: „Die Nürburgring-Affäre ist das kollektive Versagen der Führung der rheinland-pfälzischen SPD.“
Die frühere SPD-Regierung unter Beck hatte für rund 330 Millionen Euro einen Freizeitpark bauen lassen, der als viel zu groß gilt. Die fast komplett landeseigene Nürburgring GmbH musste im Sommer Insolvenz anmelden, nachdem zu wenig Pacht hereingekommen war und die EU-Kommission eine Geldspritze des Landes nicht genehmigt hatte.
Am Dienstag war Nürburgring-Pächter Kai Richter als Zeuge vor dem Landgericht geladen. Der 45-Jährige machte von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch und beantwortete keine Fragen.