Islamverbände: Die bisherigen Konsequenzen aus dem NSU-Terror reichen nicht. Muslime fordern echte Konsequenzen aus den Ermittlungspannen.
Berlin/Köln. Als Konsequenz aus dem NSU-Terrorismus und den damit verbundenen Ermittlungspannen dringen die Islamverbände auf durchgreifende Änderungen bei Ministerien und Behörden. Der Koordinationsrat der Muslime legte dazu am Mittwoch in Berlin einen 15 Punkte umfassenden Forderungskatalog vor. Darin werden unter anderem die spezielle Erfassung muslimfeindlicher Straftaten in der Kriminalitätsstatistik und „eine nachweisbare Entnazifizierung“ der Ämter angemahnt.
Auch sollte der Begriff „Islamismus“ aus dem öffentlichen Wortschatz gestrichen werden, da damit der Islam und Muslime unter Generalverdacht gestellt würden. Ferner müsse die Bundesrepublik jährlich der Opfer des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) gedenken, „um dem Vergessen entgegenzuwirken“.
Die deutschen Sicherheitsbehörden seien „in der Bringschuld“, den entstandenen Vertrauensverlust wiederherzustellen. „Ohne dieses Vertrauen ist es nicht möglich, sich sicher zu fühlen und sich als in Deutschland beheimatet zu fühlen“, erklärte der Koordinationsrat. Das Gremium mit Sitz in Köln war 2007 von den vier großen Dachverbänden DITIB, Islamrat, Verband der islamischen Kulturzentren und Zentralrat der Muslime gegründet worden.
Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, hat die Ermittler zu echten Konsequenzen aus dem Terror durch den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) aufgefordert. Er verglich die Morde an Muslimen durch die Terroristen mit den Anschlägen auf das „World Trade Center“ im Jahr 2001.
„Der NSU-Terror ist in Deutschland unser 9/11“, sagte Mazyek in einem Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“: „Das müssen unsere Staatsschützer in Wort und Tat verinnerlichen, damit die vielen Menschen in diesem Land, die dem Staat jetzt misstrauen, wieder neuen Mut fassen können.“
Der Koordinationsrat der Muslime (KRM) in Deutschland, zu dem auch der Zentralrat gehört, wollte am Mittwoch ein „NSU-Dossier“ vorstellen. Darin fordert der Koordinierungsrat, gemeinsam mit den muslimischen Religionsgemeinschaften den Kampf gegen den Rechtsextremismus anzugehen. „Der NSU-Terror ist nicht überall, aber überall sind noch zu viele Weggucker vor dem Rechtsextremismus“, sagte Mazyek.
Der Zentralratsvorsitzende sagte, es sei prinzipiell richtig, ein NPD-Verbotsverfahren anzustreben. Er warnte aber davor, dass sich dadurch eine „gefährliche Verharmlosung“ des Rechtsextremismus einschleichen könne. „Wir dürfen die Augen vor dem Alltagsrassismus und dem strukturellen Rassismus in der Mitte unserer Gesellschaft nicht verschließen.“