Im Prozess gegen den rheinland-pfälzischen Ex-Finanzminister Deubel (SPD) geht es um den Vorwurf der Untreue.
Im Untreue-Prozess zur gescheiterten Privatfinanzierung des Nürburgrings hat das Koblenzer Landgericht einen Antrag der Verteidigung abgewiesen. Der Anwalt des ehemaligen Nürburgring-Finanzchefs Hans-Jürgen Lippelt hatte am Dienstag die Anklageschrift als fehlerhaft bezeichnet und beantragt, sie nicht zu verlesen. Der Vorsitzende Richter Winfried Hetger verwies jedoch darauf, dass die inhaltlichen Voraussetzungen schon bei der Zulassung der Anklage bejaht worden seien. Deshalb wurde dann auch die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft verlesen. Angeklagt sind der ehemalige rheinland-pfälzische Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) und mehrere Manager – wegen Untreue oder Beihilfe zur Untreue.
Die Staatsanwaltschaft kündigte eine Stellungnahme an, das Gericht unterbrach deshalb die Sitzung für zwei Stunden. In dem Prozess geht es um die juristische Aufarbeitung der Nürburgring-Affäre. Zentrale Figur in dem Verfahren vor der Wirtschaftskammer des Landgerichts ist Deubel. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Untreue in neun Fällen vor, davon sechs in besonders schweren Fällen.
Anklage: Millionenschaden für das Land
Der Leitende Oberstaatsanwalt Harald Kruse sagte, insgesamt gehe es um einen Schaden von 12 Millionen Euro, davon 4 Millionen Euro zulasten der staatlichen Nürburgring GmbH sowie rund 7,8 Millionen Euro zulasten des Landes Rheinland-Pfalz. Zusammen mit Deubel sind fünf weitere Personen angeklagt, darunter der frühere Nürburgring-Geschäftsführer Walter Kafitz sowie der frühere Chef der landeseigenen Investitions- und Strukturbank (ISB), Hans-Joachim Metternich, und der frühere Geschäftsführer der ISB-Immobilientochter RIM, Roland Wagner. Unklar ist noch, ob im Laufe des Prozesses möglicherweise auch Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) als Zeuge aussagen muss.
Lippelts Anwalt Wessing betonte, laut der Strafprozessordnung solle ein Anklageschrift lediglich den Prozessgegenstand „in persönlicher und sachlicher Hinsicht“ feststellen. Elemente der Beweiswürdigung dürfe sie aber nicht enthalten, damit das Gericht und seine Schöffen nicht negativ beeinflusst würden. Die Anklage im Nürburgring-Prozess enthalte aber solche Beweiswürdigungen: So seien darin etwa Zweifel an der Seriosität der Nürburgring-Geschäftspartner sowie über den negativen Ausgang der Privatfinanzierung am Nürburgring aufgeführt.
Anwalt: Urteil nicht in Nachschau fällen
Eine Verlesung in dieser Form stelle also „eine Verletzung der Rechte unseres Mandanten dar“. Wessing betonte weiter, Unternehmen hätten einen weiten Entscheidungsspielraum bei der Frage, welche Risiken sie eingehen dürften. „Es wird sehr genau darauf zu achten sein, dass man das Urteil nicht aus der Nachschau fällt“, sagte der Anwalt. Seinem Antrag schloss sich Kafitz' Anwalt an. „Mein Mandant nimmt für sich in Anspruch, alle Entscheidungen zum Wohle der Nürburgring GmbH und des Landes Rheinland-Pfalz getroffen zu haben“, betonte Rechtsanwalt Hans-Jörg Odenthal. Dass die Finanzierung gescheitert sei, sei für die Straffindung ohne Belang. Die Anwälte des Metternichs und Wagners beantragten zudem, die Verfahren gegen ihre Mandanten abzutrennen.
Hintergrund des Prozesses ist der 2009 gescheiterte Versuch, den Bau der Erlebniswelt an der Eifel-Rennstrecke mithilfe privater Investoren zu finanzieren. Nach mehreren fehlgeschlagenen Anläufen war das Geschäft schließlich wenige Tage vor der Eröffnung endgültig geplatzt, weil ein Schweizer Finanzmakler gefälschte Schecks eines vermeintlichen amerikanischen Investors vorlegte. Deubel, der das Ganze als Minister und Aufsichtsratschef maßgeblich vorangetrieben hatte, musste zurücktreten.
Inzwischen ist auch die Neuordnung der Geschäfte am Ring, bei der im Jahr 2010 Besitz und Betrieb der Rennstrecke voneinander getrennt wurden, wieder gescheitert. Die Nürburgring GmbH musste im Sommer dieses Jahres Insolvenz anmelden.