Schwarz-gelbe Mehrheit bei Euro-Rettung weiter unsicher
Berlin. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht die Schlagkraft des Euro-Rettungsfonds auch bei einer stärkeren Mitsprache des Bundestages nicht gefährdet. Es würden Wege gefunden, die parlamentarische Mitbestimmung so zu gestalten, "dass sie trotzdem auch marktkonform ist", sagte Merkel gestern nach einem Treffen mit dem portugiesischen Ministerpräsidenten Pedro Passos Coelho in Berlin. Sie höre von den Haushaltspolitikern der Koalition, dass sie sich dieser Verantwortung bewusst seien.
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) bemühte sich unterdessen, einen neuen Streit mit der FDP über die Einführung einer auf die Euro-Zone begrenzten Finanztransaktionssteuer im Keim zu ersticken. "Das, was wir uns vorstellen können, ist das eine. Was in der Koalition vereinbart worden ist, ist das andere", wies Kauder entsprechende Äußerungen von Finanzminister Wolfgang Schäuble und dem Finanzexperten der Fraktion, Klaus-Peter Flosbach (beide CDU), zurück.
Beide hatten bei der Klausur der Unionsabgeordneten nach Angaben von Teilnehmern deutlich gemacht, dass die Steuer in den 17 Euro-Staaten eingeführt werden solle, falls sie in allen 27 EU-Ländern nicht durchsetzbar sei. Die FDP hatte einer Finanztransaktionssteuer nur in den Euro-Ländern zuvor eine strikte Absage erteilt. "Wir wollen keine neuen Wettbewerbsverzerrungen in Europa", sagte Fraktionschef Rainer Brüderle zum Abschluss der Klausur der FDP-Abgeordneten in Bergisch Gladbach.
Am Ende würden die Bürger die Zeche zahlen, weil die Finanzkonzerne die Abgabe auf die Preise aufschlagen würden. Eine Transaktionssteuer könnte sämtliche Geschäfte und Produkte auf den Finanzmärkten betreffen, so Brüderle. Sie würde den Bankenplatz Frankfurt etwa gegenüber London benachteiligen, wenn sie nur in der Euro-Zone eingeführt würde. Großbritannien gehört dieser Zone nicht an. Merkel und der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy hatten kürzlich als Reaktion auf Börsenturbulenzen und Euro-Schuldenkrise eine Finanztransaktionssteuer für die gesamte EU vorgeschlagen. So sollen exzessive Spekulationen eingedämmt werden.
Die Spitze der Unionsfraktion schlägt in der Diskussion über eine stärkere Einbeziehung des Parlaments bei möglicherweise kostspieligen Entscheidungen über Euro-Hilfen einen Mittelweg vor. Nach einem vom Fraktionsvorstand beschlossenen abgestuften Modell würde der ganze Bundestag etwa nur in die Entscheidung einbezogen, ob ein verschuldetes Euro-Land in ein Hilfsprogramm aufgenommen wird. Für die Anwendung der Instrumente und - kleinere - Veränderungen daran soll die Zustimmung des Haushaltsausschusses ausreichen. Es gehe darum, die Handlungsfähigkeit des Rettungsschirms im operativen Geschäft zu gewährleisten und zugleich die Beteiligung des Parlaments bei allen haushaltsrelevanten Fragen sicherzustellen, hieß es zur Begründung. Die Union will sich noch mit den anderen Fraktionen im Bundestag abstimmen.
Für Merkel und die Spitze der Unionsfraktion ist es wichtig, teils große Bedenken gegen den Rettungsschirm innerhalb der Fraktion auszuräumen. Gelingt das nicht, könnte der Koalition bei der Schlussabstimmung über den Schirm im Bundestag Ende September die eigene Mehrheit fehlen. Aus der Opposition hieß es bereits, in diesem Fall sei Schwarz-Gelb am Ende. Die FDP machte deutlich, dass sie bei den Abstimmungen über die Euro-Rettungsschirme ihre Pflicht als Regierungspartei erfüllen wolle. Schwarz-Gelb werde eine eigene Mehrheit haben, sagte Brüderle. Bei neuen Nothilfen für Euro-Länder müsse aber das Parlament das letzte Wort haben.