Berlin/Brüssel. Die FDP-Parteispitze reagiert mit Unverständnis auf die Entscheidung der europäischen Liberalen, wonach die Europaabgeordnete Silvana Koch-Mehrin Vollmitglied im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie des Europäischen Parlaments wird. Dieser Schritt habe Kopfschütteln hervorgerufen, hieß es gestern aus Kreisen der Parteiführung. Die Universität Heidelberg hatte der Politikerin vor gut einer Woche wegen Plagiatsvorwürfen den Doktortitel entzogen.
Koch-Mehrin war bislang stellvertretendes Mitglied des Ausschusses, der sich mit Fragen der Industrie- und Energiepolitik in Europa befasst, aber eben auch mit der "Verbreitung und Auswertung wissenschaftlicher Erkenntnisse", wie es auf der Homepage des Europäischen Parlaments heißt. Sie hat damit die Position mit ihrem Kollegen Jorgo Chatzimarkakis getauscht, der Vollmitglied des Gremiums war. Auch er steht unter Plagiatsverdacht.
Ein Sprecher der FDP im EU-Parlament verwies darauf, dass die Themen des Ausschusses vielfältig seien: "Frau Koch-Mehrin wird damit nicht zwingend Forschungspolitikerin." Auf ihrer Website teilte Koch-Mehrin mit, dass sie sich auch weiterhin den Themen "Digital Agenda, Informationstechnologie, Telekommunikation und Internet" widmen wolle - wie schon als stellvertretendes Mitglied des Ausschusses.
Nach Angaben des Sprechers der europäischen Liberalen gibt es Überlegungen, wonach sich Koch-Mehrin stärker im sogenannten ITRE-Ausschuss engagieren wolle, schon seit Längerem. Auch Chatzimarkakis ließ mitteilen, dass der Tausch gemäß einer Abmachung erfolgt sei. "Diese Abmachung existiert bereits seit 2009 und hat nichts mit aktuellen Vorgängen zu tun." In der Parteiführung bleiben die Zweifel. Was von langer Hand geplant sei, könne auch wieder rückgängig gemacht werden, hieß es.