Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) appelliert an den Bund, nicht auf steigende Preise bei Immobilien zu setzen.
Berlin. Auch wenn die Streichliste erst im Herbst fertig sein soll, gilt eine deutliche Reduzierung der Bundeswehrstandorte als beschlossene Sache. Bei Ländern und Kommunen wächst nun die Furcht, dass der Bund die erwarteten Schließungen dafür nutzen will, um bei den Standortgemeinden Kasse zu machen.
Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) und der Städte- und Gemeindebund haben daher an die Bundesregierung appelliert, die frei werdenden Flächen und Kasernen zu fairen Bedingungen an die betroffenen Städte und Gemeinden zu übergeben. "Es darf nicht angehen, dass der Bund auf steigende Immobilienpreise setzt und auf Zeit spielt. Der Bund steht da in der besonderen Verantwortung", machte der Regierungschef seine Bedenken deutlich.
Er forderte "vertretbare Preise" und erinnerte daran, dass manche Kommunen bereits in der Vergangenheit bei Standortschließungen Schwierigkeiten hatten, eine adäquate Weiternutzung zu organisieren. Manchmal müsse man als Kommune einen langen Atem haben, bis sich die Weiternutzung eines Kasernengeländes ergibt, so McAllister. Als Beispiel nannte er Bremervörde, wo man nach dem Abzug der Luftwaffe in den 90er-Jahren erst vor Kurzem auf dem ehemaligen Kasernengelände den Grundstein für ein neues Gefängnis gelegt habe.
Der Ministerpräsident warnte die Bundesregierung vor der Bevorzugung einiger Länder bei den bevorstehenden Standortschließungen: "Die Bundesländer müssen beim Abbau möglichst gleich behandelt werden." Es sei klar, dass die Bundeswehrreform zu weniger Standorten führen werde. Es werde schwer sein, alle Klein- und Kleinststandorte zu retten, betonte McAllister. Er rate der Bundesregierung ab, nur auf wenige Großstandorte zu setzen. "Die Bundeswehr sollte in der Fläche wahrnehmbar für die Menschen präsent sein. Die Bundeswehr ist und bleibt eine Armee der Bürger."
Die Kommunen befürchten aufreibende Verhandlungen mit dem Bund um die zivile Weiternutzung von Bundeswehr-Liegenschaften. Sie hoffen auf besondere Kulanz der Bundesregierung. Nach Ansicht des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB) sollten einige Liegenschaften kostenlos an die entsprechenden Gemeinden abgegeben werden. DStGB-Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg sagte dem Abendblatt: "Wir fordern, dass die Liegenschaften der Bundeswehr nicht überteuert, sondern so weit wie möglich sogar unentgeltlich bereitgestellt werden, um dort neues Gewerbe und damit Arbeitsplätze ansiedeln zu können." Notwendig seien dafür auch zusätzliche Konversionsmittel des Bundes und der Länder. Ein schlichter Verkauf von Flächen und Kasernen an die Kommunen ohne jegliche finanzielle Kompensation kann sich der Verband nicht vorstellen. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund erwarte, dass die Bundeswehrreform die berechtigten Interessen der Standortgemeinden berücksichtige, stellte Landsberg klar. "Jahrelang waren wir gute Gastgeber der Bundeswehr und haben oft unsere Infrastruktur den militärischen Erfordernissen angepasst", erinnerte er an die Lage der Standortkommunen. Deshalb müssten jetzt bei Standortentscheidungen sowohl die Arbeitsmarktsituation vor Ort als auch die Konversionsmöglichkeiten berücksichtigt werden, sagte Landsberg weiter.
Nach Ansicht des früheren Generalinspekteurs der Bundeswehr, Harald Kujat, könnte von den momentan 398 Standorten mindestens ein Drittel geschlossen werden. Fest steht aber bislang nur, dass die Truppenstärke von derzeit rund 220 000 auf maximal 185 000 Soldaten verringert werden soll. Davon sollen 5000 bis 15 000 Freiwillige der Armee angehören. Besonders bei der Anwerbung freiwilliger Soldaten tut sich die Bundeswehr aber noch schwer. Gleichzeitig müsste sich die Truppe "rechnerisch" von 18 000 Berufs- und Zeitsoldaten trennen, wie Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) angekündigt hat.
McAllister warb vor diesem Hintergrund für die beruflichen Qualitäten der Soldaten. "Die Bundeswehr ist ein attraktiver Arbeitgeber. Die berufsqualifizierenden Maßnahmen der Bundeswehr sind allgemein anerkannt", so der Regierungschef. Es sei gut, dass ehemalige Soldaten im öffentlichen Dienst bevorzugt eingestellt werden. Doch McAllister hofft, dass auch die Privatwirtschaft Interesse an ehemaligen Berufs- und Zeitsoldaten zeigt: "Auch private Arbeitgeber können die besonderen Kompetenzen, die man bei der Bundeswehr erlangt, gut nutzen."