Atomdebatte im Bundestag. Kanzlerin begründet ihren ganz persönlichen Kurswechsel

Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ihre Kehrtwende in der Atompolitik ganz persönlich mit der veränderten Lage durch die Reaktorkatastrophe von Fukushima begründet. "Noch immer steigt radioaktiver Dampf in die Atmosphäre", sagte Merkel gestern im Bundestag in einer Regierungserklärung zum Atomausstieg bis 2022.

Die Ereignisse seien ein Einschnitt für die Welt, aber auch "ein Einschnitt für mich ganz persönlich", betonte die Kanzlerin. Sie habe für sich eine neue Bewertung des Restrisikos der Kernenergie vorgenommen, sagte die promovierte Physikerin. Es gehe um die Verlässlichkeit von Risikoannahmen und Wahrscheinlichkeitsanalysen. "Fukushima hat meine Haltung zur Kernenergie verändert", sagte Merkel.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier warf Merkel dagegen Unaufrichtigkeit vor: "Es kann doch nicht sein, dass ausgerechnet Sie sich hinstellen als die Erfinderin der Energiewende in Deutschland, das zieht einem doch die Schuhe aus." Die Vizefraktionschefin der Grünen, Bärbel Höhn, sagte dem Abendblatt: "Merkel hätte in ihrer Rede den vielen Menschen danken sollen, die seit Jahren gegen die Atomkraft gekämpft haben." In diesem Fall "wäre ihre Wandlung von der Atomkanzlerin zur Atomaussteigerin glaubwürdiger ausgefallen".