CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt im Gespräch über das Wesen der Grünen und den Wert des Koalitionsvertrags mit der FDP.
München. Auf den Erfolg der Grünen reagiert er brachial. Winfried Kretschmann? Als Ministerpräsident eine Fehlbesetzung. Schwarz-Grün? Nein danke. Im Abendblatt-Interview macht CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt aber auch deutlich, dass der geschwächte Koalitionspartner FDP nicht auf Schonung hoffen darf.
Hamburger Abendblatt: Herr Dobrindt, haben Sie den Grünen schon zu ihrem ersten Ministerpräsidenten gratuliert?
Alexander Dobrindt:Bevor ich gratuliere, müssen die Grünen zeigen, dass sie überhaupt Verantwortung gerecht werden können. Was man bisher hört, lässt Düsteres erahnen. Der Koalitionsvertrag in Baden-Württemberg ist ein Dokument ideologischer Verblendung. Grün-Rot will die Steuern erhöhen und die Schulen durch Zwangsvereinheitlichung abwirtschaften. Der werdenden Regierung kann man bestenfalls ein Mangelhaft ausstellen.
Sie haben die Grünen vor einigen Monaten im Abendblatt-Interview als "politischen Arm von Krawallmachern, Steinewerfern und Brandstiftern" bezeichnet. Bleiben Sie dabei?
Dobrindt:Das war eine treffende Beschreibung. Herr Kretschmann ist eine Fehlbesetzung für das Amt des Ministerpräsidenten. Wer in einem Autoland die Reduzierung der Autoproduktion propagiert, weckt Zweifel an seiner Kompetenz.
Ihre Beschimpfung hat der Ökopartei jedenfalls nicht geschadet. Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, könnte sie sogar den Kanzler stellen ...
Dobrindt: Die Ereignisse von Japan haben den Grünen einen Höhenflug beschert. Das hat vieles verdeckt. In den nächsten Monaten wird die tief antibürgerliche Haltung der Grünen wieder klar zum Vorschein kommen.
Wie würden ein Bundeskanzler Özdemir oder eine Bundeskanzlerin Künast das Land verändern?
Dobrindt: Wir haben in Deutschland eine funktionierende Gesellschaft, eine Leitkultur und die soziale Marktwirtschaft. Nichts davon hat irgendwas mit den Grünen zu tun.
Wenn die Union an der Macht bleiben will, wird sie sich für Bündnisse mit den Grünen öffnen müssen ...
Dobrindt: Die Grünen sind kein Partner für die Union. Jeden, der solche Gedankenspiele hat, kann man davor nur warnen. Hamburg hat gezeigt, was passiert, wenn Schwarz und Grün gemeinsam in einer Regierung sind. Die Union macht Politik aus Verantwortung, die Grünen machen Politik frei von Verantwortung, das passt nicht zusammen.
Auf die FDP können CDU und CSU nicht mehr zählen ...
Dobrindt: Die FDP ist in einer schwierigen Situation. Sie ist dabei, sich personell zu erneuern. Ich kann den Liberalen nur raten, sich auch inhaltlich zu erneuern. Sie brauchen ein breiteres Profil, das mehr Menschen anspricht. Die FDP muss der Verantwortung gerecht werden, die ihr die Wähler übertragen haben.
Trauen Sie Gesundheitsminister Rösler zu, die FDP aus ihrem Tief zu führen?
Dobrindt: Ich wünsche Rösler viel Erfolg. Es hat in Deutschland auf Bundesebene immer Platz für eine liberale Partei gegeben. Ich kann mir vorstellen, dass dies auch in Zukunft so ist.
Wird die CSU mithelfen, die FDP zu stabilisieren?
Dobrindt: Jede Partei trägt für sich selbst die Verantwortung, das entspricht auch dem Wählerwillen. Wir werden nicht anfangen, zugunsten der FDP auf unsere klare Positionierung zu verzichten.
Aus der Regierung Merkel/Westerwelle wird die Regierung Merkel/Rösler. Kann ein Aufbruch gelingen, wenn Union und FDP an ihrem Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2009 festhalten?
Dobrindt: Der Koalitionsvertrag zeigt die große gemeinsame Basis von CDU, CSU und FDP. Wir müssen ihn nicht neu verhandeln.
Sie versprechen also weiter Steuersenkungen?
Dobrindt: Wir werden das Steuersystem in erster Linie einfacher und gerechter machen. Die kleineren und mittleren Einkommen zu entlasten bleibt unser Ziel.
Der Koalitionsvertrag sieht für diese Wahlperiode keine Pkw-Maut vor ...
Dobrindt: Die CSU hält eine Pkw-Maut für sinnvoll. Wir sollten ausländische Autofahrer nicht über deutsche Straßen rollen lassen, ohne sie an den Kosten zu beteiligen. Eine Vignette nach österreichischem Vorbild kann ich mir auch für Deutschland vorstellen. Die CSU wird die Pkw-Maut im Sommer auf die Tagesordnung setzen.
So viel zum Wert des Koalitionsvertrags.
Dobrindt: Der Koalitionsvertrag sagt nichts über die Pkw-Maut. Es kann kein Denkverbot über die Pkw-Maut geben, nur weil sie im Koalitionsvertrag nicht erwähnt ist.
Was wird aus der Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke?
Dobrindt: Die CSU wird noch vor Ablauf des Moratoriums ein Energiekonzept für Bayern vorstellen, das beispielhaft für Deutschland ist. Die Kernenergie läuft aus. Das Zeitalter der erneuerbaren Energien wird früher beginnen als geplant.
Wann geht das letzte Kernkraftwerk vom Netz?
Dobrindt: Wir müssen den Widerstand derjenigen überwinden, die immer noch gegen neue Stromtrassen und Pumpspeicherkraftwerke sind. Wenn das gelingt, denke ich: Wir können in einem Jahrzehnt aus der Kernenergie aussteigen.
Also früher, als seinerzeit von der rot-grünen Bundesregierung geplant.
Dobrindt: Darum geht es nicht. Je schneller wir andere Energieformen ausbauen, desto eher können wir aus der Kernenergie raus.
Was soll mit den sieben abgeschalteten Alt-Meilern geschehen?
Dobrindt: Für Isar I kann man jetzt schon sagen, dass der Meiler nicht mehr ans Netz gehen wird. Ich kann mir vorstellen, dass das auch für einige der anderen abgeschalteten Meiler gilt.
Was bedeutet das für die Suche nach einem Atom-Endlager?
Dobrindt: Wir erkunden den Salzstock in Gorleben ergebnisoffen. Bevor die Untersuchung nicht abgeschlossen ist, muss man über weitere Fragen nicht nachdenken. Bayern ist aus geologischen Gründen für einen Endlagerstandort nicht geeignet. Es wird keine Endlagersuche in Bayern geben.
Der grüne Ministerpräsident Kretschmann will Baden-Württemberg zu einer Zukunftswerkstatt machen. Bleibt Bayern als Industriemuseum zurück?
Dobrindt: Bei Kretschmann denkt man doch eher an Bastel-Garage als an Zukunftswerkstatt. Bayern jedenfalls wird wirtschafts- und innovationsfreundlich bleiben. Jedes Unternehmen, das in Baden-Württemberg durch grün-rote Planwirtschaft verprellt wird, ist in Bayern hochwillkommen. Investitionsgelder, die in Baden-Württemberg nicht mehr erwünscht sind, nehmen wir gerne in Bayern.
Wie wichtig ist Ihnen, dass BMW bessere Elektroautos baut als Daimler?
Dobrindt: Beim Elektroantrieb haben die bayerischen Autobauer eine Vorreiterrolle, und das weltweit.
Herr Dobrindt, wie groß ist eigentlich die Lücke, die Freiherr zu Guttenberg in der CSU hinterlassen hat?
Dobrindt: Karl-Theodor zu Guttenberg ist ein herausragender Politiker. Er genießt große Unterstützung in der Bevölkerung. In der CSU wird immer ein Platz für ihn sein.
Kann Guttenberg noch Bundeskanzler werden?
Dobrindt: Ob und wann er in die Politik zurückkehrt, liegt ganz bei ihm.
Wer hat in der Union denn noch Kanzlerformat?
Dobrindt: Wir haben eine Bundeskanzlerin, die ausgezeichnete Arbeit leistet. Es gibt keinen Grund, über anderes nachzudenken.