Berlin. Der Termin war wie gemacht für diesen Tag. Ein Mittagessen mit dem Kollegen aus Ungarn, Janos Martonyi, bei dem viel über die EU und wenig über die FDP geredet wurde. Routine eigentlich. Aber besser konnte Guido Westerwelle gestern kaum deutlich machen, dass er seine Arbeit im Auswärtigen Amt nach seinem Rückzug als FDP-Chef ganz normal weiterzuführen gedenkt.
Ob das so klappen wird, ist fraglich. Als Nur-noch-Außenminister wird er es zu Hause und auch im internationalen Geschäft um einiges schwerer haben. Klar ist, dass sich die Machtverhältnisse im Bundeskabinett zu seinen Ungunsten verschieben. Die Opposition verspottet ihn bereits als neuen "Grüßaugust" der schwarz-gelben Koalition. Aber auch in den eigenen Reihen gibt es einige, die finden, dass der 49-Jährige jetzt auch sein Chefbüro im Auswärtigen Amt räumen sollte. Der Altliberale Gerhart Baum bringt es auf den Punkt: "Es ist den Bürgern schwer zu vermitteln, dass jemand vom Parteivorsitz zurücktritt, weil die Partei ihn nicht mehr will, gleichzeitig aber noch das Land nach außen vertreten soll."
Davon will die FDP-Spitze nichts wissen. Das Präsidium sprach sich einstimmig dafür aus, dass Westerwelle Außenminister bleibt. Auch die neuen starken Männer um Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler und Generalsekretär Christian Lindner sehen für ihn weiter eine wichtige Rolle. Lindner sagte: "Es gibt ja historische Beispiele dafür, dass ein Außenminister, auch wenn er nicht Bundesvorsitzender ist, in seinem Staatsamt Großes leisten kann." Gemeint war natürlich Hans-Dietrich Genscher. Auch Nachfolger Klaus Kinkel blieb nach dem Rücktritt vom Parteivorsitz im Amt.
Aber gegen Westerwelle gibt es auch in der Beamtenschaft des Auswärtigen Amts noch arge Vorbehalte. Die deutsche Enthaltung bei der jüngsten Libyen-Resolution des Uno-Sicherheitsrats hat die Zweifel nicht kleiner werden lassen. Im Außenministerium - wo viel Wert auf Prestige und Hierarchie gelegt wird - wird eine Abgabe des Vizekanzler-Titels das Ansehen des Ministers nicht stärken.