Der Politologe Eckhard Jesse analysiert die Besonderheiten des Superwahltages
Hamburg. Für den Politologen Eckhard Jesse von der Technischen Universität in Chemnitz gibt es nach den Wahlen von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz nur einen Sieger: die Grünen. Und es gibt aus seiner Sicht viele Verlierer: alle anderen Parteien. Vor allem hätten die Wahlen einen Vertrauensverlust der großen Volksparteien beim Wähler gezeigt. "Beide Landtagswahlen drücken einen Wandel im deutschen Parteiensystem aus", sagt Jesse dem Hamburger Abendblatt. "Die Volksparteien verlieren ernsthaft an Zustimmung." Nicht nur die CDU, die in Baden-Württemberg fast fünf Prozent gegenüber der vergangenen Wahl 2006 verliert. "Auch die SPD schneidet schlecht ab. Und das, obwohl die politischen Rahmenbedingungen stimmten", sagte Jesse. In Rheinland-Pfalz verlor der sozialdemokratische Ministerpräsident Kurt Beck die absolute Mehrheit. Seine Partei hat etwa zehn Prozent weniger Stimmen als bei der vergangenen Landtagswahl.
Für den Außenminister und Parteichef der FDP, Guido Westerwelle, sieht der Parteienforscher Jesse nur noch eine Möglichkeit: "Westerwelle sollte jetzt selbst die politischen Konsequenzen aus den schlechten Ergebnissen ziehen und zurücktreten", sagte er. Während die FDP in Baden-Württemberg nur knapp mehr als fünf Prozent erhalten hat und in den Landtag einzieht, bleibt sie in Rheinland-Pfalz unter der Fünf-Prozent-Hürde.
Zum Erfolg der Grünen hat nach Ansicht von Jesse auch die nukleare Katastrophe in dem japanischen Atomkraftwerk Fukushima beigetragen. "Die Grünen haben nach dem Atom-Unglück wieder klar an Zustimmung gewonnen. Vor allem haben sie konsequent gegen Stuttgart 21 protestiert und immer schon für den Ausstieg aus der Atomkraft mobil gemacht", sagt Jesse. Das gebe den Grünen eine große Glaubwürdigkeit.
Glaubwürdigkeit, die der CDU fehle. "Mappus ist in seinem klaren Pro-Atom-Kurs nach dem Unglück in Japan umgeschwenkt", sagt Jesse. "Das hat seiner Glaubwürdigkeit enorm geschadet", hebt er hervor. Die Stammwähler nähmen Mappus diesen Zickzack-Kurs übel. Das gelte aber genauso für die schwarz-gelbe Regierung unter Kanzlerin Merkel.