Erwin Sellering im Abendblatt-Interview über die Lehren aus dem schwachen Abschneiden der SPD

Schwerin. Er regiert mit der CDU - und muss sich im September einer Landtagswahl stellen: Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) bewertet die Ergebnisse vom Sonntag.

Hamburger Abendblatt:

Herr Sellering, welches Signal für den Norden geht von den Landtagswahlen im Süden der Republik aus?

Erwin Sellering:

Das wichtigste Ergebnis ist, dass wir eine klare Volksabstimmung für eine Energiewende erlebt haben: Das Atomzeitalter geht zu Ende. Es gibt starken Rückenwind für die erneuerbaren Energien. Und davon werden wir im Norden profitieren. Denn bei uns gibt es beste Voraussetzungen für den Anlagenbau und die Stromerzeugung auf diesem Gebiet.

Der Superwahltag hat einen großen Sieger: die Grünen. Ist die Ökopartei auf dem Weg zur neuen linken Volkspartei?

Sellering:

Die Grünen sind eine feste Größe geworden. Aber natürlich sind diese Wahlen sehr stark durch die Debatte um die Atomkraft geprägt worden. Und Herr Mappus ist eine ganz besondere Figur, an der sich die Grünen reiben konnten.

Die SPD hat in Baden-Württemberg ihr schlechtestes Ergebnis geholt und auch in Rheinland-Pfalz dramatisch an Boden verloren. Warum profitieren die Sozialdemokraten nicht von der Schwäche der bürgerlichen Parteien?

Sellering:

Die Wahlverlierer heißen Union und FDP. Frau Merkel ist mit ihrer unglaubwürdigen Atompolitik gescheitert.

Sie werden die SPD jetzt nicht zum Wahlsieger erklären wollen.

Sellering:

Die Grünen haben unheimlich stark abgeschnitten - und mit den Themen Atom und Stuttgart 21 wohl auch den einen oder anderen SPD-Wähler für sich gewonnen. Für uns ist wichtig, dass wir gemeinsam mit den Grünen die schwarz-gelbe Regierung in Baden-Württemberg ablösen können.

Wie kann Parteichef Gabriel dazu beitragen, dass die SPD wieder zulegt?

Sellering:

Ich wünsche mir, dass die SPD weiter einen klaren Kurs fährt und solide, pragmatische und verlässliche Politik für die Menschen macht. So können wir bei den bevorstehenden Landtagswahlen bestehen.

Verlässlichkeit ist nicht gerade Gabriels Markenzeichen. Er steht eher für einen Zickzackkurs.

Sellering:

Ich sehe bei unserem Parteivorsitzenden keinen Zickzackkurs.

Die SPD als Juniorpartner der Grünen - für Sie gar kein Problem?

Sellering:

Das ist vor Ort lange diskutiert worden. Wichtig ist, dass SPD und Grüne miteinander regieren. Und wer die Nase vorn hat, soll den Ministerpräsidenten stellen.

Mecklenburg-Vorpommern wählt im Herbst. Können Sie sich ein Bündnis mit den Grünen vorstellen?

Sellering:

Wir haben ganz andere Mehrheitsverhältnisse. Bei uns haben die Grünen noch nie den Einzug in den Landtag geschafft ...

... was sich ändern kann.

Sellering:

Wir haben im Osten traditionell eine starke Linke, mit der wir in Mecklenburg-Vorpommern acht Jahre lang regiert haben.

Rot-Rot wäre Ihnen lieber als Rot-Grün?

Sellering:

Das sehen wir pragmatisch. Wir haben mit der Linken zusammengearbeitet, regieren jetzt erfolgreich mit der CDU. Für uns ist entscheidend, mit wem wir die meisten sozialdemokratischen Inhalte umsetzen können.

In Hamburg regiert Olaf Scholz. Was versprechen Sie sich vom neuen SPD-Bürgermeister?

Sellering:

Ich fühle mich auf einer Linie mit Olaf Scholz. Auch er steht für gute Wirtschaftspolitik und soziale Gerechtigkeit. Ich hoffe, dass in Schleswig-Holstein ein weiterer sozialdemokratischer Regierungschef hinzukommt. Im Norden kann eine starke SPD-Achse entstehen.

Rückt dann auch der Nordstaat näher?

Sellering:

Einen Nordstaat kann es nur geben innerhalb einer Neuordnung der Bundesländer insgesamt. Und die sehe ich momentan nicht.