Familienministerin Kristina Schröder beharrt auf einer flexiblen Lösung - und tritt damit Arbeitsministerin Ursula von der Leyen entgegen.
Berlin. Über das Ziel sind sich alle in der schwarz-gelben Bundesregierung einig: In den Chefetagen der Wirtschaft sitzen zu wenig Frauen. Doch ob der Weg zu mehr weiblicher Führung in deutschen Unternehmen über eine gesetzlich geregelte Frauenquote führt, darüber streitet das Kabinett. Vor allem die beiden CDU-Ministerinnen Ursula von der Leyen (Arbeit) und Kristina Schröder (Familie) haben unterschiedliche Vorstellungen von einer Quote.
Von der Leyen will eine gesetzliche, verbindliche Quote von 30 Prozent für Vorstände und Aufsichtsräte großer börsennotierter Unternehmen. Schröder setzt auf eine mildere Variante mit einer "Pflicht zur Selbstverpflichtung" ohne starre Quote. Die Ministerin sagte in der ARD, sie wolle keine gesetzliche Regelung, "die alle Unternehmen von der Stahlindustrie bis zur Medien- und Kommunikationsbranche über einen Kamm schert". Sie kann sich damit der Unterstützung der Wirtschaft sicher sein. Wie es nach Abendblatt-Informationen beim Bund der Industrie (BDI) hieß, hält man hier die Pläne der Familienministerin für interessant. Starre Quoten und Vorgaben lehne man hingegen strikt ab. Auch CSU und FDP sind geschlossen gegen eine Regelung per Gesetz. FDP-Generalsekretär Christian Lindner wies eine feste Quote als einen "tiefen Eingriff in Vertragsfreiheit und Personalpolitik der Unternehmen" zurück. CSU-Chef Horst Seehofer wolle mit der Wirtschaft erst mal über mögliche Selbstverpflichtungen reden.
Unterstützung bekam Arbeitsministerin von der Leyen aus der EU-Kommission. Falls bis Jahresende die Konzerne nicht selbst aktiv werden, will Brüssel rechtliche Vorgaben für eine Frauenquote in Aufsichtsräten machen, kündigte EU-Justizkommissarin Viviane Reding an. Auch die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Christine Lüders, macht sich für eine gesetzliche Quote stark: "Wir brauchen die Quote, damit endlich einmal eine Frau auf dem Posten von Josef Ackermann Platz nehmen kann", sagte Lüders dem Abendblatt. Bis dahin sei es aber noch ein weiter Weg. DAX-Vorstände seien immer noch nahezu frauenfreie Zonen, und in "den Vorständen der 100 umsatzstärksten Unternehmen sitzen sage und schreibe vier Frauen neben 437 Männern", hob Lüders hervor. "Das ist peinlich für Deutschland." Was Deutschland brauche, sei eine neue Karrierekultur, ergänzte Lüders. Dazu gehörten auch "flexible Arbeitszeiten, Heimarbeitsplätze für Topmanager und Arbeitgeber, die darauf achten, dass ihre Führungskräfte nach acht Stunden nach Hause gehen", sagte Lüders.
Manche in den Unternehmen halten jedoch schon 20 Prozent für zu viel. Die Frauen in der Unionsfraktion haben einen Stufenplan für eine 30-Prozent-Regelung bis 2018 ins Gespräch gebracht. SPD und Grüne sind für 40 Prozent, die Linken für 50 Prozent Frauenanteil in den Führungsetagen.