Verkehrspolitische Sprecher von Union und FDP fordern eine europäische Initiative. Damit soll die Steuerfreiheit auf Kerosin gekippt werden.
Berlin. Ungeachtet der geplanten Ticketabgabe für Flugpassagiere machen sich die Verkehrspolitiker von Union und FDP für eine Einführung einer internationalen Kerosinsteuer stark. Sie fordern eine Initiative auf europäischer Ebene, um die weltweite Steuerfreiheit auf den Flugzeugtreibstoff zu kippen. Bislang sieht das Chicagoer Abkommen von 1944 vor, dass Treibstoffe auf internationalen Flügen steuerfrei sind.
Der verkehrspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Dirk Fischer (CDU), sagte dem Abendblatt: "Eine weltweite Kerosinbesteuerung wäre die bessere Lösung als eine nationale Ticketabgabe." Auch der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Patrick Döring, warb für eine Einführung einer weltweiten Kerosinsteuer. "Die Kerosinsteuer hätte den Vorteil, dass sie sich wie bei Steuern auf Mineralöle für Kfz um eine Verbrauchssteuer handeln würde." Eine Kerosinsteuer würde nach Angaben Dörings zudem am deutlichsten die Umwelteffekte und die Energieeffizienz der Airlines abbilden.
Ab 1. Januar 2011 sollen in Deutschland Flugtickets teuer werden. Je nach Entfernung müssen Passagiere acht, 25 oder 45 Euro mehr für ein Ticket ausgeben. An dem Vorhaben wollen die Verkehrspolitiker der Koalition nicht rütteln, kritisieren jedoch den Aufschlag für Flugreisende. "Die Ticketabgabe bringt für die hiesigen Flughäfen und unsere deutschen Airlines Nachteile im Wettbewerb. Anders kann man das nicht sehen", sagte CDU-Politiker Fischer. Die Einnahmen von einer Milliarde Euro seinen jedoch fest im Bundeshaushalt eingeplant. "Die Ticketabgabe wird erst einmal kommen", stellte Fischer klar.
FDP-Fraktionsvize Döring betonte: "Niemand von uns hat sich die Ticketabgabe gewünscht. Ein nationaler Alleingang verzerrt immer den Wettbewerb. Das ist unstrittig." Es sei gut, dass man nach zwei Jahren das Gesetz bewerten wolle und mögliche volkswirtschaftliche Nachteile nachvollziehen könne, sagte Döring weiter.
Beide Verkehrspolitiker sprachen sich für ein international abgestimmtes Vorgehen aus, um eine weltweite Kerosinsteuer zu ermöglichen. "Die EU-Kommission muss ein Mandat bekommen, um das weltweit geltende Chicagoer Abkommen zu kündigen und so Veränderungen zu ermöglichen", forderte Fischer. Der Hamburger Christdemokrat machte deutlich: "Die Kommission hat ein ganz anderes Gewicht, als wenn einzelne Staaten versuchen würden, sich für eine Kerosinbesteuerung einzusetzen." Laut Fischer könnte dann in ganz Europa und zum Beispiel auch in Amerika die Kerosinsteuer eingeführt werden, damit eine wettbewerbgerechte Situation entsteht.
Der CDU-Politiker wies darauf hin, dass dem Bund laut Subventionsbericht allein in diesem Jahr 680 Millionen Euro an Einnahmen entgingen, "weil wir keine Kerosinsteuer haben", so Fischer. Er zeigte sich überzeugt, dass eine Kerosinsteuer die gleiche Einnahmenhöhe wie die Ticketabgabe erbringen würde: "Man könnte die Kerosinsteuer auch so ausgestalten, dass eine Milliarde Euro jährlich herauskommt."
FDP-Politiker Döring bekräftigte den Wunsch einer europäischen Herangehensweise an die Kerosinsteuer : "Eine Kerosinbesteuerung auf internationaler Ebene halte ich für wünschenswert. Die Europäische Union müsste das Chicagoer Abkommen kündigen und neu verhandeln, um eine internationale Lösung zu erreichen", verdeutlichte Döring. Er räumte ein: "Es wäre ein sehr zäher, langwieriger Prozess angesichts der aufstrebenden Flugmärkte in China und im Nahen Osten." Aber er halte diesen Verhandlungsprozess für "lohnenswert". Döring nannte als Möglichkeit auch die isolierte Einführung einer Kerosinbesteuerung in Europa. "Aber diese Lösung würde zu einem noch steigenden Wettbewerbsvorteil der chinesischen und arabischen Airlines führen", warnte der liberale Verkehrsexperte.
Döring rechnet zugleich damit, dass die Ticketabgabe Einfluss auf den Flugverkehr nehmen wird. "Es wird sicher in den Grenzregionen Deutschlands zu geringfügigen Verlagerungen im Flugverkehr und im Reiseverhalten kommen. In Nordrhein-Westfalen wird der Flughafen Weeze an der Grenze zu den Niederlanden davon am ehesten betroffen sein." Auch begrenzte Verlagerungen nach Zürich und Salzburg seien "nicht ganz auszuschließen", so Döring. Eine massive Verlagerung von Abreisen aus dem benachbarten Ausland hält Döring indes für ausgeschlossen. "Um 45 Euro zu sparen, setzt sich kein Hamburger ins Auto, um von Amsterdam interkontinental zu fliegen." Man kenne die Ankündigung von Ryanair, die Expansion in Deutschland wegen der Ticketabgabe zu stoppen. "Ob es am Ende so eintritt, müssen wir abwarten. Die anderen Airlines haben für 2011 eher positive Erwartungen an den deutschen Markt trotz der Ticketabgabe", betonte der FDP-Politiker.