Wirtschaftsminister Rainer Brüderle warnt in Peking vor Strafmaßnahmen. Die deutschen Exporte nach China steigen um 52 Prozent.
Peking/Berlin. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hat angesichts des aktuellen Streits um die Wechselkurse vor folgenschweren Auseinandersetzungen zwischen China und dem Westen gewarnt. Es bestehe die große Gefahr, dass die Unterbewertung nationaler Währungen Strafmaßnahmen und schließlich einen Handelskrieg nach sich ziehe, sagte Brüderle gestern zum Auftakt seines zweitägigen China-Besuchs in Peking. Exportweltmeister China wird vorgeworfen, seine Währung, den Yuan , künstlich niedrig zu halten, um den Weltmarkt mit seinen Produkten überschwemmen zu können. Die USA haben bereits Strafzölle auf chinesische Waren angekündigt.
Die deutsche Wirtschaft fürchtet im Fall eines Handelskrieges zwischen China und den USA ein böses Erwachen. "Deutschlands exportierende Unternehmen werden zu den großen Verlierern zählen, sollte sich der weltweite Abwertungswettlauf verschärfen", sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Hans Heinrich Driftmann, der Onlineausgabe des "Manager Magazins". Mittelfristig führe kaum ein Weg an einer allmählichen Aufwertung des Yuan vorbei.
Noch allerdings boomt das deutsche China-Geschäft: Die Exporte legten in den ersten sieben Monaten dieses Jahres um 52 Prozent auf rund 30 Milliarden Euro zu, die Importe aus China wuchsen um 34 Prozent. Das Handelsvolumen könnte in diesem Jahr 100 Milliarden Euro erreichen, sagte Brüderle. Allein die deutschen Autobauer lieferten im ersten Halbjahr Fahrzeuge im Wert von 4,4 Milliarden Euro ins Reich der Mitte - fast dreimal so viel wie in der gleichen Vorjahreszeit.
"Ohne die Volksrepublik wären einige Hersteller während der Krise in große Schwierigkeiten geraten", sagt Stefan Bratzel, Autoprofessor an der FH Bergisch Gladbach. Für den größten deutschen Autobauer VW ist das Land heute der mit Abstand wichtigste Markt: Der Konzern steigerte den Absatz bis September um 39 Prozent auf 1,48 Millionen Fahrzeuge.
Trotz des massiven internationalen Drucks auf China, seine Währung schneller aufzuwerten, äußerte der Bundeswirtschaftsminister Verständnis für die Haltung Pekings. "Es muss auch die innerchinesische Situation berücksichtigt werden", sagte Brüderle und verwies auf die Rückständigkeit und die wirtschaftlichen Probleme einiger Regionen in China. Auch habe der Yuan gegenüber dem Euro in den vergangenen ein, zwei Jahren 15 bis 17 Prozent an Wert gewonnen.
China hat derweil Hoffnungen auf eine schnelle Aufwertung seiner Währung gedämpft. Zu rasche Schritte könnten zu weiteren Problemen führen, warnte Zentralbankchef Zhou Xiaochuan in Washington. Das Land hatte im Juni die fast zwei Jahre währende starre Koppelung des Yuan an den Dollar etwas gelockert.
Unterdessen hat Peking den Ton in der Diskussion um den diesjährigen Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo verschärft. Die Entscheidung des Nobel-Komitees sei ein "riesiger Fehler" und zeige "keinen Respekt für Chinas Justiz", sagte ein Regierungssprecher gestern. Die Frau des Preisträgers, Liu Xia, berichtete von Polizeischikanen. "Ich stehe unter Hausarrest und kann nur in Begleitung der Polizei einkaufen gehen", sagte sie der "Welt".