Innenminister will schnelle Lösung für neuartige Sicherungsunterbringung von Gewalttätern
Hamburg. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) drängt auf eine schnelle Lösung im Streit um den Umgang mit aus der Sicherungshaft entlassenen Gewalttätern. Möglichst noch bis Ende September will er ein Konzept für eine neuartige Sicherungsunterbringung für Schwerverbrecher vorlegen. Dies bestätigte ein Sprecher des Ministeriums gestern in Berlin. De Maizière kündigte eine "schnelle politische Entscheidung" über die Reform an. Sein Vorschlag, für rückfallgefährdete entlassene Straftäter eine Unterbringung außerhalb der Haftanstalt zu schaffen, sei ohne "großen Aufwand" umzusetzen, sagte er. Die Einrichtungen sollten sich von Gefängnis und Psychiatrie unterscheiden und könnten etwa an den Standorten von bestehenden Justizvollzugsanstalten entstehen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte die nachträgliche Sicherungsverwahrung für menschenrechtswidrig erklärt. Deshalb stehen etwa 80 Täter in Sicherungsverwahrung vor der Entlassung oder sind schon entlassen. In Hamburg sind allerdings statt der erwarteten 17 nur 14 Inhaftierte von dem Urteil betroffen. Nach Angaben der Justizbehörde wurde einer in ein anderes Bundesland verlegt, für zwei andere gilt ohnehin keine Gefahrenprognose mehr.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) lehnt den Vorschlag einer neuen Sicherungsunterbringung für diese Männer bisher ab. Ihr Sprecher forderte gestern, dass der Vorschlag auf jeden Fall verfassungs- und europarechtlich tragfähig sein müsse. Leutheusser-Schnarrenberger räumte in der "Zeit" ein, dass aber auch die von ihr favorisierte elektronische Fußfessel zur Überwachung von Schwerverbrechern kein Allheilmittel sei. Gleichzeitig griff sie die Bundesländer an. Die Vorbereitungen auf die anstehenden Entlassungen seien nicht "so koordiniert getroffen worden, wie das nötig gewesen wäre", sagte sie. "Spätestens seit Mai war doch absehbar, was da auf uns zukommt." Das sei ein Grund dafür, "dass wir jetzt in der Praxis Probleme haben".
Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) wies dies zurück. "Die Kritik der Bundesjustizministerin kann Bayern nicht treffen. Bei uns musste bisher niemand entlassen werden. Aber natürlich haben wir alles Notwendige veranlasst", sagte Merk dem Abendblatt. "An der Äußerung von Frau Leutheusser-Schnarrenberger erkennt man allerdings, dass sich das Bundesjustizministerium mit der praktischen Umsetzung gar nicht befasst hat. Denn auch eine gute Entlassungsvorbereitung kann nicht verhindern, dass diese Täter erneut schwere Verbrechen begehen."
Merk setzt genauso wie de Maizière auf eine spezielle Unterbringung. "Der Vorschlag des Bundesinnenministers nach einer Sicherungsunterbringung ist konstruktive Sicherheitspolitik", sagte sie. "Mit diesem Entwurf trägt er den Kritikpunkten des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Rechnung und unterstützt den von mir vorgeschlagenen Weg." Merk hatte diesen Vorschlag bereits gleich nach dem Urteil im Mai gemacht.