FDP-Generalsekretär Christian Lindner über Schwarz-Grün und die Chance der Liberalen
Hamburg. FDP-Generalsekretär Christian Lindner sieht keine Gemeinsamkeiten mehr zwischen CDU und Grünen. Die schwarz-gelbe Bundesregierung sieht er zu Unrecht angegriffen.
Hamburger Abendblatt:
Herr Lindner, Ole von Beust ist zurückgetreten. Ein Tag der Freude für die FDP?
Christian Lindner:
Das wäre kleinlich. Richtig ist allerdings, dass der einzige prominente Kopf der schwarz-grünen Koalition in Hamburg von Bord gegangen ist. Er sieht für sich und das schwarz-grüne Experiment anscheinend keine Perspektive. Die Gemeinsamkeiten sind wohl verbraucht.
Fordern Sie Neuwahlen?
Das ist Sache der Hamburger und keine Frage der Bundespolitik.
Welche Machtoption sehen Sie für die FDP?
Die FDP hat mit ihrem pragmatischen Kurs in der Schulpolitik Punkte gemacht. Das ist eine gute Ausgangsbasis in den nächsten Monaten und Jahren.
Bei der Bürgerschaftswahl ist die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert ...
Es hat sich seit damals viel verändert. Der Landesvorsitzende Rolf Salo hat die Hamburger FDP aus einer schwierigen Phase heraus stabilisiert. Im Bundestag ist sie stark vertreten. Sie muss jetzt weiter Antworten liefern, wie sie das in der Bildungspolitik bereits getan hat.
Welche Bedeutung hat der Beust-Rücktritt für die Union, Ihren Koalitionspartner in Berlin?
Rücktritte und personelle Wechsel gehören zur Politik dazu. Das ist Normalität. In Niedersachsen hat man gesehen, dass damit Chancen verbunden sein können. Die schwarz-gelbe Koalition in Hannover hat noch mal Schwung auch dadurch gewonnen, dass an der Spitze neue Leute arbeiten.
Glauben Sie, die heimliche Begeisterung der Kanzlerin für Schwarz-Grün lässt jetzt nach?
Ich habe eine solche Begeisterung bis dato nicht feststellen können, und ich will mich an einer entsprechenden Legendenbildung nicht beteiligen.
Schlechter als mit der FDP könnte es für die Kanzlerin mit den Grünen wahrscheinlich nicht laufen.
Unsinn. Unsere Koalition hat im ersten Halbjahr 2010 große Krisenereignisse bewältigen müssen. Es sind schwierige Zeiten, aber wir haben unsere gemeinsame Handlungsfähigkeit dokumentiert: mit einem neuen Afghanistan-Konzept, der Sicherung unserer Währung und mit einem breit akzeptierten neuen Bundespräsidenten.
Die SPD will die kommenden Wahlen zum Plebiszit über die schwarz-gelbe Gesundheitsreform machen. Fürchten Sie das Votum der Bürger?
Warum sollte ich?
Parteichef Gabriel nennt die Gesundheitsreform einen der ungerechtesten Schnitte im Sozialsystem, spricht von der größten Netto-Lüge aller Zeiten ...
Gabriel bezichtigt notorisch andere der Lüge, obwohl er selbst den Sichtkontakt zur Wahrheit längst verloren hat. Er verdeckt eigene Konzeptlosigkeit durch immer rabiatere Rhetorik. Die objektiven Zahlen des Bundes der Steuerzahler zeigen, dass der SPD-Chef ein Täuscher, Verschweiger und Verdreher ist.
Wie belegen Sie das?
Die Bürger werden immer noch mehr Netto als vor einem Jahr haben, selbst wenn die Krankenkassenbeiträge erhöht werden. Sie waren zuvor von Ulla Schmidt übrigens nur durch Schulden künstlich gesenkt worden. Die ersten Entscheidungen der SPD in Nordrhein-Westfalen zeigen zudem, dass die Partei von Herrn Gabriel trotz Griechenland immer noch keine Hemmungen bei uferloser Staatsverschuldung hat. Versprochen wird, was gerade populär ist.