Kristina Schröder (CDU) erntet mit ihren Plänen, das Elterngeld für Aufstocker und Mini-Jobber kürzen zu wollen, scharfe Kritik.
Berlin. Es war der berühmte Schuss, der nach hinten losging. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder hat angesichts neuer Vorschläge zu Kürzungen beim Elterngeld am Freitag heftige Kritik aus den eigenen Reihen einstecken müssen . "Wenn jetzt bei jungen Eltern, die auf einen kleinen Hinzuverdienst durch einen Minijob angewiesen sind, dieser bei der Berechnung des Elterngeldes nicht mehr berücksichtigt wird, tragen wir dies nicht mit", erklärte die familienpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Dorothee Bär.
Die CSU-Politikerin nannte es "unverständlich", dass bei Aufstockern das Elterngeld künftig angerechnet werden solle. "Diese Maßnahmen wären geradezu das Gegenteil eines Arbeitsanreizes. Sie wären eine Strafe für diejenigen, die als Geringverdiener den Kontakt zum Arbeitsmarkt halten." Die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Miriam Gruß sprach sogar von einem "völlig irrsinnigen" Vorschlag. Wenn das Familienministerium noch Kürzungsbedarf habe, sagte Gruß dem "Tagesspiegel", dann könne es das Elterngeld ja "aus Gerechtigkeitsgründen" nicht nur wie bereits verabredet den Hartz-IV-Empfängern, sondern auch den "Millionärsgattinen" streichen.
Einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zufolge war in Schröders Ministerium geplant worden, Mini-Jobbern und Hartz-IV-Aufstockern das Elterngeld zu streichen. Schröders Sprecherin Stefanie Augter sprach vor der Bundespressekonferenz zunächst von "Gerüchten", die sie nicht kommentieren könne. Auf Nachfragen räumte Augter jedoch ein, dass es im Rahmen des Sparpakets in ihrem Hause verschiedene Papiere gebe, "die ausgetauscht und diskutiert werden".
Dieses spezielle ist am Freitag zweifellos in den Papierkorb gewandert. Daniel Volk begrüßte das dem Abendblatt gegenüber nachdrücklich. Er sei angesichts der schröderschen Idee schon "sehr überrascht" gewesen, sagte der FDP-Obmann des Bundestagsfinanzausschusses. "Es ist ja gerade Sinn und Zweck des Elterngeldes, Ersatz für Lohn oder Einkommen zu schaffen, wenn jemand wegen des Kindes vorübergehend aus dem Job ausscheidet." Dass die Regierungsparteien Schröders Idee am Freitag unverzüglich abräumten, bezeichnete Volk als logisch und konsequent.
Schröder selbst ruderte am Nachmittag zurück und kündigte Nachbesserungen an. "Es ist der erklärte Wille des Familienministeriums, eine Sonderregelung für die sogenannten Aufstocker zu finden und im Gesetz zu verankern", sagte die CDU-Politikerin in Berlin. Eine solche Sonderregelung sei "aus technischen Gründen" bisher noch nicht in dem Entwurf enthalten, weil sie mit geplanten Neuregelungen der Hartz-IV-Sätze und der Erwerbstätigenfreibeträge zusammenhänge.
Die "Süddeutsche" hatte sich auf einen ihr vorliegenden Referentenentwurf des Ministeriums berufen, der die Umsetzung der Kürzungspläne regele. Bereits bekannt war, dass die Koalition für Hartz-IV-Empfänger das Mindestelterngeld von 300 Euro im Monat streichen und so 400 Millionen Euro ab dem Jahr 2011 sparen will. Weitere 200 Millionen sollen dadurch gespart werden, dass ab einem Nettoeinkommen von gut 1200 Euro im Monat nur noch 65 statt 67 Prozent des letzten Nettolohns als Elterngeld gezahlt werden. In Schröders Plänen war offenbar vorgesehen, das Elterngeld bei den Aufstockern künftig als Teil des Einkommens zu rechnen, womit der bis zu 140 Euro betragende Kinderzuschlag weggefallen wäre. Mini-Jobber wären schlechter gestellt worden, weil die Einkünfte aus dem Mini-Job das Elterngeld künftig nicht mehr erhöht hätten.
Die Oppositionsparteien reagierten empört. Kristina Schröder habe ihren Job noch nicht verstanden, meinte Linken-Parteichefin Gesine Lötzsch. Grünen-Chefin Claudia Roth sagte der "Mittelbayerischen Zeitung": "Das ist ein Anschlag auf die soziale Gerechtigkeit." Damit würden Eltern erster und zweiter Klasse etabliert. Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig sprach von einer "bodenlosen Frechheit". Schröder mache eine Politik gegen Familien und nicht für Familien, sagte Schwesig der "Frankfurter Rundschau". DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach warnte vor einem "Verarmungsprogramm für Familien".