Hannelore Kraft brauchte die Linken, um NRW-Ministerpräsidentin zu werden. Und sie brauchte zwei Anläufe, weil Rot-Grün nur 90 Stimmen hat.
Düsseldorf/Hamburg. Die erste Ministerpräsidentin in Nordrhein-Westfalen, die erste weibliche Doppelspitze – und das bei einer wackeligen Regierung. Hannelore Kraft (SPD) ist im bevölkerungsreichsten Bundesland zur Regierungschefin einer rot-grünen Minderheitsregierung gewählt worden. Sylvia Löhrmann von den Grünen und die SPD-Landesvorsitzende bilden dabei das neue Führungsduo. Nicht nur bei der Wahl zur Nachfolgerin von Jürgen Rüttgers (CDU), sondern auch bei ihren zentralen Vorhaben ist Kraft auf die Stimmen oder mindestens die Enthaltung der Linken angewiesen. Zur absoluten Mehrheit im Landtag fehlt Rot-Grün eine Stimme.
Verfolgen Sie hier den Live-Ticker zur Wahl im Düsseldorfer Landtag:
13.20 Uhr: In ihren ersten Worten als neue Ministerpräsidentin dankt Hannelore Kraft ihrem Vorgänger: „Sehr geehrter Herr Rüttgers, ich danke Ihnen für Ihre Arbeit für das Land." Kraft sprach von einer schwierigen Aufgabe, die die Wähler der Politik gestellt hätten. Sie sagte, sie nehme den eben geleisteten Eid sehr ernst. Die Regierung sei dem Wohle des Landes verpflichtet. Sie wolle alles tun, um diesen Erwartungen gerecht zu werden.
13.16 Uhr: Hannelore Kraft spricht den Amtseid: „So wahr mir Gott helfe." Sie lächelt, wirkt aber sehr gefasst, nicht überschwenglich.
13.14 Uhr: Hannelore Kraft nimmt die Wahl an. Jetzt kommt Tagesordnungspunkt zwei: der Amtseid.
13.10 Uhr: Hannelore Kraft ist neue Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen und Nachfolgerin von Jürgen Rüttgers, der am 9. Mai eine herbe Wahlschlappe erlitt. Die SPD-Landesvorsitzende erhielt im zweiten Wahlgang 90 Stimmen. Im ersten Anlauf war sie mit 90 Stimmen noch gescheitert, weil eine absolute Mehrheit notwendig war.
13.05 Uhr: Der zweite Wahlgang ist abgeschlossen. Analog zum ersten dürfte es wieder nur wenige Minuten dauern, bis ein Ergebnis feststeht.
12.51 Uhr: Im zweiten Wahlgang stimmt auch Kraft wieder ab. Sie schmunzelt. Die Namen werden in hoher Geschwindigkeit aufgerufen, als solle Kraft im Turbo-Tempo ins Amt gebracht werden. Im Anschluss an die Wahl soll Kraft gleich vereidigt werden.
12:41 Uhr: Von 181 gültigen Stimmen erhielt Hannelore Kraft 90 Stimmen, eine weniger als die absolute Mehrheit. Es gab zehn Enthaltungen und 81 Gegenstimmen. Ein Parteimitglied der Linken dürfte gegen Kraft gestimmt haben. Auch für den zweiten Wahlgang wird Kraft vorgeschlagen.
12:36 Uhr: Der erste Wahlgang ist vorbei. Die Auszählung beginnt. Die Abgeordneten bleiben im Saal.
12.29 Uhr: Der bis zu diesen Minuten noch geschäftsführende Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) wird aufgerufen und wählt. Rüttgers hatte der Illustrierten „Bunte“ gesagt, der Abschied aus dem Regierungsamt werde alles andere als ein Schock für ihn: „Ich kann selbst Auto fahren, ich kann Brötchen holen, mit dem Zug fahren, telefonieren.“ Und: „Ich werde meiner Frau schon nicht auf die Nerven gehen.“
12.23 Uhr: Hannelore Kraft wird selbst aufgerufen. Sie steckt ihren Stimmzettel in die durchsichtige Box. Sie hatte bis dato entspannt auf ihrem Platz gesessen und mit den Fraktionskollegen gelacht. Es schien, als erwarte sie im ersten Durchgang keine Überraschungen.
12.09 Uhr: Landtagspräsident Eckhard Uhlenberg (CDU) eröffnet die Sitzung. Er ruft den Tagesordnungspunkt eins auf: „Wahl der Ministerpräsidentin oder des Ministerpräsidenten.“ Kraft braucht zunächst 90 Stimmen, um alle Abgeordneten der SPD- und Grünen-Fraktion hinter sich zu wissen. Der erste Wahlgang wird zeigen, ob ihr das gelingt.
12 Uhr: Die Wahl im Düsseldorfer Landtag beginnt mit Verzögerung. Hannelore Kraft begrüßt die Parteikollegen.
Noch kurz vor der Wahl der nordrhein-westfälischen SPD-Vorsitzenden Hannelore Kraft zur NRW-Ministerpräsidentin hat Bundeskanzlerin Angela Merkel der SPD Wählertäuschung vorgeworfen. „Zuerst einmal hat Frau Kraft eine zentrale Wahlaussage gebrochen“, sagte Merkel der „Rheinischen Post“. „Sie hat im Wahlkampf immer wieder betont, dass ein Land wie NRW eine stabile Regierung braucht. Jetzt will sie ihre Arbeit mit einem massiven Wortbruch beginnen. Einer solchen Regierung kann man nicht trauen“, sagte die CDU-Vorsitzende.
Die von Rot-Grün geplante Erhöhung der Neuverschuldung kritisierte Merkel scharf. „So werden die Finanzen des Landes NRW ruiniert. Das hat mit Generationengerechtigkeit nichts zu tun.“ Die Blockademacht von Rot-Grün im Bundesrat will Merkel brechen. „Die christlich-liberale Koalition wird wichtige Gesetze umsetzen können, wie zum Beispiel fast das ganze Zukunftspaket für solide Finanzen und die Gesundheitsreform. Dafür brauchen wir keine Mehrheit im Bundesrat“, sagte Merkel. Bei anderen Themen werde die Regierung auf die Länder zugehen und auf die Vernunft einiger setzen, so Merkel.
Sylvia Löhrmann (Grüne) hat bereits vor der Wahl eine Opposition gegen einzelne Regierungsvorhaben im Bundesrat angekündigt. Die Länderkammer müsse ein Korrektiv sein, sagte sie im ZDF. „Diese Macht wollen wir auch ausdrücklich nutzen“.