FDP-Vorsitzender hält Aussetzung noch in dieser Wahlperiode für möglich
Berlin. Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle dringt auf eine rasche Umwandlung der Bundeswehr in eine Freiwilligenarmee. Er halte ein Ende der Wehrpflicht schon in dieser Wahlperiode für möglich, sagte Westerwelle im Abendblatt-Interview. "Es wäre die richtige Entscheidung, die Dienstpflicht so bald wie möglich auszusetzen." Dabei gehe es ihm nicht um Einsparungen, sondern um Wehrgerechtigkeit. "Es kann nicht sein, dass nur noch 16 Prozent eines Jahrgangs ihren Wehrdienst ableisten, während viele andere zur selben Zeit ihre beruflichen Chancen verbessern können", fügte der Außenminister hinzu. "Das berührt den Gleichheitsgrundsatz in unserer Verfassung."
Den seit 1. Juli von neun auf sechs Monate verkürzten Wehrdienst nannte Westerwelle einen "Fortschritt". Er begrüße, dass sich auch Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) "ganz unvoreingenommen mit der Frage einer Freiwilligenarmee" beschäftige.
Guttenberg sprach sich dafür aus, den Wehrdienst "kreativ" anzugehen. Sollte das Bundesverfassungsgericht "über Nacht die Wehrpflicht kippen", hätten Bundeswehr und Zivildienst "ein gewaltiges Problem", sagte der Verteidigungsminister dem Abendblatt. Er warnte allerdings vor zu hohen Erwartungen hinsichtlich des Sparpotenzials: "Es wäre eine Milchmädchenrechnung zu glauben, dass man durch eine Aussetzung der oder Alternativen zur Wehrpflicht sofort große Summen einsparen könnte."
Im Koalitionsvertrag hatten sich CDU, CSU und FDP noch klar zur Wehrpflicht bekannt. "Die Koalitionsparteien halten im Grundsatz an der allgemeinen Wehrpflicht fest mit dem Ziel, die Wehrdienstzeit bis zum 1. Januar 2011 auf sechs Monate zu reduzieren", heißt es in dem Vertrag, den die Partei- und Fraktionsvorsitzenden unterzeichnet haben.
Westerwelle sprach sich in dem Interview auch für eine "maßvolle Laufzeitverlängerung" für Kernkraftwerke aus. Diese sei ökologisch, ökonomisch und sozial notwendig. "Ich gehe davon aus, dass wir für die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken den Bundesrat nicht brauchen", betonte er. "Die Verkürzung der Laufzeiten durch Rot-Grün war auch ohne die Länderkammer möglich." Der Vizekanzler hielt an seiner Forderung nach weiteren Steuersenkungen fest. "Jetzt zwingt uns die Währungskrise zu besonderen Sparanstrengungen. Aber wir geben unsere steuerpolitischen Anstrengungen nicht auf. Sie sind nur zeitlich gestreckt", sagte er. Forderungen aus der Koalition nach einer Erhöhung des Spitzensteuersatzes wies Westerwelle zurück: "Die Spitzensteuer greift doch schon bei etwa 52 000 Euro. Damit würden wir Handwerker, Freiberufler und Gewerbetreibende treffen, die das Gros der Arbeitsplätze schaffen."