Dem Beschluss zur Anhebung der Kassenbeiträge ging ein harter Kampf voraus

Berlin. Drei Milliarden Euro mehr sollen die Arbeitgeber pro Jahr bezahlen, ebenso viel die Arbeitnehmer. Nichts anderes bedeutet die von der Koalition geplante Anhebung der Beitragssätze zur gesetzlichen Krankenversicherung von 14,9 auf 15,5 Prozent - also zurück auf den Stand vor dem Konjunkturpaket vor zwei Jahren.

Für einen Arbeitnehmer mit 1000 Euro brutto im Monat wären das Mehrkosten von etwa drei Euro. Wer über der Beitragsbemessungsgrenze liegt, müsste etwa zwölf Euro draufzahlen.

Den Kassenmitgliedern droht aber auch ein höherer Zusatzbeitrag als heute schon. Klamme Kassen könnten künftig womöglich mehr als acht Euro pauschal erheben, auch die Obergrenze von einem Prozent des Einkommens könnte steigen, wenngleich die Belastung für Ärmere womöglich durch eine Staffelung sozial ausgeglichen werden soll. Wer etwa bis zu 1500 Euro im Monat verdient, zahlt höchstens ein Prozent, wer mehr hat, bis zu zwei oder 2,5 Prozent. Für Gutverdiener könnten das fast 100 Euro pro Monat mehr sein.

Dabei hatten die Koalitionspolitiker in den vergangenen Monaten geradezu gebetsmühlenartig wiederholt, den Leuten solle zur Bekämpfung des Defizits von elf Milliarden Euro in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht einfach tiefer in die Taschen gegriffen werden. "Es wird keine Beitragserhöhungen geben", sagte etwa FDP-Gesundheitspolitikerin Ulrike Flach Ende Mai in einem Interview. Und noch in der vergangenen Woche versicherte Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die Arbeitgeberbeiträge würden auf absehbare Zeit eingefroren. Bei ihren Koalitionsverhandlungen hatten Union und FDP angekündigt. "Wir werden das bestehende System überführen in ein neues System", hatten die Verhandlungsführer Ursula von der Leyen (CDU) und Philipp Rösler (FDP) verkündet.

Rösler triumphierte damals: Die Gesundheitsversorgung werde besser - aber definitiv nicht teurer. Seither rang er darum, eine einkommensunabhängige Prämie plus Sozialausgleich aus Steuermitteln einzuführen, wie sie auch Merkel favorisieren soll. Doch CDU und FDP hatten ihre Rechnung ohne den CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer gemacht, der eine einkommensunabhängige Pauschale auf keinen Fall mittragen wollte. Schließlich wurde eine Regierungskommission eingesetzt, deren Arbeit allerdings versandete. Nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai brüskierte Seehofer den Minister und ließ ihm mitteilen, dass er auch dessen modifiziertes Konzept ablehne - dass seine Pläne also "tot" seien.

In Berlin heißt es, es habe nun dringend ein Beschluss herbeigeführt werden müssen, um den Krankenkassen zu ermöglichen, weiterzuwirtschaften. Ob Rösler etwas von seinem Ruf als Reformer retten könne, hänge davon ab, ob der von ihm selbst geforderte, von der CSU aber ebenfalls abgelehnte Sozialausgleich für Zusatzbeiträge tatsächlich beschlossen wird. Seehofer jedenfalls schreibt sich bereits auf die Fahnen, er habe für eine "gerechte Lastenverteilung" gekämpft.