Hamburg. Der Wahltag ist vorbei, und die Probleme sind da. Für die schwarz-gelbe Bundesregierung und für Angela Merkel (CDU). Zwar ist es ihrem Kandidaten Christian Wulff (CDU) am Ende gelungen, zum neuen Bundespräsidenten gewählt zu werden - allerdings hat das drei Wahlgänge und fast zehn Stunden gedauert. Zu lange, um nicht von einem Dämpfer zu sprechen, den die Kanzlerin damit hat einstecken müssen.

Besonders hart trifft sie dabei das Ergebnis des ersten Wahlgangs: 600 Stimmen konnte Wulff hier auf sich vereinen. Das sind 44 weniger als Union und FDP an Wahlleuten gestellt haben. Mindestens 44 also, die nicht auf die Appelle ihrer Parteispitzen gehört haben, den gemeinsamen Kandidaten in sein Amt zu befördern. "Darunter hat die Autorität der Bundeskanzlerin gelitten", sagte Politikwissenschaftler und Merkel-Biograf Gerd Langguth dem Hamburger Abendblatt. Auch Parteienforscher Oskar Niedermayer von der FU Berlin stellt klar: "Angela Merkel ist beschädigt. Sie hat es nicht geschafft, Geschlossenheit herzustellen. Das wird an ihr hängen bleiben."

Dabei hätte Wulffs Wahl schon in der ersten Runde das Comeback einer angeschlagenen Regierung sein können: Da waren die gegenseitigen Beschimpfungen, der Streit um das Sparpaket und um die Steuern. Und da waren die schlechten Umfragewerte. Mit dem Wahltag kam die Gelegenheit zu demonstrieren, dass Schwarz-Gelb zusammenhält, wenn es darauf ankommt. Dass die Kanzlerin ihre Leute im Griff hat. Doch sie scheiterte.

"Am Wahltag wurde die große Chance vertan, ein Signal der Geschlossenheit und des Neuanfangs an die Bürger zu senden", sagt Parteienforscher Oskar Niedermayer. "Die Zusammenarbeit zwischen Union und FDP wird künftig noch schwieriger werden, als sie ohnehin schon ist." Zwar hält er Neuwahlen derzeit für unwahrscheinlich, stellt aber klar: "Diese Regierung ist angezählt." Weitaus weniger dramatisch sieht es jedoch Eckhard Jesse, Politikwissenschaftler von der TU Chemnitz: "Man kann nicht sagen, dass Angela Merkel einen nachhaltigen Schaden davongetragen hat", sagt er. Im Gegenteil handele es sich sogar um ein positives Ergebnis: "Das zeigt doch, dass Liberalität und Offenheit in der Koalition vorherrschen." Hätten alle Wahlleute sofort Wulff gewählt, sei vielmehr das "ein Armutszeugnis" gewesen. "Dann hätten wir es ausschließlich mit Parteisoldaten zu tun", so Jesse.

Und wie geht es nun weiter? "Die Wahl war ein Weckruf", sagt Merkel-Biograf Langguth. "Die Regierung muss jetzt effektiver zusammenarbeiten. Wenn sich da nichts ändert, wird die Bundeskanzlerin es schwer haben, zumal 2011 sechs Landtagswahlen anstehen." Die Kanzlerin , so Experte Niedermayer, "muss ihren kleinen Koalitionspartnern zudem auch klar machen, dass künftig mit den gegenseitigen Anfeindungen Schluss sein muss".