Trotz der Milliardenzusagen beim Fiskalpakt will Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) im Jahr 2013 die Schuldenbremse einhalten.
Berlin. Die Einigung mit den Ländern über die Eckpunkte des Fiskalpakts kostet den Bund Milliarden - Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist trotzdem sicher, keine Abstriche bei seinen ehrgeizigen Sparzielen hinnehmen zu müssen. Aus Regierungskreisen verlautete gestern, die Abweichungen vom Etatentwurf für 2013 könnten geschultert werden - obwohl Schäuble bereits im nächsten Jahr - und damit drei Jahre früher als nötig - die Vorgaben der Schuldenbremse einhalten will. Zudem peilt er 2016 einen Etat ohne neue Schulden und mit einem Überschuss an. Am Wochenende hatten sich Bund und Länder auf Eckpunkte zum Fiskalpakt geeinigt. Vorgesehen sind eine Schuldenbremse und Notkredite von 500 Milliarden Euro für kriselnde Euro-Staaten. Mit den 16 Länderchefs wurde im Gegenzug vereinbart, dass Berlin sich an den Kosten der Eingliederungshilfe für Behinderte beteiligt. Zudem soll über die Fortsetzung der 2014 auslaufenden Zahlungen des Bundes etwa für den Kommunalverkehr entschieden werden. Ferner wollen Bund und Länder ab 2013 gemeinsam Anleihen anbieten. Die Zusatzbelastungen für den Bund dürften sich im nächsten Jahr dem Vernehmen nach bei 1,2 Milliarden Euro bewegen.
Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) sieht in dem Kompromisspaket eine gute Basis, damit den Ländern Ausgabenspielräume bleiben. Zudem werde der Bund zwei Erklärungen abgeben, betonte Scholz gestern in Berlin: zum einen, dass er 580 Millionen Euro für neue Kita-Plätze geben werde, und zum anderen, dass er den Kita-Ausbau mit 75 Millionen Euro jährlich unterstützen werde.
+++ FDP-Experte Schäffler kritisiert Einigung zum Fiskalpakt +++
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erteilte unterdessen den von Schäuble geweckten Erwartung an eine Volksabstimmung über eine Grundgesetzänderung bei weiterer Kompetenzabgabe an die EU eine Absage. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte gestern, das sei eher ein Schritt von "übermorgen". Die Kanzlerin selbst strebt bei der Entscheidung über den EU-Rettungsschirm ESM am Freitag im Bundestag überraschend - wie beim europäischen Fiskalpakt - eine Zweidrittelmehrheit an. Damit sollen laut Seibert mögliche verfassungsrechtliche Risiken ausgeschlossen werden.
Mit SPD und Grünen hatte sich Schwarz-Gelb bereits am Donnerstag verständigt. Einer Zweidrittelmehrheit dürfte so kaum noch etwas im Weg stehen - auch wenn es weiterhin massive Kritik aus den eigenen Reihen gibt: Für den FDP-Finanzexperten Frank Schäffler zeigt die Vereinbarung von Bund und Ländern, "dass die Schuldenkrise nicht verstanden wurde", wie er dem Abendblatt sagte. Die Länder hätten nur ihre Hände aufgehalten. Mit gemeinsamen Euro-Anleihen für Bund und Länder führe man "den Zinssozialismus" ein. "Wir bestrafen die Bundesländer, die auf Wettbewerb und Sparen gesetzt haben", so Schäffler. Er erwarte, dass sowohl in der FDP-Fraktionssitzung am heutigen Dienstag als auch am Freitag im Bundestag der Widerstand erneut anwachsen werde.
Das letzte Wort hat das Verfassungsgericht. Unter anderem will die Linke den Fiskalpakt dort zu Fall bringen, weil er massiv in nationale Haushaltsrechte eingreife. Auch Schäffler zweifelt an der Rechtmäßigkeit: Damit werde ohne eine Volksabstimmung "der Weg in den europäischen Superstaat durch die kalte Küche beschritten".