Nach rund zweijähriger Beratungszeit hat die FDP auf ihrem Parteitag in Karlsruhe neue Leitlinien für die künftige Parteiarbeit verabschiedet.

Karlsruhe. Die Liberalen haben nach 15 Jahren ein neues Grundsatzprogramm. Mit großer Mehrheit verabschiedeten die Delegierten des FDP-Bundesparteitages am Sonntag die „Karlsruher Freiheitsthesen“. Sie stellen Wachstum, Schuldenabbau und einen strikten Sparkurs in den Mittelpunkt liberaler Politik. Die „Freiheitsthesen“ lösen als Parteiprogramm die „Wiesbadener Grundsätze“ von 1997 ab.

+++ Rösler ruft zu Geschlossenheit auf +++
+++ FDP-Chef Rösler unter Beschuss +++

Zuvor hat FDP-Chef Philipp Rösler seine Partei mit scharfen Angriffen gegen die politische Konkurrenz auf die möglicherweise entscheidenden Landtagswahlen im Mai eingestimmt. Beim Parteitag in Karlsruhe bezeichnet er die FDP am Samstag als einzig verbliebene „Partei der Mitte“, die sich gegen einen linken Zeitgeist stemmen müsse. Rösler äußerte aber auch Selbstkritik. Mit einem verhältnismäßig schwachen Ergebnis wurde sein Vertrauter Patrick Döring zum Generalsekretär gewählt.

Der Parteitag findet kurz vor den Landtagswahlen in Schleswig- Holstein und Nordrhein-Westfalen statt. In beiden Ländern muss die FDP am 6. und 13. Mai um den Wiedereinzug ins Landesparlament bangen. Rösler selbst ist in Gefahr, bei einem Scheitern das Amt des Parteichefs nach nur einem Jahr schon wieder zu verlieren. Viel Applaus gab es in Karlsruhe für den NRW-Spitzenkandidaten Christian Lindner, einen seiner schärfsten innerparteilichen Konkurrenten.

Mit den anderen Parteien ging Rösler hart ins Gericht. Der Vizekanzler und Wirtschaftsminister sprach von einem „schwarz-rot-grünen Einheitsbrei, der unser Land zu ersticken droht“. Dem Koalitionspartner CDU/CSU hielt er vor, ebenfalls eine sozialdemokratische Partei geworden zu sein. Die Piratenpartei verglich er sogar mit den Seeräubern, gegen die die Bundeswehr vor der Küste Somalias im Einsatz ist. Mehrere Redner wiesen dies als überzogen zurück.

Die eigene Partei bat Rösler um Geschlossenheit. „Gerade, wo der Zeitgeist immer weiter nach links wandert, sind wir als FDP unverzichtbar. Als Kraft der Freiheit, als Kraft der Mitte.“ Der 39-Jährige, der erst im Mai 2011 den Parteivorsitz von Guido Westerwelle übernommen hatte, zeigte sich auch selbstkritisch: „Im Rückblick sage ich: Das ein oder andere hätte ich anders machen oder auch besser lassen können.“ Im Anschluss an die 70-minütige Rede gab es vier Minuten Applaus.

NRW-Spitzenkandidat Lindner rief seine Partei auf, sich nicht entmutigen zu lassen. Die FDP müsse sich auf ihre „historischen Erfolge“ besinnen. Der frühere Generalsekretär der Bundespartei gab aber auch zu: „In Stil und Substanz unseres Regierungshandelns haben wir manche enttäuscht. Deshalb empfiehlt sich jetzt eine gewisse Bescheidenheit im Auftreten.“ Nach seiner 20-minütigen Rede wurde Lindner gefeiert.

Der Spitzenkandidat für Schleswig-Holstein, Wolfgang Kubicki, verlangte eine „Neubesinnung“ von seiner Partei. Die FDP trage selbst die Verantwortung dafür, dass sich seit der Wahl 2009 zwei Drittel ihrer Wähler abgewandt hätten. Mit ihren Steuerplänen sei die Partei „auf ganzer Front stecken geblieben“. Ebenso wie Lindner sicherte er Rösler Unterstützung zu. Die FDP liegt in Bund und Ländern derzeit nur zwischen drei und fünf Prozent.

Der neue Generalsekretär Döring kam auf 72 Prozent, das schlechteste Ergebnis für einen Generalsekretär bei seiner ersten Wahl seit 1991. Der bisherige Schatzmeister erhielt 397 von 570 Stimmen. Fast hundert Delegierte blieben der Wahl fern. Döring war seit dem überraschenden Rücktritt Lindners im Dezember bereits kommissarisch im Amt. Neuer Schatzmeister sollte der Haushaltsexperte Otto Fricke werden. Ferner wollte die FDP auch ihr neues Grundsatzprogramm verabschieden.

Mit Material von dpa